In Dortmund-Dorstfeld ist ein Angstraum bewusst geschaffen worden

© Kevin Kindel

In Dortmund-Dorstfeld ist ein Angstraum bewusst geschaffen worden

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Nicht allen Dortmundern ist daran gelegen, Angsträume zu bekämpfen. Viele Bürger trauen sich nicht ins Dorstfelder Zentrum - was von einer kleinen Gruppe genau so gewollt ist.

Dortmund

, 14.11.2019, 04:30 Uhr / Lesedauer: 2 min

Angsträume entstehen im Stadtbild für gewöhnlich schleichend über Jahre. Unübersichtliche Ecken verwildern oder Laternen fallen aus und werden nicht repariert, so dass sich die Menschen im Dunkeln unsicher fühlen.

Es gibt aber auch Angsträume, die absichtlich geschaffen werden. So wie am Wilhelmplatz oder an der Ecke der Emscherstraße zur Thusneldastraße in Dorstfeld. „Nazi-Kiez“ stand dort lange auf Wände gemalt. Wenige dort wohnende Neonazis haben bewusst einen Angstraum geschaffen, um Andersdenkende fernzuhalten.

Befremdliches Klima für Menschen mit Migrationshintergrund

Der Stadtteil ist insgesamt sehr heterogen, es gibt viele verschiedene Wohngebiete auf relativ kleiner Fläche. Doch zwei Gruppen von Menschen geben an, im Dorstfelder Zentrum ungern unterwegs zu sein: Bürger, die sich linkspolitisch engagieren und vor allem Dortmunder mit Migrationshintergrund.

„Insbesondere die wunderschöne Gegend rund um die Emscherstraße“, vermeide er ganz bewusst, sagt David Schuller ironisch. „Für einen Menschen mit Migrationshintergrund ist das lokale Klima dort ein wenig befremdlich“, meint der junge Mann. Viele Dortmunder werden durch die Präsenz der Neonazis eingeschüchtert.

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Deborah Schiszler ist in Dorstfeld aufgewachsen und meint: „Ich habe in Dorstfeld mehr glückliche Leute mit Migrationshintergrund gesehen als Nazis. Wenn ich so darüber nachdenke, sieht man die nur bei den Kundgebungen am Wilhelmplatz.“

An der Emscherstraße wehten im Spätsommer demonstrativ schwarz-weiß-rote Fahnen an einem Wohnhaus. Ein Stadtteil mit rund 15.000 Einwohnern hat durch weniger als 50 Personen bundesweit ein schlechtes Image bekommen.

Großer Schwerpunkt der Polizei in Dortmund

Die Stadtverwaltung ist entschieden bemüht, diesem Image entgegenzuwirken. Die berüchtigten „Nazi-Kiez-Graffiti“ an den Wänden sind Anfang September übermalt worden, was zahlreiche Demonstrationen der Neonazis auslöste.

Die Polizei möchte die Emscherstraße aktuell mit Kameras zur Videoüberwachung ausstatten, 2020 sollen sie in Betrieb genommen werden. Polizeipräsident Gregor Lange betont regelmäßig mit Blick auf Dorstfeld, dass es nicht sein dürfe, dass sich Fußgänger in manche Straßen nicht hineintrauen.

„Die geballte Anwesenheit von rechtsextremistischen Straf- und Intensivtätern führt bei entsprechenden Personenkreisen zu Angst und Einschüchterung“, heißt es auf Anfrage von der Polizei.

Ein „zielgerichtetes und 2016 verstärktes Präsenzkonzept“ in Dorstfeld mit offenen und verdeckten Maßnahmen halte den „Kontroll- und Strafverfolgungsdruck“ auf die Szene permanent auf hohem Niveau, so die Polizei. Der Wilhelmplatz selbst sei allerdings nicht für besonders viele Straftaten oder viele Beschwerden bekannt.

Serie

Angsträume in Dortmund

Unsere Redaktion hat über ihre Facebook-Seite knapp 50.000 Abonnenten gefragt, welche Orte in Dortmund sie als „Angstraum“ bezeichnen. In einer Serie widmen wir uns den vier am häufigsten genannten Orten, machen Ängste transparent, prüfen das Empfinden und spüren dem nach, was dort für die Sicherheit getan wird. Neben dem Wilhelmplatz sind das die Nordstadt, der Bahnhof Hörde und das Brückstraßenviertel.