Grippe-Impfungen gibt es jetzt auch in der Apotheke. Der Dortmunder Ärztesprecher ist davon nicht angetan.

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Influenza: Dortmunds Ärztesprecher findet Apotheken-Impfungen „mutig“

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Grippe-Impfungen gibt es jetzt auch in ausgewählten Apotheken. Ein bekannter Dortmunder Arzt ist davon nicht begeistert. Er sieht Gefahren. Ein Apotheker hält dagegen.

Dortmund

, 29.10.2021, 11:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Die Corona-Pandemie hatte auch etwas Gutes: Wegen der Schutzmaßnahmen ist die Grippe-Welle in der Saison 2020/2021 quasi ausgefallen. Jetzt, ein Jahr später, ist die Situation aber eine andere. Dank der Corona-Schutzimpfungen gibt es viele Lockerungen. Abstände bei Konzerten können wegfallen, Restaurant- und Clubbesuche ohne Maske sind möglich.

Der Nährboden für die Grippe-Saison 2021/2022 ist also da. Um die Grippeschutzimpfung besser unter die Leute zu bekommen und die Impfquote zu steigern, wird in dieser Saison testweise in einigen Apotheke geimpft. Auch in Dortmund, zunächst allerdings nur für AOK-Versicherte.

Impfung ist ein invasiver Eingriff

Der Dortmunder Hausarzt und Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL), Dr. Prosper Rodewyk, hält von den Grippe-Impfungen in Apotheken nicht viel. In seiner Hörder Praxis würden 50 bis 70 Grippe-Impfungen verabreicht werden und „das machen wir so nebenher“, so Rodewyk. „Es ist ja nicht das Problem, dass wir es nicht schaffen, die Leute [in den Arztpraxen] zu impfen.“

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Er findet die Apotheken-Impfungen „mutig“, da es sich dabei um einen „invasiven Eingriff“ handele. Es gebe genügend Menschen mit allergischen Reaktionen auf eine Impfung oder mit Blutgerinnungsproblemen. Deshalb sei es wichtig, dass ein Arzt in der Nähe von frisch Geimpften ist.

Dr. Prosper Rodewyk ist Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, also Sprecher der niedergelassenen Ärzte in der Region Dortmund. Er hat außerdem eine Hausarzt-Praxis in Hörde.

Dr. Prosper Rodewyk ist Bezirkssprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, also Sprecher der niedergelassenen Ärzte in der Region Dortmund. Er hat außerdem eine Hausarzt-Praxis in Hörde. © Björn Althoff

Außerdem werde in dieser Saison ein neuer, effektiverer Grippe-Impfstoff an Über-60-Jährige verabreicht. Laut Rodewyk gebe es noch keine Erfahrungen über etwaige Nebenwirkungen. Der Hausarzt merkt außerdem an, dass dieser neue Impfstoff auf Hühnereiweiß basiere – wogegen einige Menschen allergisch seien.

Eine Ergänzung, keine Konkurrenz

Michael Beckmann, Apotheker und Inhaber der Markt-Apotheke in Aplerbeck sowie Sprecher des Apothekenverbands Westfalen-Lippe (AVWL), kann mit der Kritik wenig anfangen. „Wir wollen den Ärzten nicht ihre Impflinge wegnehmen“, erklärt Beckmann. Es ginge bei dem Testlauf nur darum, die Impfquote zu erhöhen.

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„Wir sind die Ergänzung zum Arzt, nicht die Konkurrenz“, sagt er. Beckmann habe in seiner Apotheke die Erfahrung gemacht, dass sich gerade die Patientinnen und Patienten gegen die Grippe impfen lassen, die nicht zum Arzt gehen. Die Apotheke sei niederschwelliger. Er vergleicht es mit der Corona-Impfung im Stadion: „Wir holen die Leute ab, wo sie sind.“

Michael Beckmann ist Apotheker – er betreibt die Markt-Apotheke in Aplerbeck. Außerdem ist er Sprecher des Apothekerverbands Westfalen-Lippe in Dortmund.

Michael Beckmann ist Apotheker – er betreibt die Markt-Apotheke in Aplerbeck. Außerdem ist er Sprecher des Apothekerverbands Westfalen-Lippe in Dortmund. © Oliver Schaper

Zumal die Idee ja nicht von den Apothekern selbst stammen würde, sondern von der Politik, vom Gesundheitsministerium unter Jens Spahn (CDU). Und die Ärzte hätten seiner Ansicht nach eh genug mit Corona-Booster-Impfungen zu tun.

Nur selten Impfreaktionen

Über Impfreaktionen macht sich Beckmann auch eher wenig Sorgen. Das passiere statistisch nur selten. Außerdem: Das Personal, das die Grippeschutzimpfungen verabreiche sei „theoretisch und praktisch geschult“ worden.

„Wir fragen die Patienten vorher genau ab, Risikogruppen impfen wir nicht“, so Beckmann. In seiner Apotheke würden zum Beispiel Allergiker oder Bluter zum Arzt geschickt werden. „Da sind die besser aufgehoben“, gibt er zu.

Sollte doch der Ernstfall nach der Impfung eintreten, ein anaphylaktischer Schock aufgrund einer Allergie zum Beispiel, würde man natürlich den Notarzt rufen. Beckmann: „Das machen die beim Hausarzt auch nicht anders.“

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Das sei auch unabhängig von den Impfungen das Tagesgeschäft des Apothekers. „Pro Tag kommen 200 Leute in meine Apotheke, die mir ihre Symptome beschreiben“, berichtet Michael Beckmann. Und immer müsse er schauen, ob es ausreicht, Medikamente zu geben oder die Menschen zum Arzt zu schicken.