Es ist ein Tag im Herbst 2023: Günter Konietzko steht auf dem Bürgersteig an der Märkischen Straße. Der 100-Jährige lebt im Wohnstift Auf der Kronenburg. Er schnappt wohl gerade ein wenig frische Luft, als ein beigefarbener Muldenkipper die Straße entlang fährt. „Teerbau“ steht in schwarzen Lettern auf der Mulde, am Führerhaus ein „T“ und Teerbau sowie ein „K“ und Küchler.
Günter Konietzko erinnert sich an seine Zeit als Bauführer bei Teerbau. Lange ist das her, so etwa zwischen 1950 und 1970. Die nahegelegene Bundesstraße 1 haben sie unter anderem gebaut. Und er erinnert sich an seinen Kollegen Kurt – mit Nachnamen Küchler. Der war Baggerführer. Konietzko wechselte später zum Stadtbahnbauamt.
Am 23. November 2023 schellt im Büro von Andreas Küchler in Dortmund-Bövinghausen das Telefon. Günter Konietzko ruft an, erzählt vom Lastzug auf der Märkischen Straße und dass er Kurt Küchler kennt. Kurt ist 84 und Andreas‘ Vater. Andreas Küchler ist Geschäftsführer der Küchler-Firmengruppe. Zuletzt hatte er sich auch für das O&K-Baggerdenkmal mit starkgemacht. Und er engagiert sich für seinen Stadtteil.
Wiedersehen nach 50 Jahren
Bekannt ist Küchler vor allem aber für den Containerdienst. Unter dem Namen firmiert unter anderem zudem die 2008 gegründete Küchler Immobilienservices GmbH. Daraus wurde 2021 die Teerbau GmbH und Co. KG. Eine Umbenennung. Sie erst führte zu dem Wiedersehen der beiden ehemaligen Arbeitskollegen.
„Als Günter Konietzko angerufen hat, habe ich ihn nach seinem Alter gefragt“, erzählt Andreas Küchler im Gespräch mit unserer Redaktion. „Als er am 27. November 101 wurde, habe ich ihn mit meinem Vater das erste Mal besucht.“ Die drei Männer hatten viel zu erzählen. „Wir haben uns dann für den 5. März noch einmal verabredet“, berichtet der Firmeninhaber.

Vor dem Treffen geht er in den Hobbyraum unter dem Dach seines Wohnhauses. In den Schubladen der Schränke liegen Erinnerungsstücke von Teerbau: Fotos, Schilder und einiges mehr. Andreas Küchler packt sie in eine Holzkiste. „Ich fand das total witzig“, erzählt der Unternehmer. „Günter Konietko ist nicht weggezogen aus Dortmund, die Beiden haben sich mehr als 50 Jahre nicht gesehen und er meldet sich als fast 101-Jähriger.“
Dank Andreas Küchlers Leidenschaft für Teerbau. An den Wänden seines Hobbyraums hängen Vitrinen mit Lastzügen, Baumaschinen im Maßstab 1:87 – viele im Firmen-Beige und mit dem Logo des früheren Straßenbauunternehmens. Andreas Küchler hat sie „gesupert“, wie Modellbauer sagen: umgebaut, umgespritzt, mit dem Logo versehen. Es ist mehr als ein Hobby, das über das individuelle Veredeln von Miniaturfahrzeugen und Gebäuden hinausgeht.

Die Leidenschaft hängt mit Andreas Küchlers beruflichem Weg zusammen. „Als ich Kind war, musste mein Vater bei Teerbau viel arbeiten“, erzählt er. „Ich hab dann gesagt, ich fang auch bei Teerbau an. So war das damals.“ Die Eltern jedoch waren dagegen. Der Junior lernte Trockenbaumonteur. „Mich haben aber die Maschinen und Lkw fasziniert. Ich wollte Straßen bauen.“
Er habe dann alles Mögliche ausprobiert, besucht letztlich die Meisterschule und arbeitet als Schachtbaumeister bei Teerbau. 1997 löst die Firma ihre Niederlassung in Dortmund auf, Andreas Küchler macht sich selbstständig. 1999 geht das Traditionsunternehmen Teerbau nach 81 Jahren in der Eurovia GmbH auf.

„Ab der Zeit habe ich zusammengetragen, was es von Teerbau noch gibt“, erzählt Küchler. Bücher, Hefte, Fahnen. Alles. Ehemalige Beschäftigte und deren Nachfahren schenken ihm Fotos von Baustellen. Die Leidenschaft ist so groß, dass er beim Modellfahrzeughersteller Wiking einen Miniatur-Tieflader mit Teerbau-Logo auflegen lassen will. Das sei aber nur dem Unternehmen oder den Eigentümern vorbehalten, erfährt Küchler.
Andreas Küchlers Tochter recherchiert. Marke und Logo sind längst nicht mehr geschützt. 2020 lassen sie beides beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen. 2021 benennt Küchler die Küchler Immobilienservice GmbH um. Teerbau lebt wieder auf und weiter: in der Unternehmensschwester, in zig Modell-Fahrzeugen – und in Originalgröße im Muldenkipper, der im November über die Märkische Straße fuhr.