Es war ein Geheimtipp beim vergangenen Dorffest im Mai: In der Limbecker Straße stand ein Foodtruck, wie man ihn eher von Festivals als von Vorort-Festen kennt. Mit einem Angebot, das Fast Food war, aber sich deutlich jenseits klassischer Currywurst-Pommes-Mayo bewegte. So gab es Pommes mit Champignons in Knoblauch-Kräuter-Creme oder auch „frittierte Sonnenstrahlen“, also Pommes, mit Spargelmayonnaise, Erdbeerketchup und Bärlauchpesto. Ganz klar: Eine Bereicherung fürs Dorffest.
Mittlerweile stand der Foodtruck auf größeren Events wie dem Festival der Dortmunder Bierkultur – auch bei der Extraschicht war er am Start. Seine Premiere aber feierte er mitten im Dorf. Und das kommt nicht von ungefähr. „So habe ich viele bekannte Gesichter gesehen“, sagt Simon Kreuger.

Er ist der Macher hinter dem Truck, ein Lütgendortmunder und mit seinen 33 Jahren schon lange ein absoluter Gastro-Profi. Auch wenn der Truck neu ist, Kreuger und seine Familie sind seit Jahrzehnten im Geschäft. Nur: Er hat es in den vergangenen Jahren ordentlich aufgewirbelt, das Angebot stark erweitert und vorangebracht. Ein Glück. Sonst hätte Corona die Familie Kreuger vielleicht härter getroffen.
Kurzer Rückblick: Seit drei Generationen schon kümmern sich die Kreugers um Gäste. In den 60er Jahren übernahmen Simon Kreugers Großeltern einen Kiosk im damaligen städtischen Krankenhaus in Dortmund-Mitte. Uwe Kreuger, Simons Vater, lief schon früh mit durch die Krankenhausflure. Ende der 70er übernahm er den Laden, seine Frau an seiner Seite. „Mein Vater hat meine Mutter reingebracht“, sagt Simon Kreuger. Und das Unternehmen wuchs: Aus dem Kiosk wurden letztlich zwei Cafés: Mittlerweile heißen sie Café Vital, eines ist im Klinikum Mitte, eines im Klinikum Nord.
Bankettleiter in der Schweiz
Und Geschichte wiederholt sich: Simon Kreuger hat seine Freundin bei der Arbeit kennengelernt und sie ist bei ihm und im Familienbetrieb geblieben. Doch der ist mittlerweile noch breiter aufgestellt als in den vergangenen Jahrzehnten, ein Verdienst der dritten Generation.
„Mein Ziel war es immer, im Familienbetrieb zu arbeiten“, sagt Kreuger. Doch eine Ausbildung bei Mama und Papa sei nicht infrage gekommen: „Ich wollte externes Know-how sammeln“, so er. Die Ausbildung machte er noch heimatnah: zum Systemgastronomen in der Metro im Indupark. Ein Jahr war er dort auch Restaurantleiter, dann hängte er ein Studium zum Betriebswirt dran und garnierte dieses mit einem exquisiten Auslandsaufenthalt: In einem Schweizer Sterne-Restaurant war er Bankett-Leiter, hat sich um Veranstaltungen gekümmert. „Alles, was richtig groß war, kam zu uns.“ Beispielsweise FIFA-Events.

Doch auch die Aussicht auf den Züricher See und viel Prominenz hielten ihn nicht davon ab, wieder nach Dortmund zu kommen. Mit einer klaren Vision: Das, was er in der Schweiz gemacht hatte, wollte er auch in den Familienbetrieb holen, sprich: Catering und Veranstaltungen.
Ein Plan, der aufging: Die Nachfrage war da. Karnevalsveranstaltungen, Weihnachtsfeiern, Feiern im Kleingartenverein, zu runden Geburtstagen, bei Taufen – die Aufträge kamen zu den unterschiedlichsten Anlässen. „Die Nachfrage wurde so groß, dass wir mit der Kapazität unserer Krankenhausküchen ans Limit kamen“, erinnert sich Kreuger. 1000 Leute im Monat bewirteten sie mitunter – außerhalb der beiden Cafés. Expansionspläne entstanden.
Corona: Rücklagen angebrochen
Doch dann kam Corona. Dann kam der 20. März 2020. „Ich erinnere mich genau: Das war unser letzter Arbeitstag.“ Die Pandemie brachte das komplette Geschäft des zum Erliegen, neben Kreuger und seinen Eltern waren auch weitere Verwandte betroffen. Und 45 Angestellte, denen man sagen musste, dass sie erstmal nicht arbeiten können. „Wir waren zeitweise echt verzweifelt“, erinnert sich der 33-Jährige. Rücklagen mussten angebrochen werden. „Das geht nur, wenn alle zusammen halten.“
Und wenn weiterhin alle daran glauben, dass es wieder besser wird. „Wir waren sicher, dass wieder gefeiert wird“, sagt Kreuger. Daher habe man den „Kopf nicht in den Sand gesteckt“ und in der „großen Flaute“ die Expansionspläne weiterverfolgt.

Seit April 2022 hat die Familie nun mehr Platz: Seitdem führen die Kreugers auch die Gastronomie im Deutschen Bergbaubaumuseum in Bochum; sie trägt einen Namen, wie er wohl kaum passender sein könnte: „Kumpels“ (www.kumpels.de). Auf der Speisenkarte findet sich dann auch bodenständige Ruhrgebietsküche, modern interpretiert: Bremsklötze (hausgemachte Frikadellen), Herberts Henkelmann (Pfefferpotthast) oder ein Kawenzmann (Burger).
Im Restaurant, auf der Terrasse, aber auch auf dem Förderturm und in einem Extra-Saal haben die Kreugers nun genug Platz für Veranstaltungen. Außerdem gibt es zusätzlich zur Kumpels-Küche noch eine zweite große Küche im Keller, in der nun auch Buffets fürs Catering und das Essen für den Foodtruck hergestellt werden.

Der Foodtruck kann alles
Die ausgefeilte Lieferkette im Hintergrund – das sieht Simon Kreuger als großen Vorteil des Betriebs an. „Wir können viel Verschiedenes anbieten.“ Auch im neuen Foodtruck, den er Anfang des Jahres gebraucht gekauft, auf Vordermann gebracht hat und auf den er richtig stolz ist. „Normalerweise haben Foodtrucks ein sehr festgelegtes Angebot.“ Seiner kann eigentlich alles, sagt der Junior-Chef. Beim Abschiedsfest an der Grundschule gibt es Pommes und Nuggets und bei einer Hochzeit Gambas und Rinderfilet.
„Wir sind da flexibel“. Ebenso bei den Buffets, bei denen auch die Optik was hermacht: Mini-Burger stehen auf einem Mini-Förderturm, Donuts hängen an einer Wand, Fisch ist in Muschelschalen drapiert. Das Angebot scheint gut anzukommen: Gerade durch Mund-zu-Mund-Propaganda wird im Dortmunder Westen und darüber hinaus viel Werbung gemacht. Simon Kreugers Visionen von Catering und Veranstaltungen sind zur Erfolgsgeschichte geworden.


Und zum wichtigen Pfeiler des Betriebs, auch wenn Kreuger das sehr bescheiden und nüchtern formuliert: „Es ist gut, dass wir das zweite Standbein haben“. Denn das erste, es ist noch porös: „Das Geschäft in den beiden Klinik-Cafés ist nicht wieder auf dem Niveau von vor Corona.“ Anderthalb Jahre ging gar nichts wegen des strengen Besuchsverbots. Das ist aufgehoben. „Aber viele Leute wollen trotzdem nur schnell rein, jemanden besuchen und wieder raus“, mussten die Kreugers erfahren. Die Lust auf ein Stück Kuchen, auf Essen im Krankenhaus sei vielen vergangen. Eine Corona-Spätfolge.
Der Foodtruck soll dennoch erst mal die vorerst letzte neue Anschaffung sein. „Es ist jetzt schon so viel Arbeit“, sagt Kreuger. Er sagt es nicht klagend, einfach feststellend. Denn auch für erfolgreiche Gastronomen hat der Tag nicht mehr als 24 Stunden. Und wenn man wie Kreuger auf jeden Auftrag ein Auge hat, haben will, dann wird es irgendwann eng. „Ich möchte nicht, dass was rausgeht, in das ich nicht irgendwie involviert war“, ist seine Maxime bisher. Und so steht er auch mal hinterm Tresen im Foodtruck, baut das Buffet für einen 50. Geburtstag mit ab, schaut in der Küche drüber.

Und ist da noch ein ganz anderes Groß-Projekt, viel weniger kalkulierbar: Vor vier Monaten haben er und seine Freundin Zwillinge bekommen. Die Nächte am Anfang – das sei schon was, sagt Kreuger. Aber zum Glück gebe es ja die Familie. Seine Schwester hat auch Zwillinge und somit praktische Mehrlings-Tipps. Elternzeit könne er sich „natürlich abschreiben.“ Daran sei im Familienbetrieb nicht zu denken. „Aber ich bin da so reingewachsen, ich kenne das nicht anders.“ Dankbar sei er aber, dass seine Frau das so „mitmache“.
Nicht alle hätten so viel Verständnis. Letztens sei er auf einer Party gewesen und zwischendurch habe er noch mal weggemusst. Beruflich noch mal „ne Runde drehen“, wie er es nennt. Das könnten manche nicht begreifen. Kreuger: „Aber das ist hier eben kein normaler Beruf.“