Thomas Manthei ist der Staatsanwalt, der die Ermittlungen gegen den Miri-Clan in Dortmund leitet.

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Kokain-Koch und Krypto-Chats: Was über den Miri-Clan in Dortmund bekannt ist

rnGroß-Razzia

In Dortmund ist ein bedeutender Schlag gegen eine mutmaßlich kriminelle Organisation gelungen. Der Clan-Chef hat offenbar selbst bei der Dokumentation der Taten mitgeholfen.

Dortmund

, 25.06.2021, 18:45 Uhr / Lesedauer: 2 min

Polizei und Staatsanwaltschaft Dortmund haben am Donnerstag (24.6.) einen großen Erfolg vermeldet. Bei einer Groß-Razzia an mehr als 20 Standorten sind sieben Personen festgenommen worden, die dem sogenannten Miri-Clan zugeordnet werden. Unter anderem bei der „rechten Hand“ und einem Bruder des Anführers klickten die Handschellen.

Vorgeworfen wird der Gruppe - insgesamt zählt die Staatsanwaltschaft zwölf Clan-Mitglieder in und direkt um Dortmund - bandenmäßiger Handel mit Kokain. Die Ermittler gehen davon aus, ausreichende Beweise in der Hand zu haben, nachdem französische Behörden Chat-Server gehackt haben. Der Dienst „Encrochat“ galt durch Verschlüsselung als Whatsapp für Kriminelle.

Allein im Fall des 35-jährigen Dortmunder Clan-Chefs seien 40.000 Mitteilungen aus zweieinhalb Monaten übermittelt worden, berichtet Staatsanwalt Thomas Manthei. Die Verdächtigen hätten sich mit der Verschlüsselung offenbar äußerst sicher gefühlt.

„Beispielsweise hat der Clan-Chef im Mai 2020 einem Abnehmer ein Kilogramm Kokain angeboten und ihm dazu ein Foto per Chat versandt“, so Manthei. Darauf abgebildet sei ein in zwei Teile gebrochener Kokainblock mit eingeprägtem Skorpion. Solche Markierungen sollen die besondere Qualität der Drogen signalisieren.

„Besser kann man so ein Geschäft nicht nachweisen.“

Über die Chats habe man dann nachvollziehen können, dass das Geschäft gelaufen war. Der Abnehmer stellte aber fest, dass der Block kein ganzes Kilogramm gewogen habe. „Er hat dann ein Foto an den Clan-Chef geschickt, auf dem die gleichen Kokain-Blöcke auf einer Küchenwaage lagen“, so Manthei: „Besser kann man so ein Geschäft nicht nachweisen.“

Der Clan sei aus Sicht des Ermittlers „auf allergrößte Gewinnmaximierung ausgerichtet“ gewesen. Es sei eigens ein Koch beschäftigt gewesen, der das Kokain im Zwischenlager in Werl aufgekocht, mit Streckmittel versetzt und dann wieder zu Platten gepresst habe. Als angeblich peruanisches oder bolivianisches Kokain sei das Rauschgift dann zu mehr als 30.000 Euro pro Kilo verkauft worden.

Fünf Brüder bilden den Ermittlern zufolge die Spitze des Miri-Clans in Dortmund, der 35-jährige Anführer galt auch am Freitag weiterhin als in Spanien flüchtig, nachdem der dortige Zugriff am Vortag fehlgeschlagen ist. Er habe ein Haus „in einem noblen Viertel in Dortmund“, verrät Manthei. Seinen Lamborghini habe er sich nach Spanien bringen lassen, wo er sich seit März aufhalte.

Auch wenn sie nicht mit Nachnamen offiziell Miri heißen, seien die Clan-Mitglieder aus ganz Deutschland in der Regel miteinander verwandt, sagt der Islamwissenschaftler, Politologe und Clan-Experte Ralph Ghadban.

„Sie gehen dahin, wo es etwas zu holen gibt“

Der Clan gehöre zur Volksgruppe der Mhallami und stamme ursprünglich aus der Südosttürkei. „Deutschland ist die Hauptheimat der Mhallami geworden“, sagt der im Libanon geborene Ghadban. Unter den sieben Festnahmen der Dortmunder Razzia waren vier Nationalitäten vertreten.

In Dortmund ist der Clan im Jahr 2015 aufgefallen, als es bewaffnete Kämpfe an der Stahlwerkstraße in der Nordstadt um die Vorherrschaft im Kokaingeschäft gab. In Bremen beispielsweise ist der Name „Miri“ bereits deutlich früher mit Kriminalität assoziiert worden. Auch Essen ist als Schwerpunkt bekannt.

„Sie gehen dahin, wo es etwas zu holen gibt“, sagt Ralph Ghadban. In Niedersachsen sei beispielsweise zu beobachten, dass Clan-Mitglieder große Städte verlassen und stattdessen in kleineren Orten auf dem Land ihre Geschäfte tätigen.

Wie viele Mitglieder dem Clan bundesweit angehören, wird nicht flächendeckend erfasst. Auch Staatsanwalt Manthei liegt dazu keine Zahl vor. Schätzungen von mehr als 3000 Personen stehen im Raum - nur weil sie verwandt sind, heißt das aber natürlich nicht, dass auch alle kriminell sind.