Ein strahlender Star-Koch, der heute als international bekannter Berater und Gastkoch in der Welt unterwegs ist: Thomas Bühner. Das La Table in Dortmund war seine erste Küchenchef-Station.

© Michael Holz

Können Dortmunds neue Spitzenköche mehr Sterne holen als Thomas Bühner?

rnMichelin-Sterne in Dortmund

Er holte einst zwei Sterne nach Dortmund und überlebte als internationaler Star-Koch vier Erdbeben. Wir fragten, wie er die Chancen der drei neuen Sterneköche in der Stadt sieht.

von Annette Feldmann

Dortmund

, 19.04.2021, 11:00 Uhr / Lesedauer: 3 min

Lecker essen konnte man in Dortmund immer. Regional, international - und im Zweifelsfall Currywurst. Aber: In höheren kulinarischen Sphären war es bis Mitte der 80er Jahre zappenduster.

Kein einziger Stern. Niemandsland für den Michelin-Führer. Bis 1985 der Glückspalast auf dem Syburger Burgberg das Spiel eröffnete - und mit ihm ein klassisches Fine Dining: das „La Table“.

Sehr elegant. Neben den Tellern lag furchteinflößend viel Besteck und man traute sich kaum, mit der Gabel die bildschönen Kreationen auf den Tellern zu zerstören.

Der erste Stern ging 1988 über dem Burgberg auf

1988 große Freude: Das La Table holte den ersten Michelin-Stern nach Dortmund! Küchenchef war zunächst Kurt Jäger. 1998 dann die Sensation: Sein Nachfolger macht das La Table zum 2-Sterne-Restaurant! Dieser Rekord ist bis heute, mehr als zwei Jahrzehnte später, ungebrochen.

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Es war Thomas Bühner, damals 35 Jahre alt. Mit heute 59 ist er immer noch der bisher einzige 2 Sterne-Koch dieser Stadt. Wenn das keine Herausforderung ist für die drei neuen Sterne-Köche Dortmunds!

Der Chef und sein 3-Sterne-Team vom Restaurant La Vie in Osnabrück.

Der Chef und sein 3-Sterne-Team vom Restaurant La Vie in Osnabrück. © Michael Holz

Bühner hielt die beiden Sterne bis 2006, als das La Table von der Spielbank im Zuge der Neustrukturierung geschlossen wurde. Sein Erfolg hob ihn dann auf die nächste Stufe: Er machte das La Vie in Osnabrück zum internationalen 3 Sterne-Tempel. Die Gäste kamen aus aller Welt. Vor allem in der asiatischen Kulinarik-Szene wurde der deutsche Sterne-Koch ein Promi wie bei uns nur Fußballstars.

Als internationaler Koch vier Erdbeben überlebt

Heute reist er durch die Welt als begehrter Berater und Gast-Koch. „Man sieht mich fast immer mit einem Koffer in der Hand“, erzählt er. Er war in Ecuador, im Regenwald. Ist von Quito nach Marokko geflogen und dann nach Hongkong. Er war in Oman und in Taiwan - und hat insgesamt vier Erdbeben unbeschadet überstanden. „Ich bin jetzt erdbebensicher“, glaubt er fest.

Wie sieht er die Chancen der drei neuen Sterneköche der Stadt, seinen Dortmunder Rekord von 2 Sternen vielleicht demnächst einzuholen - oder gar zu brechen?

„Sie haben eine gute Ausgangsbasis. Ich hätte mir damals auch gewünscht, mittendrin zu sitzen in einem Stadtteil. Mit Anschluss an normale Menschen, die dort wohnen und einfach auch mal vorbeischauen können. Das ist ein Vorteil. Die drei müssen es natürlich schaffen, die gesamte Teamleistung über Jahre auf dem hohen Niveau zu halten. Das ist die große Kunst.“

So wird das gemacht: Konzentriert bei der Arbeit. Der Küchenchef Thomas Bühner und ein Team-Mitglied.

So wird das gemacht: Konzentriert bei der Arbeit. Der Küchenchef Thomas Bühner und ein Team-Mitglied. © Michael Holz

Dirk Grammon machte bei Bühner ein Praktikum

Einen der Dortmunder Sterneköche hat er sogar in Erinnerung: „Dirk Grammon hat damals ein Praktikum bei uns im La Table gemacht. Da war er noch ganz jung und am Anfang seiner Ausbildung.“

Als Thomas Bühner mit 28 Jahren im La Table am Anfang seiner Karriere stand, lernte er als Erstes die Unerbittlichkeit der Küchen-Tester kennen: „Der erste Stern von Kurt Jäger war ja zunächst weg und wir haben uns sehr engagiert, ihn zurückzuerobern. In dieser Zeit schrieb der Gault Millau in seiner Kritik über das La Table als letzten Satz: ‚Eine Bitte an Herrn Bühner: Verhunzen Sie nicht weiter die teuren Produkte.‘“

Frühlingsgefühle vom Star-Koch zum Aufessen: Blaubeere, Kerbel und Limette.

Frühlingsgefühle vom Star-Koch zum Aufessen: Blaubeere, Kerbel und Limette. © Michael Holz

Zum Start ein Schlag in den Solarplexus

Das saß. Ein Schlag in den Solarplexus des jungen Küchenchefs. „Es hatte lange Wald-Spaziergänge zur Folge“, schaut Bühner zurück. „Ich hab mir geschworen: Ich mache nie wieder einen Fehler zweimal.“ Aber die Dortmunder standen zu ihm. „Mir wurde sehr viel Vertrauen und Wohlwollen entgegengebracht, von den Gästen und der Casino-Führung“, erinnert er sich.

Bühner bedankte sich dafür, indem er den Dortmundern 15 Jahre lang die wunderbare Welt der hochfeinen Küche eröffnete - und auch bereitwillig die Küchentür: Man durfte mit dem Champagner-Glas in der Hand zwischen den Kochtöpfen der Sterneküche flanieren, in die Töpfe schauen und die tollsten Köstlichkeiten probieren. Es nannte sich Küchenparty, war aber sehr glamourös.

Der Starkoch aß gern Currywurst

Bühner selbst gab sich ausgesprochen bodenständig, aß beim City-Bummel gern Currywurst und erzählte, dass seine Mutter die Schnitzel, die er bei ihr isst, sehr lange brät und er dann immer sagt: „Mama, das Tier ist doch schon tot.“

Als Berater ist Thomas Bühner, der in Osnabrück lebt, nicht nur international unterwegs, er schreibt Konzepte für den Berufsschulunterricht in Sachsen, hält Vorträge vor Studenten, optimiert Patienten-Kost für Kliniken. Und zwischendurch sucht und findet er einen Küchenchef für ein Fine Dining in Hongkong - Corona kann ihn da nicht ausbremsen.

Den Dortmunder Köchen mit und ohne Stern macht Bühner Hoffnung: „Wenn das vorbei ist mit den Lockdowns, dann wird eine Zeit kommen wie die Goldenen 20er. Da wird alles nachgeholt.“

Ein Restaurant in Dortmund? Gut möglich!

Wäre es für ihn nicht auch verlockend, dann wieder ein eigenes Restaurant zu starten? „Eine gute Idee, eine gute Immobilie in guter Lage - warum nicht. Beinahe hätte ich letztes Jahr eines in Hongkong eröffnet. Aber dann begannen die Demonstrationen und das Projekt platzte.“ Einer interessanten Idee in Dortmund wäre er aber auch keineswegs abgeneigt.

„Ich fühle mich den Dortmundern sehr verbunden. Ich bekomme auch noch viele Zuschriften von früheren Gästen. Außerdem ist Osnabrück nur 117 km entfernt“, erzählt er, als hätte er schon länger darüber nachgedacht. Ein Termin steht jedenfalls schon in seinem Kalender: „Beim nächsten Weihnachtsmarkt bin ich da. Am Glühweinstand. Das ist eine unschlagbare Atmosphäre.“

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