Chefs rausgeworfen - aber Sportwelt kommt nicht zur Ruhe Dortmunds Bad-Betreiber vorm Aus?

Die Sportwelt kommt nicht zur Ruhe: Bad-Betreiber vor dem Aus?
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Die Gesellschaft kommt nicht zur Ruhe. Dortmunds Badbetreiber hat sich in Teilen neu aufgestellt. Doch der Ärger aus der Vergangenheit lässt die Sportwelt Dortmund nicht los: Sie ist Gegenstand zahlreicher Auseinandersetzungen vor Gericht. Noch vor Kurzem hatten Ratsvertreter gehofft, die Querelen mögen endlich beendet sein. Und die Sportwelt gGmbH vor einem Neustart stehen.

Das Hallenbad in Brackel ist fast 60 Jahre alt und deutlich über den eigentlichen Lebenszyklus hinaus.
Das Hallenbad in Brackel ist fast 60 Jahre alt und deutlich über den eigentlichen Lebenszyklus hinaus. © RN

Über Jahre hinweg war es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen der Stadt Dortmund und ihrem Badbetreiber gekommen. Die damaligen Sportwelt-Chefs beschwerten sich über „ausstehende Zahlungen“ der Stadt bei den Betriebskostenzuschüssen.

Die städtischen Sport- und Freizeitbetriebe wiederum sahen sich mehrfach genötigt, den Badbetreiber zur pünktlichen Abgabe der Jahresabschlüsse aufzufordern. Der Konflikt schaukelte sich zeitweise so hoch, dass die Sportwelt-Chefs drohten, die Bäder geschlossen zu lassen – was erst durch ein Machtwort der Stadt verhindert wurde.

Damit nicht genug: Auch innerhalb der Sportwelt ging es zur Sache. 2021 wollte die DLRG den beiden nebenamtlichen Sportwelt-Chefs Jörg Husemann und Rolf Makowka wegen „drohender Insolvenzgefahr“ per Gerichtsbeschluss den Stuhl vor die Tür stellen. Was aber nicht geklappt hat:

Die DLRG zog ihren Antrag, die beiden Geschäftsführer mithilfe einer „einstweiligen Anordnung“ hinauszuwerfen, schließlich wieder zurück. Der Streit aber schwelte weiter.

Misstrauen und Anschuldigungen

Dazu muss man wissen: Die Sportwelt Dortmund gGmbH ist keine Stadt-Tochter, sondern ein privat organisierter Badbetreiber. Sie führt die Regie in den vier Hallenbändern in Hombruch, Lütgendortmund, Brackel und Mengede. Hinzu kommen die Freibäder Froschloch, Volkspark, Wellinghofen und Hardenberg. Über Wasser hält sich die Sportwelt hauptsächlich mit Betriebskostenzuschüssen der Stadt (teilweise bis zu 2,5 Mio. Euro pro Jahr).

Im Hintergrund standen drei Gesellschafter: der Kreisverband Schwimmen, die DLRG und Rolf Makowka, der in Personalunion gleichzeitig auch einer der beiden ehrenamtlichen Geschäftsführer der Sportwelt war – eine Konstruktion, die einen Rauswurf zusätzlich erschwerte.

Das Miteinander von DLRG und den Sportwelt-Spitzen war geprägt von gegenseitigem Misstrauen und Anschuldigungen: Mal ging es um den Kauf von E-Autos, ein anderes Mal um angeblich nicht gezahlte Zuschüsse der Stadt.

Die Geschäftsführer der Sportwelt wurden den Verdacht nie los, bestimmte Akteure der städtischen Sport- und Freizeitbetriebe machten mit der DLRG gemeinsame Sache, um die Sportwelt in die Insolvenz treiben zu lassen, um danach mit anderem Personal einen Neustart zu machen.

Selbst den Sportpolitikern im Rat war es trotz zahlreicher Interventionen nie gelungen, Ruhe in den Laden zu bringen. „Der ständige Ärger hat nur noch genervt“, wie sich ein Ratsmitglied ausdrückt. Im Juli 2023 kam es zum Knall: In einer Blitzaktion wurde Geschäftsführer Husemann von zwei Vertretern der DLRG in der Sportwelt-Zentrale am Schwimmweg aufgefordert, den Schlüssel zu übergeben und die Räume zu verlassen.

Aufbruchstimmung ist verflogen

Er sei „mit sofortiger Wirkung“ seines Amtes enthoben. Es hagelte Kündigungen – auch für seinen Geschäftsführer-Kollegen Makowka und den Sportwelt-Prokuristen. Zugleich ging mit dem Stadtsportbund Dortmund ein neuer Gesellschafter an Bord. Alles sollte besser werden, die Politiker atmeten auf. Möglicherweise zu früh?

Denn die Aufbruchstimmung von 2023 ist schon wieder verflogen. „Wir sind es leid“, heißt es vonseiten der Politiker. „Das Konstrukt Sportwelt gGmbH muss weg“. Ein echter Neuanfang mit dieser Gesellschaft sei nicht möglich. Sie halte zwar den Betrieb in den Bädern aufrecht. Es sei aber unklar, ob das so bleibe und die Sportwelt nicht doch eines Tages Insolvenz anmelden müsse.

Die Politiker im Rat hätten nach wie vor kaum Möglichkeit, echten Einfluss auf die Gesellschaft zu nehmen. Das lasse sich vielleicht noch lösen. Was die Sportwelt hingegen nicht lösen könne, sei der Investitionsstau in den Bädern. „Wir müssen das Thema jetzt endlich angehen.“ Mit dem Konstrukt Sportwelt sei kein Staat mehr zu machen – die Gesellschaft sieht sich diversen Klagen ausgesetzt. Notwendig sei aber „ein echter Neustart.“

Dafür haben sie jetzt ein deutliches Signal an die Stadtverwaltung gesandt: SPD, Grüne und CDU haben die Verwaltung in einem gemeinsamen Antrag in ihrer jüngsten Sitzung im Sportausschuss beauftragt, bis November „ein Alternativkonzept“ zu entwerfen, wie die acht Bäder ohne die Sportwelt betrieben werden könnten. „Wir wollen einen Plan B“, wie einer sagt.

Wiedersehen vor dem Gericht

Dabei schwingt auch die Sorge mit, der Badbetreiber könne in der öffentlichen Wahrnehmung bald verbrannt seien. Tatsächlich ist die Sportwelt seit dem Rauswurf ihres Führungspersonals in zahlreichen Klagen verquickt: Ex-Geschäftsführer Husemann macht neben angeblich ausstehender Vergütung von 1.275 Euro die nachträgliche Auszahlung von Urlaubsgeld in Höhe von 2.700 Euro geltend. Hinzu kommt seine weitere Forderung von 11.880 Euro wegen nicht angeblich nicht beglichener Überstunden.

Das Freibad Hardenberg in Deusen, Dortmunds größtes Freibad, musste 2024 wegen umfassender Reparaturen geschlossen bleiben.
Das Freibad Hardenberg aus der Vogelperspektive. © RN

Sein Ex-Kollege Makowka, der ebenfalls geschasst worden war, klagt vor dem Landgericht auf Weiterbeschäftigung, weil er seine Kündigung für „nicht wirksam“ hält. Der Ex-Prokurist wiederum ist vors Arbeitsgericht gezogen und klagt ebenfalls gegen seine Kündigung. Ein erstes Vergleichsangebot soll er abgelehnt haben. Umgekehrt ist auch die Sportwelt vor den Kadi gegangen: Sie fordert von ihren beiden Ex-Geschäftsführern insgesamt 140.330,18 Euro zurück. Dabei soll es sich u.a. um Auszahlungen von Überstunden und Kilometergeld handeln, die sich die beiden den Ex-Chefs angeblich unzulässigerweise selbst gebilligt hätten.

„Wir haben noch Altlasten abzuarbeiten“, räumt Thomas Friedhoff ein, Vorstandschef beim Stadtsportbund Dortmund. Ihn schockiert nicht, dass die Politiker zunehmend auf eine andere Lösung für den Betrieb der Bäder drängen. „Das ist durchaus schon mal Thema gewesen“, sagt Friedhoff. Der Betrieb sei die eine Sache, so Friedhoff. Wichtig sei, dass die Stadt jetzt „verschärft“ auf den Zustand der Bäder gucke.

"Vieles war Flickschusterei"

Die seien teilweise fast 60 Jahre alt und über ihren eigentlichen Lebenszyklus weiter hinaus. Es sei zwar immer mal wieder repariert worden, erkennt Friedhoff an. „Aber es war auch viel Flickschusterei dabei.“ Wenn die Stadt Schließungen vermeiden wolle, werde sie nicht umhinkommen, endlich großangelegte Instandsetzungen zu starten. „Irgendwann wird es so weit sein“, prophezeit Friedhoff mit Blick auf das Hallenbad in Brackel und das (geschlossene) Freibad Hardenberg.

Kämmerer Jörg Stüdemann hört die Rufe, mahnt aber zur Gelassenheit. „Ich will nicht spekulieren“, kommentiert Stüdemann den Vorstoß der Politik für ein alternatives Betreibermodell für die Bäder. Sollte jemand auf die Idee kommen, die Bäder in die Hände der Stadt zurückzugeben, hat Dortmunds Kämmerer ein in diesen Zeiten starkes Gegenargument parat: „Das würde unseren Haushalt mit bis zu 4,5 Millionen Euro zusätzlich belasten.“