Ein Kultklassiker der Kulinarik wird wiederbelebt Günther Overkamp serviert „Toast Hawaii“

Günther Overkamp modernisiert Klassiker der Kulinarik: Toast Hawaii
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Kennt noch jemand unter uns Clemens Wilmenrod? Den ersten deutschen Fernsehkoch und Erfinder des Toasts Hawaii? Er hat auch noch andere exotisch klingende Gerichte in die Fernsehwelt gebracht: Arabisches Reiterfleisch.

Was weder arabisch war noch irgendwas mit Reitern zu tun hatte. Eine frei erfundene Phantasie-Bezeichnung für gemischtes Hackfleisch, in der Pfanne geschmort.

Aber Clemens Wilmenrod konnte immer so schöne Reise-Geschichten dazu erzählen und bei seinen Zuschauern einen Hauch von Fernweh wecken. Die Geschichten waren natürlich auch alle frei erfunden. (Ähnlich wie bei Karl May. Darf man den wieder erwähnen?)

Warum schmeckt westfälische Küche so „lecka“ und wie führt man ein Traditions-Gasthaus. Darüber - und über manches mehr - schreibt Koch Günther Overkamp in seiner Kolumne „Overkamps Lecka-reien“. Hier finden Sie alle Folgen.

Dem Toast Hawaii ist Clemens Wilmenrod mit Sicherheit nicht auf Hawaii begegnet. Hawaii hat er nur auf dem Etikett der Ananas-Dose gesehen. Aber für mich ist dieses Gericht eine ganz lebhafte Erinnerung an meine Kindheit.

Ein Klassiker der 70er

In deutschen Restaurants der 70er Jahre war es fester Bestandteil der Restaurant-Hochküche. Und wurde selten bis gar nicht modifiziert: Einfachster Toast, billigster Pressschinken, Ananas aus der Dose und eine Scheibe Schmelzkäse aus dem Päckchen.

Das Ganze kurz unter den Grill oder in den Ofen oder in der Restaurant-Küche in den Salamander. Und jetzt kommt‘s: Zum krönenden Abschluss wurde die geschmolzene Käse-Schreibe nämlich noch mit der berühmten Cocktail-Kirsche aus dem Glas verziert, neonrot gefärbt.

Traum von weißen Stränden

Und schon träumte man von weißen Stränden, Hula Hula und Baströckchen. Wie man sich Hawaii eben so vorstellte.

Dieses Gericht hatte auch einen Touch von Amerikanisierung, die uns ja sehr gefiel. Es erinnerte ein wenig an das Sandwich, das uns Deutschen dann nähergebracht wurde.

In der beschriebenen Original-Version bin ich dem Toast Hawaii bestimmt 30 Jahre nicht mehr begegnet. Außer bei irgendwelchen Retro-Büffets mit verlorenen Eiern und Mett-Igeln. Heute erinnert nur noch die unsägliche Pizza Hawaii an diesen Meilenstein der Kulinarik.

So schmeckt er modern

Aber der Toast Hawaii muss nicht nur nostalgische Erinnerung sein. Man kann ihn zeitgemäß interpretieren, indem man erstmal die Zutaten hochwertiger wählt. Das fängt beim Brot an. Man nehme etwa einen Herdstuten, z.B. von Fischer am Rathaus, und den toastet oder röstet man.

Statt Schinken kann man Roastbeef wählen oder Pastrami, ein sehr lange gegartes Rindfleisch. Dann aber natürlich eine frische Scheibe Ananas drauf und leckeren Cheddar oder Bergkäse. Darf heute ruhig kräftig im Geschmack sein. Einfach mal probieren.

Die Kirsche lassen wir weg und ersetzen sie vielleicht durch ein paar handgerührte Preiselbeeren aus dem Glas.

Der Koch war Schauspieler

Die Zubereitungszeit ist denkbar kurz. Und viele Gäste freuen sich und können sich an Clemens Wilmenrod erinnern. Und dann kann man noch etwas Überraschendes über ihn erzählen: Der Erfinder des Fernseh-Kochens und Verfasser einer Reihe von kulinarischen Büchern war gar kein Koch! Er war Schauspieler! Sozusagen ein Koch-Darsteller. Aber mit Erfolg. Und das zählt.

In diesem Sinne: Bis denne!

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