Todkranker bekommt kein Grußvideo von Merz Geierabend-Steiger Kaysh kritisiert CDU-Chef

Kein Videogruß für sterbenskranken Bruder: Kabarettist kritisiert Merz
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Ausgerechnet er bittet Friedrich Merz um ein Grußvideo? Martin Kaysh, Kabarettist und als Steiger des Dortmunder Alternativ-Karnevals „Geierabend“ bekannt, ist nun wirklich kein Fan des CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten.

Aber: Für seinen todkranken Bruder hat Martin Kaysh das dennoch getan im Sommer 2023. Denn Thomas Kaysh habe politisch eben ganz anders gedacht als er, sagt Martin. Thomas sei „glühender Konservativer“ gewesen, seit 1976 CDU-Mitglied, schon früh aktiv in Schülerunion und Junger Union, in Marl für die Union im Stadtrat, später Volkswirt, lange im Bankwesen.

Tödliche Nervenkrankheit ALS

Thomas Kaysh lebt nicht mehr – er starb an ALS, einer tödlichen Nervenkrankheit, „bei der der Erkrankte nach und nach alle Muskelfunktionen verliert, dabei aber bei klarem Verstand bleibt“. So formulierte es Martin Kaysh, der Kabarettist, im August 2023 in einer E-Mail an das Büro von Friedrich Merz.

Ein kurzes Video nur, vielleicht ein paar Sekunden lang, das würde seinem todkranken Bruder „eine Riesenfreude“ bereiten. Das wäre ihm „auch Trost auf dem unaufhaltsamen Weg in den Tod“. Deshalb bitte er darum.

Martin Kaysh in seiner Rolle als Steiger beim Geierabend auf der Bühne.
Martin Kaysh in seiner Rolle als Steiger beim Geierabend. © Ekkehart Bussenius/Tania Reinick

Hochzeit kurz vor dem Tod

„Im Gegensatz zu mir, das mag man gern googeln, ist er wirklich und von Herzen Anhänger von Friedrich Merz und seiner Politik“, versicherte Martin Kaysh und schob hinterher: „Seien Sie versichert: Von mir aus würde dieses Video absolut diskret behandelt werden.“

Der Anlass sollte die Hochzeit sein, denn kurze Zeit vor seinem Tod heiratete Thomas Kaysh noch seine Lebensgefährtin. Doch anderthalb Tage nach der E-Mail-Anfrage kam nur eine kurze Absage aus dem Büro von Friedrich Merz:

„Wir wünschen alles Gute“

„Leider können wir Ihnen kein Grußwort zur Verfügung stellen“, schreibt die Büroleiterin: „Mit der höflichen Bitte um Ihr Verständnis. Wir wünschen Ihrem Bruder, seiner zukünftigen Frau und Ihnen von Herzen alles Gute.“

„Wohlgemerkt: Es ging um so ein Handyvideo, das ein Praktikant im Fahrstuhl in etwa 30 Sekunden anfertigt“, ärgert sich Martin Kaysh. Die Absage kommentiert er wie folgt: „Herzloser und kälter kann ich mir Christlichkeit nicht vorstellen.“

„Hat nichts mit Wahlkampf zu tun“

So schrieb Kaysh es vor wenigen Tagen öffentlich auf Facebook. Warum erst jetzt? „Es hat nichts mit Wahlkampf zu tun, überhaupt nicht“, unterstreicht Kaysh auf Nachfrage unserer Redaktion. Der Grund für den Zeitpunkt sei ein anderer: Er habe warten wollen, bis sein Bruder nicht mehr lebt. Denn die Enttäuschung über eine Absage von Merz habe er ihm ersparen wollen in seinen letzten Monaten und Tagen.

Nach der Bestattung im Januar 2025 habe er sich aber dazu entschlossen, seine E-Mail-Anfrage und die Antwort aus dem Büro Merz zu veröffentlichen. Zumal: Er habe ja seinerzeit auch eine ähnliche Anfrage an den Lieblings-Bundesligaverein seines Bruders geschickt.

Lieblingsverein schickte viele Videos

Um ein Video habe er gebeten. „Ich bekam fast ein Dutzend.“ Kurze Videobotschaften allesamt, die mit dem Smartphone ja problemlos aufzunehmen seien.

Warum gab es im Gegensatz dazu eine knappe Absage vom Büro von Friedrich Merz? Sind Politiker vorsichtiger? Gibt es generell keine Grußvideos? Wusste Friedrich Merz überhaupt etwas von der Video-Bitte? Dazu erhielt unsere Redaktion in knapp zwei Wochen trotz mehrerer Nachfragen beim Büro selbst und in der CDU-Parteizentrale in Berlin keine Antwort.