So sieht’s im Dortmunder Gefängnis aus. © Archiv

Erzwingungshaft

Jede Woche müssen Dortmunder ins Gefängnis, weil sie Knöllchen nicht bezahlen

Wer im Straßenverkehr zu schnell unterwegs ist und dabei erwischt wird, muss Bußgeld zahlen. Wer das nicht tut, kann sogar im Gefängnis landen. Das passiert relativ vielen Dortmundern.

Dortmund

, 24.01.2020 / Lesedauer: 3 min

Wer in einer Tempo-30-Zone geblitzt wird, muss mindestens 15 Euro berappen. Die sogenannte Erzwingungshaft dient dazu, den Betroffenen zu zwingen, sein Bußgeld zu zahlen, wenn er dies nicht selbstständig tut. Beim überwältigenden Großteil der Betroffenen reicht die Androhung für den Griff ins Portemonnaie aus - aber nicht bei allen.

Im Jahr 2019 sind beim Amtsgericht Dortmund 7555 Erzwingungshaft-Verfahren eingegangen. Die einzelnen Monatszahlen schwanken dabei von 419 bis zu 808 Vorgängen. „In den meisten Fällen wird dann doch schnell das Bußgeld gezahlt“, sagt Richter Jan Schwengers.

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Allerdings gibt es auch recht viele Härtefälle, die sich tatsächlich hinter Schloss und Riegel wiederfinden. Staatsanwaltschaft Henner Kruse teilt auf Anfrage mit, dass in Dortmund im vergangenen Jahr in 103 Fällen die Erzwingungshaft angetreten wurde. Fast zwei Fälle pro Woche.

Die Dauer der Haft richtet sich nach der Höhe der versäumten Zahlung. Laut Gesetz kann sie wegen einer einzelnen Geldbuße bis zu sechs Wochen andauern. „Die vollstreckte Haftzeit lag in Dortmund zuletzt zwischen einem und 20 Tagen“, sagt Staatsanwalt Henner Kruse.

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Neben der Erzwingungshaft gibt es noch Ersatzfreiheitsstrafen. Kann jemand eine Geldstrafe nicht bezahlen, muss er stattdessen einen umgerechneten Tagessatz absitzen. Verdient derjenige zum Beispiel 1500 Euro, ergebe das geteilt durch 30 Tage pro Monat einen Tagessatz von 50 Euro. Sind jetzt 200 Euro Strafe zu zahlen, muss die Person vier Tage lang ins Gefängnis.

„Das ist für uns ein Riesenproblem“, sagt Dortmunds Gefängnisdirektor Ralf Bothge. Etwa 20 Prozent der Insassen seien wegen Erzwingungs- oder Ersatzhaft an der Lübecker Straße eingesperrt. 404 Haftplätze gibt es dort.

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„Ein großer Verwaltungsaufwand“, so Bothge: „Sozialarbeiter sind damit beschäftigt, den Wellensittich des Gefangenen zu versorgen“, doch das eigentliche Ziel des Justizvollzugs - die Resozialisierung eines Kriminellen - könne in nur drei Tagen Gefängnis gar nicht verfolgt werden.

Die meisten Dortmunder, die wegen Knöllchen oder Geldstrafen eingesperrt werden, seien nur drei bis fünf Tage in der JVA, so Bothge. „Das sind ja keine Kriminellen“, sagt der Direktor: „Vielleicht notorische Verweigerer, aber auch viele, die sich die Zahlung einfach nicht leisten können.“

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