Eine gute Woche liegt mittlerweile der Ausraster eines Dortmunders zurück. Er hatte am Sonntag (9.2.25) nach einem Klingelstreich die Nerven verloren und ein neunjähriges Kind auf offener Straße verprügelt. Der Junge, der Miran heißt, musste aufgrund diverser Verletzungen in einem Krankenhaus behandelt werden.
Kurz nach dem Vorfall sprach diese Redaktion mit mehreren entsetzten und fassungslosen Zeugen aus dem Brühlweg in Dortmund-Marten. Sie hatten die Hilfeschreie des Jungen gehört und die brutale Attacke zunächst von ihrem Balkon oder Fenster aus beobachtet.
Mutter sucht Hilfe beim Anwalt
Der Mann soll den Jungen geschlagen, mehrfach am Kragen durch die Luft geschleudert und über den Boden geschleift haben. Erst als ein junger Nachbar, der zuerst aus dem Haus gestürmt war, dem Jungen zur Hilfe eilte, ließ der Mann von ihm ab und flüchtete.
Die Mutter des Jungen, die 45-jährige Reyhan, hat Anzeige gegen den Tatverdächtigen erstattet. Sie will sich zudem anwaltliche Hilfe holen. Denn: „Dieser Vorfall darf nicht unter den Teppich gekehrt werden“, sagt sie am Montag (17.2.) im Telefonat mit unserer Redaktion.

Sie sei immer noch erschüttert über die Brutalität des Mannes, der laut Zeugen erst nach einigen Minuten von ihrem Sohn abgelassen hat. „Mir fehlen die Worte, es ist sehr schwierig, damit umzugehen“, sagt sie. Das Wichtigste für sie sei in diesen Tagen: stark für ihr Kind zu sein und zur Normalität zurückzukehren.
Körperlich sei Miran auf einem guten Weg, sagt seine Mutter, die mit ihrer Familie in Ostwestfalen wohnt und an diesem verhängnisvollen Tag mit ihm zu Besuch in Dortmund-Marten war. Die meisten Wunden wie die blutige Lippe und die geschwollene Wange seien bereits gut abgeheilt. „Die Wange war ganz rot und man konnte die Fingerabdrücke darauf erkennen“, erinnert sich die 45-Jährige.
Kind hat Rückenschmerzen
Weiterhin leiden würde Miran unter seinen Rückschmerzen. „Der Mann hat ihn ja fallen lassen und hinter sich hergezogen. Unser Arzt sagt, man könne die Folgen mit denen eines Autounfalls vergleichen.“
Noch mehr Sorgen macht sich Reyhan allerdings um die Psyche ihres Kindes. „Ich habe große Angst, dass das alles länger an ihm haften bleibt.“ Sie habe deshalb einen Termin mit einem Psychologen vereinbart. Aktuell sei ihr Sohn sehr zurückgezogen, die ersten Tage nach der Prügel-Attacke wollte er weder in die Schule gehen noch habe er am Fußballtraining teilgenommen. Die offene Ganztagsschule (OGS) habe er noch immer nicht besucht.

In den ersten Nächten konnte Miran nicht allein schlafen und ist zu den Eltern ins Bett gekrochen. „Er hat im Schlaf gewimmert und war weinerlich“, erzählt Reyhan. Tagsüber habe er bis heute immer wieder „Flashbacks“, der schreckliche Vorfall würde ihn verfolgen. Er suche oft ihre Nähe. „,Mama, ich sehe immer seine Faust vor meinem Gesicht‘, sagt er dann zu mir.“ In solchen Momenten würde sie ihr Kind fest in den Arm nehmen und mit ihm über das Geschehene sprechen.
Auch sie habe Bilder im Kopf, die sie nicht losließen. „Ich sehe immer das Gesicht meines Kindes. Seine verweinten, roten Augen, die geschwollene Wange mit den Fingerabdrücken, die aufgeplatzte Lippe.“ Auch die Ängste, die ihr Kind erleiden musste, seien oft präsent. „Wie kann man einem Neunjährigen bloß so etwas antun?“ Oft frage sie sich, was mit ihrem Kind passiert wäre, wenn niemand eingegriffen hätte.
Sorge um andere Kinder
Sie mache sich zudem Sorgen um die vielen Kinder, die in der Siedlung wohnen und gerne draußen spielten. „Ich hoffe, dass es sich um eine einmalige Sache handelt und der Mann sie in Ruhe lässt.“
Als gutes Zeichen bewertet sie die Tatsache, dass der Mann sich freiwillig in der Polizeiwache Lütgendortmund gemeldet hat. Ob gegen ihn ein Strafverfahren eröffnet wird, entscheidet die Staatsanwaltschaft Dortmund. Aktuell laufen noch die polizeilichen Ermittlungen.