Am beeindruckendsten ist der Rückgang bei den Demos: Zwischen 2015 und 2020 hatten Rechtsextreme in Dortmund pro Jahr rund 50 Kundgebungen angemeldet, im Jahr 2018 sogar 148. Und 2022? Zwei.
Einmal am 1. Mai mit deutlich weniger Teilnehmern als erwartet, dann im August im neonazistischen Gedenken an das Verbot einer Gruppierung im Jahr 2012. „Das zeigt schon, wie rückwärtsgewandt die verbleibende Szene ist“, urteilt Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange.
Deutlicher Rückgang
Er konnte nun Zahlen und Fakten vorlegen, die ihn zum Schluss kommen lassen: Die Einrichtung der Soko Rechts im Jahr 2015 war ein Erfolg. Seitdem habe das „Wirkungsdreieck“ aus Polizei, Stadt und Zivilgesellschaft den Rechtsextremen Dortmund immer weiter madig gemacht.
Die „aktionsorientierte Szene“ gebe es ja schon seit den 80er-Jahren, blickt Lange zurück. Noch 2011 und 2016 habe es Aufmärsche mit 900 oder mehr als 1000 Neonazis gegeben, mit viel Anreise auswärtiger Neonazis, aber auch mit einem festen Kern, zuletzt in Dorstfeld.
Intensivtäter beobachtet
Mittlerweile zählt die Polizei an der Emscher- und Thusneldastraße nur noch 7 bekannte Rechtsextreme. „In Spitzenzeiten waren es mehr als 25“, verdeutlicht Gregor Lange. Führende Köpfe zogen entnervt aus Dortmund weg. Die Kleinpartei Die Rechte trat nicht mal mehr zur Landtagswahl an und „rettete sich unter das Dach der NPD, um sich wenigstens weiter das Parteienprivileg zu sichern“, so Lange.
„Aber es ist ein Unterschied, ob ein Bundesvorsitzender einer Partei versucht, andere nach Dortmund zu lenken“ – oder ob es, wie aktuell, in anderen Städten größere und attraktivere Neonazi-Szenen gibt. Der Effekt für Dortmund jedenfalls: Die Zahl der rechtsextremen Straftaten geht zurück.
Vor allem Volksverhetzung
148 Straftaten wurden 2022 noch dem rechten Spektrum zugeordnet. Vor einigen Jahren waren es 400 oder 500. Der allergrößte Teil zuletzt: Propaganda, Volksverhetzung. Gewaltdelikte indes kamen kaum noch vor.
Vier Fälle gab es. Zum Vergleich: 2015 waren es 49, 2016 noch 36. Und die vier Fälle von 2022 zeugen nicht von einer gewaltbereiten extremen Szene – ganz im Gegenteil.
Hitlergruß und Kieselsteine
Da gab es den Fall, zweier junger Sprayer, die in der U-Bahn erwischt, verfolgt und zur Rede gestellt wurden. Dabei prügelte man. Warum das als rechts eingestuft wird? Es wurde auch ein Hakenkreuz hinterlassen. An der Jungferntalstraße zeigte ein betrunkener Mann bei einem Streit den Hitlergruß und bewarf Vater und Tochter mit Kieselsteinen.
Fall drei: Körperverletzung, denn unter Neonazi-Aufklebern waren Rasierklingen versteckt. Lediglich Fall Nummer vier war ein klassischer Angriff – an der S-Bahn-Haltestelle Dorstfeld von einem 18-jährigen Rechtsextremen, der nicht in Dortmund wohnt. Er attackierte jemanden, den er als „links“ ansah.
Szene in „Perspektivlosigkeit“
Alles also mittlerweile harmlos? Nein, garantiert nicht, unterstreicht Gregor Lange: „Die Szene ist nicht weg und weiterhin gefährlich.“ Erst recht, wenn die einzelnen Akteure nun „in Perspektivlosigkeit“ absinken würden und sich „in der Sackgasse“ sehen könnten.
Daraus könnte Aggression entstehen. Und auch das Zusammenwirken rechtsextremer Schläger mit anderen Gewaltbereiten – etwa mit migrantischem Hintergrund – habe man genau im Blick, verdeutlichte Gregor Lange.

Appell: Bitte anzeigen!
„Die größte Gefahr für die Bundesrepublik geht weiterhin von der rechtsextremistischen Szene aus“, urteilt Dortmunds Polizeipräsident. Deswegen appelliert er an diejenigen, die Opfer von Einschüchterungen oder Gewalt geworden seien: „Bitte zeigen Sie das an!“
Wer Sorge habe, nach der Anzeige erst recht Ärger mit Neonazis zu bekommen, könne sich an eine Beratungsstelle wie „BackUp“ wenden. Man könne eben nur ermitteln und an die Strafverfolgung weiterleiten, wovon man Kenntnis habe, so Lange.
Denn Freiheitsstrafen von insgesamt 40 Jahren, 70.000 Euro Geldstrafen, das Verbot bestimmter Parolen und Begriffe – all das habe dazu beigetragen, dass die rechte Szene in Dortmund heute weniger aktiv ist als noch vor Jahren.
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