Die Kelly Family ist zurück. Mit einem Konzert in der Dortmunder Westfalenhalle feierte sie noch mal ihren Durchbruch. Dabei wurde klar: In 25 Jahren hat sich vieles verändert.
Die Westfalenhalle feiert im Jahr 2019 „The Kelly Family“. Wie vor 25 Jahren. Als damals „der ganze Wahnsinn hier begann“, wie Jimmy Kelly meint. Am Samstag war er wieder zu Gast. Mit seinen Schwestern Kathy und Patricia sowie den Brüdern Paul, John, Joey und Angelo. Mit stehenden Ovationen werden die sieben gefeiert. Und doch ist es anders als 1994.
Ihre aktuelle Tour huldigt dem Album der Kellys, das wohl das berühmteste der Familie ist. „25 Years - Over The Hump“, heißt die Tournee, die mehr Zusatz- als ursprüngliche Termine aufweist und erstmals alle Lieder von „Over The Hump“, dem bis dato absoluten, über 3,5 Millionen Mal verkauften Bestseller der irischen Großfamilie, in der Reihenfolge der originalen Tracklist darbietet. Vom rockigen „Why Why Why“ bis zum Familien-Song „Santa Maria“ ist alles vom Mega-Erfolgsalbum dabei.
Bombastische Show
Im Jahr 1994 mietete die mit Straßenmusik bekannt gewordene Familie die Westfalenhalle an, verkaufte die Karten selbst und begeisterte schon damals das ausverkaufte große Rund. Wie am Samstag. Und dennoch ist es irgendwie anders. „Die Stimmung war damals so gut wie heute“, erinnert sich Hans Eberling. „Nur ohne diese bombastische Show mit ihren vielen Licht-, Knall- und optischen Effekten.“
25 Jahre Over the Hump: Die Kelly Family in der Dortmunder Westfalenhalle
In der Tat haben die sieben weiterhin gemeinsam musizierenden Kellys einiges an Technik aufgefahren. Neben der beinahe obligatorischen bunten Lichtershow mit wechselnden beweglichen Bildern auf der großen Projektionswand bieten sie zudem bei „The Wolf“ und „Fire“ einen im wahren Sinne des Wortes heißen Pyrotechnik-Event mit Feuerstößen im Takt der Musik, sternenartige Fontänen im Stil von Wunderkerzen bei „Santa Maria“ und diversen Konfetti- und Luftschlangen-Darbietungen.
Handarbeit vom Feinsten
So regnet es bei „Roses Of Red“ rote stilisierte Rosenblütenblätter vom Hallendach. Bei „White Christmas“ lassen es die Effekt-Kanonen mit weißen Papierschnipseln beinahe realistisch schneien. Bei „Nanana“ sorgen Luftschlangen für bunte Überraschungen. Das ist sehr effektvoll. Und doch wirken die natürlichen, von Hand gemachten Musikeinlagen wesentlich stärker. Wie Angelo Kelly beweist.
Zuerst legt der Jüngste der Kellys ein zehnminütiges Drummer-Solo der Extra-Klasse hin. Das nimmt erst so richtig Fahrt auf, als alle meinen, er würde seine schnelle, mit Füßen und Armen gleichzeitig ausführende Trommeleinlage beenden. Dann nimmt er die Brille ab, löst seine Zopfspange und legt noch kraftvoller los als zuvor. Sein rhythmischer, extremer Materialtest wird von den Fans zu Recht frenetisch gefeiert. Bravo! Und auch die erste von ihm selbst nur an der Akustikgitarre begleitete Zugabe „I Can´t Help Myself“ präsentiert Handarbeit vom Feinsten.
Der Chor der 10.000 Fans
Ansonsten werden die Tracks des Erfolgsalbums „Over The Hump“ sowie alle anderen neuen Hits wie der Titelsong der Tournee von der sechsköpfigen Band um ihren exzellenten Geiger gekonnt untermalt. Singen müssen die sieben ehemaligen Straßenmusiker in ihrem „Wohnzimmer“ eigentlich nicht mehr. Das erledigen ihre Fans.
Ob bei „First Time“ oder „Take My Hand“ das Anstimmen des jeweiligen Songs genügt, schon stimmt der Chor der 10.000 mit ein. „Das war heute ein sehr emotionales Konzert“, sagt Peter Roth aus Köln. Er ist seit 30 Jahren Kelly-Fan, war schon bei vielen Events dabei, jedoch nicht bei jenem von vor 25 Jahren in selber Stätte. „Das hier war mega!“
Kein Vergleich zu 1994
„Es war kein Vergleich zu dem Konzert von 1994“, urteilen indes die Eheleute Karin und Günther Wahl aus Olfen. „Damals war es einfacher, schlichter“, sagt die 75-jährige Kelly-Liebhaberin. „Das kann man mit dem heutigen Technikeinsatz nicht vergleichen.“

10.000 Besucher feierten die Kelly Family in der Dortmunder Westfalenhalle. © Oliver Schaper
„Wir haben sie schon in den 70er-Jahren auf dem Westenhellweg gesehen und sind seitdem Fans der Kelly Family“, ergänzt ihr Ehemann. „Es ist faszinierend, wie lange sie jetzt schon zusammenspielen, trotz aller Probleme, die es in allen Familien nun einmal gibt.“
Viele junge Besucher erstaunen
Mehrfach überrascht zeigt sich der 77-Jährige vom aktuellen Konzert: „Es war eine einmalige Atmosphäre mit enormer Power auf der Bühne, tollen Effekten und erstaunlich vielen jungen Zuhörern, die die Kellys als Straßenmusiker gar nicht mehr erlebt haben können. Das erstaunt mich sehr.“
Doch bei Hits wie „An Angel“, „Star Of The County Down“ und „Fell in Love With an Alien“ müssen Alt und Jung gleichermaßen mitsingen. Manch einer hat die aktuelle Show schon dreimal gesehen, andere gleich den Zusatztermin am Sonntag mitgebucht. Die Kellys scheinen nach wie vor die Massen anzuziehen. Nach dem Konzert vom Samstag kann man das verstehen.
Großes Rund mit großer Magie
Analog zur letzten Zugabe „We Had A Dream“ träumen einige Fans nach zweieinhalb Stunden abwechslungsreicher Unterhaltung von den beiden bisherigen Meilensteinen der irischen Großfamilie in Dortmund. Von 1994 und dem Durchbruch mit „Over The Hump“, was auf Deutsch „Über den Berg (sein)“ bedeutet, sowie dem unverhofften Comeback von 2017 und dem Album „We Got Love“.
Devotionalien vom letztgenannten Event sind letzten Samstag allgegenwärtig. Es scheint, als ginge dieser Traum nach dem dritten Megakonzert am Rheinlanddamm weiter. Angelo Kelly hätte nichts dagegen: „Die Westfalenhalle ist das Schönste, was man erleben kann", lobt er am Ende. Er muss es wissen, ist er doch mit seiner eigenen Familie, wie demnächst wieder am 23.12.2020, des Öfteren zu Gast im großen Rund mit der scheinbar großen Magie.
Wie der Name schon sagt, habe ich BOCK auf Sport, Kultur und Politik. Sportliche Schwerpunkte sind: Ringen, Judo, Grappling. Kulturell begeistert mich politisches Kabarett, Kirchen-Kabarett, Comedy, Musical, Rock-Konzerte und andere Musikveranstaltungen, Theater, jede Art von Kleinkunst usw.