Der Kontakt mit den Brennhaaren des Eichenprozessionsspinners kann unschöne Folgen haben. Ärzte des Klinikum Dortmund geben Hinweise, inwieweit man sich selbst behandeln kann. © Wilco Ruhland

Eichenprozessionsspinner

Brennen, Pusteln und Quaddeln durch Eichenprozessionsspinner - Wann muss man zum Arzt?

Die Brennhaare des Eichenprozessionsspinners sind gefährlich – für Haut, Augen und Atemwege. Drei Fachärzte des Klinikum Dortmund geben Tipps, was man nach Kontakt tun kann.

Dortmund

, 03.07.2019 / Lesedauer: 5 min

Es ist erneut das heiße Thema des Sommers. Immer mehr Menschen klagen über rote Pusteln und Quaddeln auf der Haut. Es juckt, es sticht, es brennt. Auch in den Augen und den Atemwegen haben die giftigen Haare des Eichenprozessionsspinners unangenehme Folgen.

Der Eichenprozessionsspinner, die Raupe mit den Brennhaaren, hat auch Dortmund im Griff. Der Mengender Volksgarten, der Hoeschpark, inklusive seiner Sportstätten sowie Teile des Fredenbaumparks sind derzeit gesperrt.

Brennhaare mit Widerhaken setzen sich fest

Während die Verwaltung ihren stetigen Kampf gegen die Raupe mit dem sperrigen Namen führt, haben auch die Bürger zu kämpfen – mit den Folgen des Brennhaar-Kontakts.

So oder so ähnlich können die Folgen des Kontakts mit dem Eichenprozessionsspinner auf der Haut aussehen. © Andrea Wellerdiek

Durch ihren Widerhaken bleiben die Brennhaare in der (Schleim-)Haut stecken und verursachen so allergische Reaktionen oder beispielsweise Entzündungen der Luftwege.

Zur Info Befallene Bäume meldenSichtungen der Raupen in Dortmund können unter der E-Mail-Adresse raupenmelder@dortmund.de gemeldet werden.Von 7 bis 18 Uhr gibt es seitens der Stadt zudem eine Telefon-Hotline unter Tel. (0231) 50-13247.

Die Ärzte des Klinikums Dortmund bekommen täglich die Folgen des Eichenprozessionsspinners zu sehen – „sei es notfallmäßig, oder auch bei ambulanten Fällen als Nebenbefund, wo die Patienten noch an Mückenstiche glaubten, aber der klinische Befund eindeutig für die Eichenraupenspinner spricht“, sagt Dr. Dorothée Nashan, Direktorin der Hautklinik.

Es komme auch vor, dass sie von Kolleginnen und Kollegen des Klinikums nach Rat gefragt wird, wenn diese nicht genau wissen, was für eine Art Ausschlag ihre Patienten haben. „Zumeist genügt ein Blick“, sagt sie.

Es handele sich um ein „auch eine mich überraschende Anzahl Erkrankter“, meint Dr. Nashan.

Ärzte des Klinikums geben Tipps und Hinweise

Gemeinsam mit weiteren Ärzten des Klinikums Dortmund – Dr. Thorsten Böker, Direktor der Augenklinik, sowie Dr. Bernhard Schaaf, Direktor der Klinik für Pneumologie und Infektiologie – hat sie Tipps und Hinweise zusammengetragen. Wie erkenne ich die Folgen des Brennhaar-Kontakts, was kann ich tun?

Die wichtigsten Fakten zusammengefasst:

Brennhaare auf der Haut, Tipps von Dr. Nashan:

Schnell entstehen nach dem Kontakt mit den Brennhaaren der Raupen rote Punkte, kleine Papeln, die sich vergrößern und beim Kratzen anschwellen können.Häufig sind erste Spuren der Brennhaare im Nacken und den Ellenbeugen zu beobachten. Besonders an nicht bekleideten Körperstellen können wenige bis immens viele Läsionen, also Störungen, entstehen.Das Bild kann einer Nesselsucht gleichen. Und wenn die Patienten anfänglich auch noch an Mückenstiche dachten, erschreckt sie meistens die Anzahl und Aussaat; denn auch durch Kleidungsöffnungen oder durch draußen abgelegte und dann wieder angezogene Kleidung kommen die Haare an andere Körperstellen und verursachen dort ähnliche Hautreaktionen.Der Mensch kann von insektenstichähnlichen Hautläsionen übersät sein. Kennzeichnend ist der quälende Juckreiz, der durch scheuern und kratzen noch stärker wird.

Brennhaare in den Augen, Tipps von Dr. Böker:

Bei Kontakt mit dem Auge kann es zu einer akuten Bindehautentzündung mit Rötung, Lichtscheu und Schwellung der Augenlider kommen. Bei Befall der Hornhaut des Auges kann sich eine Hornhautentzündung entwickeln.Bei Augenbeteiligung sollte ein Augenarzt zur Spaltlampenuntersuchung hinzugezogen werden.

Brennhaare in den Atemwegen, Tipps von Dr. Schaaf:

Eingeatmete Brennhaare können zu einer Reizung der oberen Atemwege führen. Schmerzhafter Husten wie bei einer Bronchitis entsteht, und bei Asthmatikern können Asthmaanfälle ausgelöst werden.Länger dauernde Entzündungen der Atemwege sind mit Lungenfachärzten zu besprechen.

Die Brennhaare setzen sich in Haut, Augen und Atemwege. Neben Eichen sollte man auch Buchen im Blick haben. © dpa

Was ist die Ursache?

Die beschriebenen Symptome wie auch Hautveränderungen sind die Reaktion auf die mit einem kleinen Widerhaken versehenen Brennhaare, welche im Kontakt zunächst nur toxisch-irritativ wirken. Das aus den Brennhaaren in eingebrachte Raupengift führt zur Ausschüttung des Hormons Histamin und weiteren Signalstoffen, die eine Entzündung auslösen und verstärken.

Dr. Nashan meint: „Je mehr man kratzt, umso tiefer kommt das Gift und umso stärker ist die Immunantwort.“ Die Stärke der Reaktion hänge vom individuellen Immunsystem ab, „genauso wie die Menschen unterschiedlich stark auf Insektenstiche reagieren“, erklärt sie auf Nachfrage.

Das kann ich tun:

Möglichst die Haut nicht mechanisch bearbeiten (zum Beispiel scheuern), sondern duschen, um die Haare los zu werden; gegebenenfalls kann auch ein Klebeband/Tesafilm zur Hilfe genommen werden.Nicht vergessen die Haare mit zu waschen.Nicht mit den Schuhen die Raupenhaare im Haus herumtragen.Möglicherweise kontaminierte Kleidung waschen. Haustiere können auch mögliche Überträger sein.Eine Behandlung des Juckreizes mit Menthol-haltigen oder Polidocanol-haltigen Externa, also etwa Salben oder Cremes, ist möglich. Kühlen der Haut tut gut.Durch eine äußerliche Kortisonbehandlung kann es der Haut besser gehen.Bei Einschlafproblemen lässt sich die Nachtruhe durch die Einnahme von Antihistaminika (Mittel, die Allergiesymptome lindern) zumeist wieder herstellen.

Wann sollte ich einen Arzt aufsuchen?

Unbehandelt dauern Hautveränderungen je nach Empfindlichkeit der betroffenen Person zwei Tage bis zwei Wochen an, sagen die Ärzte. „Mehr als 90 Prozent der Fälle sind harmlos und gut durch Hausmittel oder auch mittels unserer Empfehlungen zu behandeln“, sagt Dr. Nashan gegenüber dieser Redaktion. Und weiter: „Also würde ich raten, die ersten fünf bis sieben Tage einen normalen Verlauf abzuwarten.“

Asthmatikern sei zu raten, einen Pulmologen, also Lungenarzt, aufzusuchen, wenn ihr gewohntes Beschwerdebild nicht mehr durch Sprays zu lindern ist.

Für die Augen gelte Ähnliches: „Ungewöhnliche und bleibende Beschwerden wie ein Reibegefühl auf der Hornhaut, ständige Augenreizung, Schwellung der Bindehaut können Anlass sein, den Augenarzt aufzusuchen“, erklärt Dr. Nashan.

Ein Allergie-Schock ist nicht auszuschließen

Inzwischen konnten die Eiweiße aus den Brennhaaren charakterisiert werden. Eine Allergie auf diese Eiweiße ist selten, aber möglich. Es gibt aber noch keinen Standard-Test auf eine Raupen-Allergie. Bei einer allergischen Schockreaktion bedürfe es einer weiteren Abklärung in entsprechenden Fachabteilungen wie auch der Versorgung des Patienten mit einem Notfallset, heißt es seitens des Klinikums.

„Wir hatten noch keinen anaphylaktischen Schock auf Eichenraupenspinner, was auch für die Seltenheit spricht“, meint Dr. Dorothée Nashan.

Mit einem Anstieg von Allergien auf das Gift des Eichenprozessionsspinners „in absehbarer Zeit“ rechnet die Direktorin der Hautklinik zudem nicht, „da die Problematik seit über einem Jahrzehnt besteht.“ Auch wenn sich die Fälle von Brennhaar-Folgen zunehmen.

Empfehlungen der Ärzte:

Es empfiehlt sich, Eichen, aber auch Buchen, genau zu betrachten. Besonders an ihrer Südseite sollte nach einer Raupenprozession oder Raupenversammlungen Ausschau gehalten werden.

Fressspuren sind bis auf das stärkere Gerippe aufgefressene junge Blätter. Die Ärzte des Klinikums empfehlen, betroffene Waldgebiete zu meiden. Auch sollte man beim Picknick und Camping auf Warnhinweise achten. Auch die Gartenarbeit muss dann manchmal warten.

Für eine mögliche Bekämpfung gilt es zuständige Behörden zu informieren. Die Stadt Dortmund hat inzwischen eigene Schutzanzüge und Geräte angeschafft, um die Raupen bekämpfen zu können.

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