Pawrents, der Papst und Kompensation Dagmar Hornung (35) über ein skurriles Internetphänomen

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Als der Papst vor inzwischen gut einem Jahr kinderlose Paare mit Haustieren als egoistisch bezeichnet hat, ging ein Raunen durch meinen großen kinderlosen Freundeskreis mit Haustieren. Wir haben (noch) keine Kinder, viele meiner Freunde und Bekannten wollen keine Kinder. Und das finde ich auch vollkommen ok.

Aber wie kommt das alte kinderlose und wahrscheinlich auch haustierlose (im Vatikan soll es durchaus Tiere gegeben haben) Kirchenoberhaupt darauf, Tiere mit Kindern auf eine Ebene zu stellen; besser gesagt, Menschen zu diskreditieren, die das tun?

Ohne mir jemals genau durchgelesen oder angehört zu haben, was Papst Franziskus da konkret von sich gegeben hat, scheint mir nur eine Lösung plausibel: Instagram! Franziskus muss sich in die Untiefen des sozialen Fotonetzwerks gestürzt und ein Phänomen der Neuzeit entdeckt haben, das sich selbst als Pawrents bezeichnet: „Eltern“ von Tieren mit Pfoten.

Ok, die Idee für diese Kolumne kam mir gestern Abend, als mein Kater mit rundem Gesicht und Kulleraugen so lange neben seinem leeren Trockenfutternapf saß, bis ich weich geworden bin. Ich weiß, dass Trockenfutter nicht unbedingt gesund für Katzen ist. Außerdem war keines mehr im Haus. Aber obwohl ich genauso müde war, wie das leicht übergewichtige Tier auch mal eine Nacht auf seinen Lieblingssnack hätte verzichten können, bin ich losgestiefelt – um die trockenen Brocken einzukaufen. Mein Partner hätte das übrigens nicht gemacht.

Oh mein Gott! Was für eine Mutter werde ich bloß? Wie reagiere ich an der Supermarktkasse, wenn mein Kind irgendeine unsägliche Mischung aus Spielzeug und Süßigkeit mit viel Plastik und viel Zucker aufs Band legt? Werde ich freundlichen Kulleraugen jemals einen Wunsch abschlagen können?

Ich vermute, es ist ganz normal, solche Gedanken zu haben. Und es ist doch auch schön, geradezu vorbildlich, wenn junge Paare sich Haustiere anschaffen, um zu lernen, Verantwortung zu übernehmen, einem Lebewesen Schutz zu bieten.

Menschen haben manchmal einen an der Waffel, denken sich Nala und Simba.
Menschen haben manchmal einen an der Waffel, denken sich Nala und Simba. © Hornung

Aber was diese „Pawrents“ da im Internet treiben, geht eindeutig zu weit: Haustiere, meist kleine Hunde oder Katzen, die in Strampelanzug-ähnliche Kleidung gesteckt werden. Wozu haben die armen Kreaturen Fell? Hunde, die mit Lätzchen gefüttert werden; Bilder von badenden (die meisten sind wasserscheu) Katzen mit Schaumhäubchen auf dem Kopf? Oder Videos davon, wie einem vor Entrüstung quiekenden Kater mit einem Feuchttuch der Po abgewischt wird? Bildunterschrift: „miaumi und pawpi washing away the poo.“ Klingt absurd, ist aber grausame Realität. Und das Schlimmste: Solche Fotos und Videos gefallen Tausenden Menschen.

Diesen Pawrents nun zu empfehlen, statt Kompensationshandlungen eine richtige Familie zu gründen, ist aus meiner Sicht der falsche Weg. Wer schon seine Haustiere für „süße“ Fotos quält, sollte von echten Kindern besser die Pfoten lassen.

Alle anderen Haustierfreunde, Singles oder Paare, mit oder ohne Kinder, seid herzlichst gegrüßt, von mir, Partner, Nala und Simba!