Jan Eißfeldt (48) ist der bürgerliche Name des Mannes, den die meisten unter anderen Identitäten kennen. Jan Delay ist seit 25 Jahren sein künstlerisches Alter Ego und steht damit für Funk-Musik mit Anzug und Hut und für jede Menge Energie auf und vor der Bühne.
Wer sich jetzt die Frage stellt, wie schnell 25 Jahre vergehen können, weil das doch gerade eben noch alles frischer Funk in den lahmen, klingeltongeprägten Charts der 00er-Jahre war, der sollte sich den 11. Juli 2025 (Freitag) merken. Dann stehen Jan Delay & Disko No.1 auf der Bühne im Westfalenpark, was Teil einer viermonatigen „Best of“-Tour ist. Tickets kosten knapp 63 Euro im Vorverkauf.
Vor dem Hut war die Cap (die er immer noch gern trägt). Als „Eizi Eiz“ war er Teil der Hamburger Hip-Hop-Crew Beginner. Deren Musik inklusive seiner charakteristisch näselnden Stimme prägten eine ganze Hip-Hop-Generation.
Eißfeldt hat sich einige Monate vor dem Auftritt in Dortmund mit Reporter Felix Guth unterhalten. Dabei erzählt er, warum er sich heute als „Familien-Act“ sieht. Und warum er darüber nicht glücklicher sein könnte.
Am 11. Juli treten Jan Delay & Disko No. 1 mit der 25 Jahre Best-of-Tour im Westfalenpark Open-Air auf. Welche Erfahrungen hast du mit der Location?
Ich habe hier mit den Beginnern schon mal gespielt. Ich mag’s von der Atmosphäre gern. Aber jetzt mit Disko No.1 und großer Band ist es natürlich was komplett anderes.
25 Jahre Jan Delay bedeutet auch immer wieder Tour-Stopps und Erlebnisse in Dortmund. Was verbindest du mit der Stadt?
Ja, Dortmund ist auf jeden Fall schon immer auf unserer Karte, sei es mit den Beginnern, sei es mit Jan Delay.
Es gab also schon zu Beginn der Karriere mit den Beginnern einen Kontakt nach Dortmund?
Ja. Ich meine, allein schon wegen Graffiti. Dortmund ist ja die geheime Graffiti-Hauptstadt Deutschlands. Berlin ist natürlich auch immer krass gewesen, aber was mit Graffiti in Dortmund ging, das hat keine andere Stadt so hinbekommen. Vor allem im Verhältnis zur Größe und zur Lage der Stadt.
Fällt es schwer im Winter schon an Open-Air-Saison zu denken?
Man denkt eigentlich das ganze Jahr an Open-Air-Saison, weil durch Corona ist es bei mir so: Ich bin mit der Nase drauf gestoßen worden, dass Open-Air-Spielen eigentlich viel geiler ist. Früher hat man im Winter am Stück getourt und im Sommer hat man Festivals gespielt und ab und zu mal eine kleine Open-Air-Show.
Nach Corona habe ich dann, nachdem alles immer verschoben und wieder ausgefallen ist, gesagt: Die verschobenen Termine machen wir jetzt nur noch im Sommer und draußen, damit wir wissen, dass es auf jeden Fall stattfindet. Da habe ich gemerkt, wie geil das eigentlich ist, draußen zu spielen. Deshalb mache ich das jetzt seit fünf Jahren so, dass ich nur noch draußen spiele und nur noch im Sommer.
Wie kommt diese Open-Air-Strategie beim Publikum an?
Ich habe gemerkt: Jan Delay ist inzwischen ein Familien-Act. Wenn ich draußen spiele, bringen die Leute ihre Kids mit, die rasten alle aus und es ist eine viel geilere Atmosphäre. Du kannst an ganz anderen Orten spielen, es ist volle Hütte, weil die Leute sich freuen, dass so jemand da hinkommt.

Woran merkst du das?
Ein Beispiel: Auf Tour früher spiele ich in Bielefeld in der Seidenstickerhalle im Februar auf einem Mittwoch. Da kommen sogar Leute, die Tickets haben, nicht hin. Einfach nur, weil sie an dem Abend keinen Bock haben, sie müssen am nächsten Tag zur Arbeit und ihre Kinder bringen sie schon gar nicht mit. Und dann spiele ich jetzt im Sommer im Dr. Oetker-Park in Bielefeld und da kommen viermal so viele Leute. Ich laufe durch die Innenstadt und alle schreien „Hey Jan, bis gleich, willkommen“.
Du merkst richtig, was für eine total andere Anziehungskraft das hat. Im Sommer draußen zu spielen ist ein Event und auf Tour irgendwo kalt in der Halle zu stehen, da kommen nur die Hardcore-Fans.
Das passt zu einer Erinnerung, die ich an ein Jan Delay & Disko-No1-Konzert im Dezember 2007 in der Westfalenhalle 3 in Dortmund habe. Das hatte einen tollen Vibe, aber alle standen in einer der, mit allem Respekt, hässlichsten Hallen der Republik.
Ja genau. Aber irgendwie mag ich diese Halle trotzdem. Ich liebe diese Lampen in der Halle 3.
Ja, das stimmt, die haben was...
Es ist eigentlich nur eine alte Turnhalle mit schönen Lampen.
Du hast das Stichwort „Familienevent“ gerade selbst genannt. Wie nimmst du das wahr, dass sich das so entwickelt hat?
Ich liebe das und bin da auch stolz drauf.
Also ist das nichts, wo du denkst: Das ist jetzt aber nicht mehr so cool wie die Hip-Hop-Szene, aus der ich komme?
Ja klar, wenn ich jetzt 25 wäre, dann würde ich es wahrscheinlich nicht so cool finden, aber mit 25 hat man auch keine Ahnung und hält auch ganz viele Dinge für cool, die nicht cool sind. Aber ich werde ja auch irgendwann bald 50 und da gibt es ehrlich gesagt nichts Geileres.
Ich bin für nichts dankbarer, als für den Zustand, dass ich das geschafft habe. Ich habe da ja nicht darauf hingearbeitet, sondern es ist einfach passiert durch das, was ich mache. Es ist dieses Ding, was früher auf Brettspielen stand, von 8 bis 88, das ist wirklich wahr. Ich habe Fans, die sind 80 und ich habe Fans, die sind 8, das ist unglaublich geil.
Auf deinen Social Media-Kanälen gab es Aufrufe, wählen zu gehen, du begleitest seit Jahren das politische Geschehen. Wie hast du die Ergebnisse der Bundestagswahl wahrgenommen?
Ich habe das zur Kenntnis genommen und habe mir halt die Sachen rausgepickt, die mir gute Laune schaffen. Wie zum Beispiel, dass Christian Lindner endlich weg ist. Also, meine Angst vor diesem ganzen Rechtsruck war 2017, 18, 19 viel größer als jetzt. Das, was jetzt passiert, zeigt ja auch, dass diese Angst damals sehr berechtigt war.
Aber wie das immer so ist, stumpft man mit der Zeit ab und gewöhnt sich an alles. Jetzt muss man halt damit dealen und dafür sorgen und zusehen, dass das nicht überhandnimmt.
Aber ich sehe dann so eine Karte mit den höchsten Stimmanteilen in den Bundesländern und ganz Westdeutschland ist schwarz und ganz Ostdeutschland ist blau. Letztendlich zeigt mir das aber auch, dass es sowohl im Westen als auch im Osten auch noch Leute gibt, die so sind wie ich. Die werden einfach nicht repräsentiert in dieser Karte, genauso wenig wie ich repräsentiert bin in dieser Karte.
Man muss sich einfach immer vor Augen halten, dass man nicht allein auf einer Insel lebt, sondern dass man da mit ganz vielen tollen Menschen lebt. Man muss einfach dafür sorgen, dass es dieser Insel weiter gut geht.