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Höchststand bei Kinderpornografie - Grafiken zeigen Veränderung von Kriminalität in Dortmund
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So wenige Straftaten wie 2019 hat die Polizei in den vergangenen 15 Jahren nie verzeichnet. Unsere Info-Grafiken zeigen, wie unterschiedlich sich verschiedene Delikte entwickelt haben.
Beschäftigt man sich mit der Polizeilichen Kriminalstatistik, ist wichtig: Verzeichnet sind nur die Fälle, die zur Anzeige kamen. Die Dunkelziffer ist nicht enthalten. Sinkende Zahlen bieten der Polizei in der Regel Grund zur Freude, weil es ihrer Interpretation nach offenbar weniger Straftaten gab. Steigende Zahlen finden die Verantwortlichen manchmal aber auch nicht schlecht.
Zum Beispiel im Bereich der Kinderpornografie oder der Drogenkriminalität können höhere Fallzahlen bedeuten, dass den Ermittlern einfach mehr Fälle auffielen, die bislang unerkannt waren.
Wer mit Rauschgift zu tun hat, geht in der Regel nicht zur Polizei - anders als jemand, dem etwas gestohlen wurde. Die Beamten nennen einen höheren „Kontrolldruck“ häufig als Ursache für steigende Werte in bestimmten Deliktgruppen.
Viele Kennzahlen sind in Dortmund im Jahr 2019 aber (erneut) gesunken. In den vergangenen 15 Jahren gab es nie so wenig registrierte Straftaten in der Stadt - sowohl in absoluten Zahlen, als auch pro Einwohner. Im Vergleich zum Vorjahr steht ein Minus von 7 Prozent, mit Blick auf den Höchstwert in 2014 sind es sogar 28 Prozent weniger Straftaten, die dokumentiert wurden.
Die Gewaltkriminalität steht so betrachtet auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren - weiter in die Vergangenheit blickt die Polizei mit ihrer aktuellen Statistik nicht so detailliert. Die Straßenkriminalität erreicht das Zehn-Jahres-Tief ebenso wie die Wohnungseinbrüche.
Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung und die Rauschgiftkriminalität sind im Vergleich zum Vorjahr weniger registriert geworden. In diesen Bereichen liegen die Zahlen allerdings weiterhin deutlich höher als noch vor vier Jahren. Sexualdelikte hatten 2018 einen Höchststand in Dortmund erreicht.
Mehr Fälle als zuletzt gab es bei den Straftaten gegen das Leben, also Mord oder Totschlag. Im längerjährigen Vergleich ist die Zahl von 18 Taten aber unauffällig.
Das Thema Kinderpornografie beschäftigt die Polizei Dortmund hingegen so stark wie noch nie (53 Fälle).
„Durch die Überwachung von Mail- und Chatverkehr einer US-amerikanischen Einrichtung wird seit einigen Jahren eine Vielzahl von Verfahren an das Bundeskriminalamt übermittelt“, schreibt die Polizei als Erklärung zur Statistik. Weil man mehr Fälle mitbekomme, steige die Zahl. Die Aufklärungsquote liegt in diesem Bereich bei 96 Prozent.
Mehr Gewalt gegen Polizisten, aber weniger gegen normale Bürger
Auf einem Höchststand befinden sich außerdem „Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf die Staatsgewalt“. Der Respekt gegenüber anderen Personen nehme generell weiter ab. „Der kontinuierliche Anstieg von Gewalt insbesondere gegen Polizeibeamte“ ist für die Behörde „nicht hinnehmbar“. Gleichzeitig betont die Polizei aber, dass es für normale Bürger immer sicherer in der Stadt werde.
Polizeipräsident Gregor Lange wirbt um das Vertrauen der Dortmunder. Er bittet die Bürger, sich mit den Zahlen zu beschäftigen statt Verschwörungstheoretikern im Internet leichtgläubig zu folgen. Mithilfe zahlreicher Zeugen habe man die Aufklärungsquote aller Straftaten auf 58,2 Prozent steigern können. Stadtweit am höchsten ist sie übrigens in der Nordstadt (62,6 Prozent).
Im Jahr 2019 fielen in Dortmund mehrere Schüsse auf offener Straße. Im Schnitt gab es außerdem jeden Tag eine Messerattacke. Dazu sagt der Polizeipräsident: „Natürlich gibt es schreckliche Fälle, die gibt es überall.“ Lese man immer wieder solche Nachrichten, werde man automatisch beeinflusst, ergänzt der Leitende Kriminaldirektor Walter Kemper: „Man meint ‚Mein Gott, was ist da wieder los?‘ Aber die Statistik spricht eine andere Sprache.“
Es sei utopisch, eine Zahl von null Straftaten zu erreichen: „Das verkaufen wir hier auch nicht“, sagt Lange. Wichtig ist ihm, festzuhalten, dass ein Fortschritt in Dortmund erkennbar sei.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
