
© Sarah Rauch (Archiv)
Impfpflicht bei Großveranstaltungen? – „Dann wird man nur überzogen mit Klagen“
Konzerte und Co.
Der Bundes-Chef der Eventwirtschaft fordert Konzerte ohne Abstand nur für Corona-Genesene und -Geimpfte. Ungeimpfte sollen draußen bleiben. Aus Dortmund gibt es darauf unterschiedliche Reaktionen.
Ziemlich genau die Hälfte aller Dortmunder ist inzwischen vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Bundesweit wird währenddessen über Erleichterungen für Geimpfte oder Beschränkungen für Ungeimpfte diskutiert.
„Wenn das Infektionsrisiko bei Getesteten zu groß ist, müssen Veranstaltungen nur für Geimpfte und Genesene erlaubt werden“, wird Jens Michow, Präsident des Bundesverbands der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, in einem Agenturbericht zitiert.
Michow: „Es gibt nur diesen Weg“
„Im Bereich der Großveranstaltungen und Konzerte gibt es spätestens ab Ende September, wenn jeder ein Impfangebot bekommen hat, nur diesen Weg“, sagte Michow demnach. Dieser sei deutlich besser als die Alternative mit Abstand und begrenzter Kapazität. Wer sich weigere, geimpft zu werden, könne nicht erwarten, dass der Rest der Bevölkerung darunter leide.
Zu einer eindeutigen Stellungnahme für oder gegen diese Art der partiellen Impfpflicht lässt sich Westfalenhallen-Sprecher Robin Uhlenbruch nicht verleiten. Aber er sagt: „Mit unserem Hygienekonzept ist die Messe Dortmund für die Herausforderungen bestens gewappnet.“
Es sei in den kommenden Monaten weiter erforderlich, „die aktuell geltenden Maßnahmen und Regelungen konsequent weiterzuentwickeln und an neueste Standards anzupassen“, so Uhlenbruch.
Das jetzige Konzept aus Genesung, Impfung oder höchstens 48 Stunden altem negativen Schnelltest und Mund-Nasen-Schutz-Pflicht führe aktuell dazu, dass die Messe Dortmund „alle relevanten Voraussetzungen für eine sichere Messeteilnahme in Corona-Zeiten“ erfülle.
„Ich halte die Impfung für alternativlos“
Messen sind aber auch in der aktuellen abgespeckten Form noch deutlich näher am Normalzustand als Konzerte. „Ich halte die Impfung für alternativlos“, sagt Alex Richter, Geschäftsführer der Warsteiner Music Hall: „Man sollte jeden einzelnen überzeugen, sich impfen zu lassen.“
Eine „Ausgrenzung“ bei Konzerten oder anderen Events halte er aber für kontraproduktiv. Für Richter sei auch das 3G-Modell (genesen, geimpft, getestet) zielführend. Es müsse ein sicheres System für Testungen geben.
Kapazitätsbeschränkungen, Abstandsregeln und Masken führen aus Richters Sicht dazu, „dass sich Konzerte unter diesen Voraussetzungen entmystifizieren und mittelfristig der kompletten Branche nachhaltig schaden werden“.
Matthias Schmidt vom FZW sagt zur Aussage des Branchen-Chefs: „Herr Michow hat schon Recht.“ So eine Vorgabe, nur Geimpfte und Genesene zuzulassen, müsse aber von der Politik festgelegt werden. „Wir brauchen Rechtssicherheit“, so Schmidt: „Es ist keinem gedient, wenn wir das als Privatveranstalter entscheiden. Dann wird man nur überzogen mit Klagen wegen Diskriminierung.“
Simon Schlomberg, dessen Agentur Neovaude unter anderem das Open-Air-Kino auf dem Phoenix-West-Areal organisiert, sagt ganz offen: „Wir sehen uns nicht in der Lage, qualifiziert zum nationalen Infektionsgeschehen Stellung zu beziehen und setzen daher vor allem auf die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten aller Disziplinen.“
Die Gesundheit und Sicherheit stehe jedenfalls immer an erster Stelle. „Dafür müssen wir alles tun und weiterhin verantwortungsvoll miteinander Lösungen erarbeiten, die Infektionen reduzieren oder noch besser verhindern“, so Schlomberg.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
