Videos und Fotos auf Dortmunder Intensivstation Innovation gegen Unruhe und Verwirrung

Krankenhaus Dortmund-West: Videos und Fotos gegen Unruhe und Verwirrung
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Christine Schroeder liegt im Krankenbett. Hinter dem Kopfende stehen Überwachungsgeräte. Digitale Anzeigen zeigen Werte und Amplituden. Die Patientin schaut zur Decke: Dort tanzen ein Mann und eine Frau auf dem Eis. „Ich schaue Holliday on Ice“, erklärt sie. „Mir tut das heute gut, es beruhigt mich.“ Am nächsten Morgen hat Christine Schroeder einen OP-Termin.

Katholisches Krankenhaus Dortmund-West, 1. Etage, Intensivstation. „Qwiek.Up“ heißt das Gerät, das neben dem Fußende des Krankenbetts auf dem Boden steht. Es ist ein Angebot für Patienten, die der stationäre Aufenthalt besonders belastet. Sie können in großformatige Projektionen eintauchen und dabei entspannen.

Das kann ein Video der Eisrevue sein oder ein Sonnenuntergang vor idyllischer Kulisse – aber auch Videos von der wegen der Erkrankung verpassten Familienfeier, Bilder der Enkelkinder oder der Haustiere. „Technisch wäre auch eine Videokonferenz möglich“, sagt Thomas Garn, der Leiter der Intensivstation.

Mobiler Einsatz

„Qwiek.Up“ ist im Grunde ein Abspielgerät für digitale Medien und Beamer in einem. Das gut 80 Zentimeter hohe Gehäuse ist auf Rollen mobil einsetzbar. Dadurch benötigt es keinen aufwändigen Aufbau. Das Gerät passt die Projektion automatisch an den Neigungswinkel und die Entfernung an. Die Patienten sehen immer ein rechtwinkliges, scharfes Bild.

Stationiert ist das „Qwiek.Up“ auf der Intensivstation des Kirchlinder Krankenhauses. „Von hier bringen wir es auch auf die Stationen, wo es ebenfalls benötigt wird“, erklärt Thomas Garn. Denn es kommt nicht nur bei Patienten zum Einsatz, die vor einer Operation stehen oder die einen langen Krankenhausaufenthalt als besonders belastend finden.

Pflegende und Mediziner setzen es auch bei Patienten ein, die an Demenz erkrankt sind oder sich im Delir, einem Zustand der Verwirrung, befinden. „Mit dem Projektionssystem können wir den Betroffenen audio-visuelle Eindrücke vermitteln, die sie beruhigen“, erklärt Pflegedirektor Axel Westermann.

Dadurch könne man den Einsatz von Medikamenten reduzieren. Und bei Patienten, die infolge einer demenziellen Veränderung unter einer Desorientierung oder Angstzuständen leiden, könne man auf freiheitsbeschränkende Maßnahmen wie ein Fixieren verzichten.

Marc Wesselmann und Michael Lenke vom Förderverein sowie Pflegedirektor Axel Westermann auf dem Flur vor der Intensivstation des Katholischen Krankenhauses Dortmund-West.
Marc Wesselmann und Michael Lenke vom Förderverein sowie Axel Westermann, Pflegedirektor des Katholischen Krankenhauses Dortmund-West, freuen sich über das zusätzliche Angebot für Patienten. © Uwe von Schirp

„Neben vorgefertigten Modulen können auch Bilder und Videos verwendet werden, die von Angehörigen per USB-Stick zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Michael Lenke, der Vorsitzende des Fördervereins. „Damit können die projizierten Eindrücke individuell und persönlich gestaltet werden.“ Der Förderverein übernahm die Anschaffungskosten und die Schulung der Pflegekräfte. „Insgesamt kommen wir auf einen fünfstelligen Betrag“, sagt Lenke.

Obwohl die positive Wirkung des Geräts bekannt sei, „können solche Installationen über die Investitionsförderung des Landes nicht finanziert werden“, erklärt Pflegedirektor Axel Westermann. „Deshalb sind wir froh und dankbar, dass wir den Patienten dank der Spenden jetzt eine angemessene Unterstützung anbieten können.“

Das Katholische Krankenhaus Dortmund-West gehört zur Katholischen St. Paulus Gesellschaft. Stationsleiter Thomas Garn arbeitete zuvor im zur Gruppe zählenden St. Marien Hospital in Lünen. Das verfügt ebenfalls über das Projektionssystem.

Auch das Altenzentrum St. Lambertus in Castrop-Rauxel setzt „Qwiek.Up“ für seine Bewohner ein. „Anders als ein Krankenhaus, können Senioreneinrichtungen das aber als Investition selbst finanzieren“, erklärt Fördervereinsvorsitzender Michael Lenke.

Christine Schroeder liegt am Nachmittag vor ihrer Operation entspannt in ihrem Krankenbett. „Ich habe vorhin schon einen Spaziergang im Wald gesehen“, erzählt sie. „Wenn man so lange hier liegt wie ich, ist das viel besser, als auf die weiße Decke zu schauen.“

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