Auf Smaragd-Jagd durch das Land Oz Neue Adaption des Klassikers im Kinder- und Jugendtheater

Auf Smaragd-Jagd durch Oz: Neu-Adaption des Klassikers im KJT Dortmund
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Die meisten Kinder auf der Welt kennen die magische Geschichte von „Der Zauberer von Oz“, einem der bekanntesten Kinderbücher. Die Geschichte entstand im Jahr 1900, als sich der ehemalige Geflügelzüchter und Schauspieler Lymann Frank Baum eines Abends eine Gutenachtgeschichte für seine Kinder ausdachte. Damals ahnte er wohl noch nicht, dass mit dieser Geschichte seine Karriere als weltberühmter Schriftsteller startet. Der Zauberer von Oz erzählt die Geschichte von Dorothy, die in das wundersame Land Oz gelangt und dort Abenteuer mit ungewöhnlichen Freunden erlebt, um einen Weg zurück nach Hause zu finden.

Neu-Adaption von Sergej Gößner

Mit viel Sprachwitz hat Sergej Gößner den amerikanischen Kinderbuchklassiker bearbeitet und lustvoll ins Heute geholt. Dass es im Titel „Zauber von Oz“ und nicht „Zauberer von Oz“ heißt, ist kein Zufall. Denn Doro und ihre fabelhaften Freunde lernen auf ihrer Reise eine Welt voller Zauber kennen. Ob sie am Ende auch auf den großen Zauberer treffen, ist bei den Abenteuern, die sie auf ihrer Reise erleben, dann doch nicht so wichtig. Aber worum geht es eigentlich in dem Stück im Kinder- und Jugendtheater Dortmund?

Die Handlung

Doro wohnt mit ihrer Mutter in einem Hochhaus am Rande der Stadt, in Block 13b. Tagsüber ist ihr Leben von grauen Betonbauten und dem ständigen Rauschen der Autobahn geprägt. Doch sobald die Nacht hereinbricht, entflieht sie dieser tristen Welt in die bunte Fantasie des neuen Handyspiels „Smaragdcity“. Eines Abends braut sich ein heftiges Unwetter zusammen, Blitze erhellen den Himmel, und plötzlich klopft der leere Korb eines Heißluftballons an ihr Fenster. Von einem magischen, grünen Licht angezogen, steigt Doro in den Korb und findet sich im fantastischen Land Oz wieder. Um den Weg zurück in ihre Welt zu finden, muss sie sich auf die Suche nach dem mächtigen Zauberer machen. Auf ihrem Weg begegnet sie einem vergesslichen Strohmann, einer Blechfrau, die unter Liebeskummer leidet, und einem mutlosen Löwen. Zusammen begeben sie sich mutig auf ein Abenteuer.

Das Theaterstück beginnt in der modernen, digitalen Welt. Zwischen der jungen Doro und ihrer Mutter entsteht eine Diskussion darüber, dass Doro nicht so viel am Handy spielen sollte. Doro sagt, sie rede in ihrem Monolog zum Publikum. Als Doros Mutter fragt, wer denn ihr Publikum sei, hebt Doro ihr Handy hoch und sagt „Na das hier“. Die Darstellerin der Doro, Anna Reizbikh, sitzt im Rollstuhl. Das hält sie aber nicht davon ab, in vielzähligen Szenen blitzschnell von einer Seite auf die andere Seite der Bühne zu fahren und Pirouetten zu drehen. Auch die Hexe von Oz wirkt irgendwie moderner und sorgt mit ihrem schrillen, farbenfrohem Kostüm und ihren ständigen Reimen für viele Lacher unter den Kindern.

Die Hexe von Oz erklärt Doro, wie sie es schafft, wieder nach Hause zu gelangen: Sie muss sechs Smaragde sammeln und zum großen Zauberer von Oz wandern – dieser kann ihren Wunsch erfüllen, wieder nach Hause zu kommen. Auf ihrer Reise zum Zauberer von Oz begegnet Doro zunächst einem Strohmann, der Tag und Nacht ein Werbeplakat für ein Maislabyrinth hochhält. Doro kann ihn überzeugen, mit auf die Abenteuer-Reise zu kommen.

Schauspieler Thomas Ehrlichmann als zerstreuter Strohmann und Schauspielerin Sar Adina Scheer als Blechfrau mit Liebeskummer auf der Bühne des Kinder- und Jugendtheaters Dortmund.
Schauspieler Thomas Ehrlichmann als zerstreuter Strohmann und Schauspielerin Sar Adina Scheer als Blechfrau mit Liebeskummer auf der Bühne des Kinder- und Jugendtheaters Dortmund. © Birgit Hupfeld

Starke, humorvolle Charaktere

Dann treffen sie auf eine Blechfrau mit Liebeskummer – ein weiterer Charakter, der stark und humorvoll geschrieben wurde. Der traurige Ausdruck im Gesicht, die krausen, rostroten Haare, das Blechkostüm und die unkontrollierbaren lauten Weinanfälle der Blechfrau machen sie zu einem absoluten Publikumsliebling. Die schauspielerische Leistung der Darstellerin Sar Adina Scheer ist ein echtes Highlight.

Eine Szene, die das Publikum zum Lachen brachte: Dem mutlosen Löwen muss ein Nagel aus dem Schuh entfernt werden. Doro benutzt dafür einen Akkubohrschrauber.
Eine Szene, die das Publikum zum Lachen brachte: Dem mutlosen Löwen muss ein Nagel aus dem Schuh entfernt werden. Doro benutzt dafür einen Akkubohrschrauber. © Birgit Hupfeld

Weitere Charaktere in „Der Zauber von Oz“ sind der Löwe, dem es an Mut fehlt und die zunächst verrückt wirkende Porzellanprinzessin, der es aber vor allem an Schlaf fehlt. Gespielt werden die beiden von Andreas Ksienzyk und Annika Hauffe. Auf ihrer Reise bekommt die Abenteuer-Gruppe rund um Doro, den Strohmann, die Blechfrau, den Löwen und die Porzellanprinzessin immer dann einen weiteren Smaragd hinzu, wenn sie einander helfen. Jeder Charakter, den Doro auf ihrer Reise trifft, verhilft ihr zu einem weiteren Smaragd.

Die moderne Neuinszenierung „Der Zauber von Oz“ unterhält nicht nur Erwachsene und Kinder, sondern regt auch zum Nachdenken an. In der schillernden, aber trügerischen Welt von Oz werden Klischees entlarvt, Vorurteile aufgedeckt und Stereotype hinterfragt. Was anfangs wie eine Schwäche wirkt, erweist sich oft als bedeutungslos oder falsch, und echte Stärke findet man manchmal an unerwarteten Stellen. So heißt es auch im Programm-Flyer: „Einfache Zuordnungen wie ‚dumm‘ oder ‚herzlos‘ beschreiben nie das, was uns wirklich ausmacht.“ Aber die Unterhaltung kommt auf keinen Fall zu kurz – am lautesten war das Lachen als der Strohmann sich in den roten Mohnnebel traut und als Reaktion ganz berauscht wird, wie in Trance tanzend „Somewhere over the Rainbow“ vor sich hin singt. Das Singen ist ein weiterer fester Bestandteil des Theaterstücks. Der anfängliche Solo-Auftritt von Doros Lied „Ich sing‘, um weniger allein zu sein“ wird auf ihrer Reise von den verschiedenen neuen Charakteren ergänzt, bis am Ende alle gemeinsam singen. Auch bei den Musical-Einlagen überzeugen alle Darsteller und Darstellerinnen mit einer wunderschönen Stimme.

Die Blechfrau, Doro, der Löwe, die Hexe von Oz und der Strohmann tanzen und singen gemeinsam das Lied "Ich sing', um weniger allein zu sein".
Die Blechfrau, Doro, der Löwe, die Hexe von Oz und der Strohmann tanzen und singen gemeinsam das Lied „Ich sing‘, um weniger allein zu sein“. © Birgit Hupfeld

Der „Der Zauber von Oz“ hat auf voller Länge überzeugt. Die nächsten Aufführungen finden im Kinder- und Jugendtheater Dortmund in der Sckellstraße 5 statt. Vorstellungstermine sind etwa am 29. September sowie am 10., 11. und 13. Oktober. Tickets können ab acht Euro (ermäßigter Preis vier Euro) erworben werden und sind online über die Website des Theaters Dortmund erhältlich oder direkt im Kinder- und Jugendtheater.