„In Datteln kennt mich niemand“: Steht Konditorei Pfeffer vor dem Aus?

© Martin Pyplatz

„In Datteln kennt mich niemand“: Steht Konditorei Pfeffer vor dem Aus?

rnFischer-Lokal

Das hatte sich Konditor-Meister Günther Pfeffer anders vorgestellt. Im Juni 2020 übernahm er ein florierendes Geschäft von Manfred Fischer – und einiges lief schief. Die Nerven liegen blank.

Datteln

, 06.01.2022, 12:15 Uhr / Lesedauer: 3 min

„Keiner in Datteln weiß, wer ich bin“, sagt Günther Pfeffer. „Ich bin einer der 100 besten Konditor-Meister in Deutschland.“ Der 54-Jährige sitzt in einem leeren Café an der Hohen Straße 17. 60 Sitzplätze stünden hier für Gäste zur Verfügung, zum Kaffeetrinken, für ein Stück Kuchen, aber auch für den Genuss einiger selbstgemachter Pralinen und sogar zum Frühstücken.

Ein Gast sitzt an diesem Nachmittag an einem Tisch in der Nähe der Verkaufstheke, die sich im vorderen Bereich des Ladens befindet. Ab und an kommt Kundschaft, kauft eine Kleinigkeit für unterwegs oder zu Hause und verlässt das Geschäft wieder. Das allein reicht nicht, um den großen Betrieb mit eigener Küche und Backstube auf Dauer aufrechtzuerhalten.

„Der Herr der Torten“: Manfred Fischer war in Datteln sehr beliebt

Rückblick: Im Juni 2020 war es so weit, Manfred Fischer ging mit 76 Jahren in den Ruhestand. 53 Jahre lang war er der „Herr der Torten“ in Datteln und Umgebung, versüßte Hochzeiten, Geburtstage, Oster- und Weihnachtsfeste – oder auch einen ganz gewöhnlichen Nachmittag mit seinen Teilchen-Kreationen.

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Eine Lücke wollte er in Datteln nicht hinterlassen und präsentierte mit Günther Pfeffer einen Nachfolger vom Fach. 25 Jahre war dieser in namhaften Häusern auf der ganzen Welt unterwegs, machte sich schließlich in Miltenberg in Bayern selbstständig. Das Geschäft lief gut, dennoch strebte Pfeffer nach Veränderung. Denn dort lebte die Konditorei vom Tourismus.

Günther Pfeffer in seiner Backstube im hinteren Bereich des Ladenlokals

Günther Pfeffer in seiner Backstube im hinteren Bereich des Ladenlokals © Martin Pyplatz

Der Andrang war drei Monate im Jahr – im Sommer, wenn reichlich Touristen kamen – besonders groß, das Stresslevel hoch. Das restliche Jahr war es ruhiger. Pfeffer wollte einen durchgängigen, gut laufenden Betrieb. Er stellte sich vor, sich mehr und mehr aus der Backstube zurückziehen zu können, Verantwortung an Mitarbeiter abzugeben und sich auf die Ausbildung der neuen Generation konzentrieren zu können.

Mitarbeiter kündigen nach der Übernahme: Große Verluste

Schnell sollte sich herausstellen: falsch gedacht! „Die Übernahme lief schief“, bilanziert Günther Pfeffer rund eineinhalb Jahre später. Zwölf Mitarbeiter zählte die Konditorei Fischer, heute sind es zwei. „Ich stand im September 2020 ohne Personal da, mit 20.000 Euro Verlust“, sagt Pfeffer, „hätte ich die Gewinne aus Miltenbach nicht mit nach Datteln genommen, wäre ich dann pleite gewesen.“

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Natürlich habe ihm auch die Corona-Zeit inklusive Lockdown zugesetzt, erklärt der Konditor-Meister. Doch so richtig angenommen von den Dattelnern fühlt er sich nicht. „Keiner in Datteln hat sich mit mir beschäftigt“, bemängelt er. Denn dann wüssten die Dattelner, dass seine Qualitätsansprüche eben ihren Preis haben – einer der größten Kritikpunkte der treuen, ehemaligen Fischer-Stammkundschaft. „Ich zahle zehn Euro mehr pro Kilo für Kaffee als Herr Fischer“, sagt Günther Pfeffer, „der wird sonst nur in den Spitzen-Gastronomien serviert.“ Und auch bei seinen Kuchen und Teilchen sowie bei seinen Schokoladen-Spezialitäten achte er auf die Qualität der Produkte – und eben nicht auf den Preis. „Und da kann ich ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte nicht für 2,30 Euro verkaufen, sondern muss 3,60 Euro nehmen und werde noch auf 3,95 Euro erhöhen müssen.“

Kunstwerke haben ihren Preis: Dattelner sind das nicht gewohnt

„Und damit liege ich im Konditor-Vergleich noch im Mittelfeld“, sagt Pfeffer. Sein Beruf sei eben nicht nur (Luxus-)Handwerk, sondern auch Kunstwerk. Manfred Fischer war hingegen darauf bedacht, seine beliebten Produkte so günstig wie möglich zu halten für seine Kunden. Dass die Dattelner nach der jahrzehntelangen Billigpreis-Politik natürlich überrascht sind, das kann Günther Pfeffer grundsätzlich schon verstehen. „Aber sie geben mir ja keine Chance“, sagt er, „dann würden sie erkennen, warum die Produkte, wie ich sie zubereite, ihren Preis haben, warum und wofür sie bezahlen.“

Doch lange kann und will sich Günther Pfeffer sein leeres Ladenlokal nicht mehr anschauen. „Wenn die Umsätze in den nächsten drei Monaten nicht hochgehen, dann wird es diesen Betrieb nicht mehr geben“, sagt er. Die Enttäuschung ist groß bei dem Konditor-Meister, dass sein Projekt in Datteln kurz vor dem Scheitern steht. Bisher habe er überall erfolgreich gearbeitet, sein Geschäft in Miltenberg warf gutes Geld im fünfstelligen Bereich ab – in Datteln ist das nicht so. „Ich verkrafte es, meine Frau nicht. Sie belastet es, wenn die Kunden im Laden schimpfen“, sagt er.

Konditor glaubt weiter an den Erfolg - doch das Ende ist nah

Hätte er vorher gewusst, wie es laufen wird, dass der Traum vom eigenen Lokal im Herzen von Datteln eher ein Alptraum wird, „dann hätte ich es wohl nicht gemacht“, blickt der 54-Jährige etwas wehmütig zurück an die Zeit in Miltenberg. Nicht zuletzt hat er in den Umbau des etwas in die Jahre gekommenen Fischer-Lokals auch eine beachtliche Summe investiert. Doch die Hoffnung, dass seine Produkte wertgeschätzt werden, stirbt zuletzt. Über Online-Anbieter versucht er nun, seine Pralinen, Teilchen und Kuchen auch über die Dattelner Stadtgrenzen hinaus bekannter zu machen. „Es gibt hier in der Region nicht viele“, sagt er, „vor allem nicht welche, die auf Pralinen spezialisiert sind.“ Doch das Ende scheint nah.