Kolonialismus-Ausstellung in Zeche Zollern endet Was merkt man noch vom Riesen-Aufruhr?

Kolonialismus-Ausstellung in Zeche Zollern endet: Was merkt man noch vom Riesen-Aufruhr?
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Besucher kommen auf das Gelände der Zeche Zollern. Sie lesen das erste Schild, dann das zweite. Gucken durch die offene Tür – einer macht noch zwei Schritte rein –, dann gehen sie wieder.

Vor sechs Wochen hat es um eben dieses Schild noch einen Riesen-Aufruhr gegeben.

Denn dieses Schild bittet Menschen ohne Migrationshintergrund darum, nicht durch die Tür zu gehen. In einem öffentlichen Museum. Hinter der Tür befindet sich die Ausstellungswerkstatt „Das ist kolonial“ der Dortmunder Zeche Zollern.

Jeden Samstag ist die von 10 bis 14 Uhr für „Schwarze und indigene Menschen und People of Color (BiPoC) reserviert“, so verrät es das Schild.

Das Schild bittet Nichtschwarze Menschen, draußen zu bleiben. Auf dem zweiten Schild steht annähernd dasselbe.
Das Schild bittet Nichtschwarze Menschen, draußen zu bleiben. Auf dem zweiten Schild steht annähernd dasselbe. © Joscha F. Westerkamp

Seit Ausstellungsbeginn im März hatte das niemanden gestört. Bis auf einmal Ende August Personen aus dem AfD-Umfeld gezielt im Internet darauf aufmerksam machten und einen Skandal schürten.

Zahlreiche rechte Gruppen sprangen darauf an, riefen dazu auf, die Mitarbeiter der Zeche Zollern wegen eines vermeintlichen „Rassismus gegen Weiße“ zu konfrontieren.

„Wir haben auf einmal Anrufe bekommen von Menschen aus ganz anderen Bundesländern“, sagt Museumsleiterin Anne Kugler-Mühlhofer. Am Samstag, nachdem das Thema prominent geworden war, standen dann verschiedenste Journalisten auf dem Gelände der Zeche.

Zahlreiche Polizisten bewachten das Gebäude. Sogar der Staatsschutz ermittelte. Erwartete Neonazi-Demonstrationen blieben aus, das Thema war dennoch riesig.

Am 2. September liefen zahlreiche Polizisten über das Gelände.
Archivbild: Am 2. September wachten zahlreiche Polizisten über die Zeche. © Joscha F. Westerkamp

Mittlerweile liegen die Berichte darüber selbst in der Ausstellungswerkstatt aus. Jetzt ist die Ausstellung zu Ende, am Samstag (14. Oktober) gab es den letzten „Safer Space“. Vom Aufruhr ist, bis auf die Berichte, keine Spur mehr.

Immer wieder mal kommen Menschen vorbei, lesen das Schild, gucken ab und zu auch durch die Tür. Und gehen wieder.

Gegen 10.45 Uhr entscheidet sich ein älteres Ehepaar dann dafür, dennoch in die Ausstellung zu gehen. „Das gibt es eben auch manchmal“, sagt Kugler-Mühlhofer, die sich während der gesamten Zeit auf dem Gelände aufhält. „Damit heben sie den Safer Space auf – aber das ist dann ihre Entscheidung.“

Die wenigsten gehen dennoch rein

Doch die allermeisten entscheiden sich dafür, den Safer Space zu respektieren. So sei das meistens, sagt Kugler-Mühlhofer. In den gesamten vier Stunden gehen nur etwa fünf Menschen in die Ausstellung, die der Bitte des Schildes nicht nachkommen.

Dafür kommt gegen 12 Uhr eine BiPoC-Gruppe mit gut 20 Kindern und Jugendlichen in die Werkstatt.

Stattdessen kommen wenig später zwei junge Männer, mit Hemd bekleidet, und filmen die Ausstellungswerkstatt von außen. Sie sähen den Safer Space kritisch, sagt der eine, und wollten für ihren YouTube-Kanal darüber berichten.

Er, selbst Schwarz, betrachte das Thema aus Sicht der Psychologie, sagt er, und sei der Ansicht, dass das Trennen von daher der falsche Weg sei.

In diesem Gebäude befindet sich die Ausstellungswerkstatt. Sie nimmt nur einen kleinen Teil des gesamten Geländes ein.
In diesem Gebäude befindet sich die Ausstellungswerkstatt. Sie nimmt nur einen kleinen Teil des gesamten Geländes ein. © Joscha F. Westerkamp

Nach kurzer Zeit kommt Museumsleiterin Kugler-Mühlhofer dazu, spricht die beiden Kritiker an. Vor der Kamera will sie nicht mit ihnen sprechen – damit habe sie schlechte Erfahrungen gemacht.

Dafür unterhalten sie sich ohne Kamera. Aus der Ferne sieht man sie gestikulieren, gelegentlich nicken und ab und zu sogar lachen. Sie führen ein – tatsächlich – normales Gespräch.

Vor anderthalb Monaten sei das ganz anders gewesen. „Es war ein reiner Hass-Sturm, kein Hinterfragen“, sagt Kugler-Mühlhofer. Ihr jetziges Gespräch dauert über eine Stunde.

Zwischenzeitlich ist sogar noch ein weiterer Schwarzer Besucher dazugestoßen. „Das fand ich jetzt sehr bereichernd“, sagt Kugler-Mühlhofer anschließend.

Mittlerweile ist es 14 Uhr, Mitarbeiter räumen die Schilder weg, die beiden Kritiker gehen in die Ausstellung. Gleichzeitig beginnt eine offene Führung. Es nimmt eine sehr gemischte Gruppe teil, auch Schwarze sind darunter. Sie scheinen extra gewartet haben, um sich direkt mit den anderen austauschen zu können.

Das Thema Kolonialismus soll in der Zeche Zollern noch weiter verfolgt werden. Die Ausstellungswerkstatt war laut Kugler-Mühlhofer der Anfang, um herauszufinden, was die Besucher wollen. Die nächste Ausstellung eröffnet dann vorraussichtlich im kommenden März. Wie genau die aussehen soll, steht noch nicht fest – auf jeden Fall soll es aber auch mehr sein als Exponate in Vitrinen. Ob es wieder einen Safer Space geben wird, ist auch noch unklar „Das müssen wir jetzt erst mal auswerten und dann besprechen.“

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