Adrian Theile ist Klima-Aktivist bei Extinction Rebellion. Am Samstag setzte er sich mitten auf die Betenstraße in Dortmund.

© Dennis Werner

Mann blockiert Innenstadt-Straße: „Fürs Klima nehme ich Risiken in Kauf“

rnExtinction Rebellion in Dortmund

Ein Mann sitzt mitten auf der Straße, Autos müssen anhalten oder quetschen sich an ihm vorbei. Nicht ungefährlich, die Aktion in der Dortmunder Innenstadt am Samstag. Das steckte dahinter.

Dortmund

, 27.03.2021, 17:55 Uhr / Lesedauer: 2 min

Der Unterschied ist schon enorm: der Mann mitten auf der Straße, der einfach dasitzt mit seinem Pappschild, das er um den Hals trägt und der weiße BMW, dessen Fahrer vor ihm anhalten musst. Das Fenster geht runter. „Die Aktion finde ich ja ganz gut, aber Meister, können wir jetzt weitermachen?“, ruft der Fahrer des bayerischen SUVs.

Es ist dieses Bild, das der Aktivist von Extinction Rebellion wohl zu erzeugen im Sinn hatte, als er sich zu der Aktion vor der Dortmunder Volksbank in der Betenstraße entschloss. Der Klimaschützer, vermeintlich schwach, bremst das Auto mit dem riesigen Kühlergrill aus.

Auf Konfrontationskurs: Aktivist Theile und ein großer BMW.

Auf Konfrontationskurs: Aktivist Theile und ein großer BMW. © Dennis Werner

Adrian Theile heißt der Mann mit dem Schild im Herzen der Dortmunder City, der die Gefahr, von einem Auto überrollt zu werden, in Kauf nimmt. Er ist damit nicht alleine. Denn die Aktion „Rebellion of one“, die Rebellion des Einzelnen, fand zeitgleich in 40 Städten in Nordrhein-Westfalen statt. Theile war zwar allein auf der Straße, aber einer von vielen. Auch in Dortmund gab es einen weiteren Aktivisten, der sich auf die Straße setzte. Vor dem Decathlon-Gebäude, ebenfalls in der Innenstadt.

Autos weichen auf Bürgersteig aus

Theile geht es ums Klima, „dafür nehme ich Risiken für mich selbst in Kauf“, sagt er, wenn er gefragt wird, ob er denn keine Angst habe, überfahren zu werden. Andere will er nicht gefährden, deswegen bricht er zeitweise die Aktion ab, als die Autos, um ihn nicht zu überfahren, auf den Bürgersteig ausweichen. Das werde dann gefährlich für andere, das wolle er nicht. Ziel der Rebellion der Einzelnen: Die Aktivisten wollen ihre persönliche Betroffenheit angesichts der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen zum Ausdruck zu bringen.

Dafür, davon sind Theile und ein anderer Extinction Rebellion Aktivisten, der bei der Aktion in der Nähe war, überzeugt, sei es erlaubt, auch zu drastischen Mitteln zu greifen, wenn niemand gefährdet werde. Man wolle Provozieren, Aufmerksamkeit erregen. Dass manchmal auch die Polizei kommt, nehme man zu diesem Zweck in Kauf, weil auch dies zusätzlich dazu führe, dass Passanten hinschauen. „Und vielleicht bewirke es dann ein Umdenken, so ein Aktivist.

Es reiche also nicht, einfach Plakate in die Luft zu halten: „Wir müssen das Tempo anziehen, es bleibt uns nicht viel Zeit“, so Theile. Die Klimakrise sei real und ebenso bedrohlich, wie die Coronakrise. „Wir schützen uns mit Masken, weil wir die Menschen schützen wollen“, so Theile. Nichts anderes bezwecke er mit der Aktion: Auch ein Umdenken in der Klimakrise schütze die Menschen.

Manche Autos machten kehrt, manche fuhren um den Aktivsten herum. Andere nutzten den Bürgersteig als Ausweichpiste.

Manche Autos machten kehrt, manche fuhren um den Aktivsten herum. Andere nutzten den Bürgersteig als Ausweichpiste. © Dennis Werner

In der Vergangenheit hat es immer mal wieder Aktionen der Gruppe, Extinction Rebellion gegeben. In Erinnerung bleiben die Blockade des Südwalls im September 2020. Über mehrere Stunden musste der Verkehr auf einer der wichtigsten Straße der Stadt umgeleitet werden. Schließlich löste die Polizei der Demonstration auf. Damals wurde viel Kritik an der Aktion laut, weil viele Dortmunder von der Aktion auf dem Weg in den Feierabend betroffen waren. Auch eine nicht angemeldete Aktion an der Möllerbrücke sorgte im August 2020 für effektvolle Bilder, als Aktivisten von Polizisten nach Stunden der Blockade weggetragen wurden.

Die Aktion am Samstag in der City verläuft ruhiger. Passanten laufen an dem mitten auf der Fahrbahn sitzenden Mann vorbei, immer mal wieder macht jemand ein Handyfoto. Die meisten Autofahrer beeindruckt das nicht. Sie setzen zurück und fahren eine Straße weiter, um dem kleinen Stau zu entgehen. Ganz dreiste quetschen sich mit ihrem Auto an dem 24-Jährigen vorbei. Einer ruft: „Du Spinner. Geh arbeiten!“ Informatiker Theile sagt, das sei halt so. Die Sache sei es wert.

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