Immunologe Watzl sieht Ende der Corona-Pandemie nahen „Vielleicht bald vergleichbar mit Grippe“

„Vielleicht bald vergleichbar mit der Grippe“: Ist die Pandemie vorbei?
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Stecken wir noch in der Corona-Pandemie - oder kann man inzwischen von einer endemischen, also einer begrenzteren, Infektionslage sprechen? Der Dortmunder Immunologe Prof. Dr. Carsten Watzl sagt: „Ich traue mich zu sagen, dass wir auf dem Weg sind.“

Die Definition des Pandemie-Begriffs sei nicht ganz einfach, erklärt der Professor der TU Dortmund. Unter anderem sei damit die Verbreitung eines bisher unbekannten Virus gemeint, was auf Sars-Cov-2 inzwischen nicht mehr zutrifft: „Wir wissen, was es ist, und können dagegen impfen“, so Watzl.

Für ihn spiele bei der Bewertung eine zentrale Rolle, welche gesellschaftlichen Maßnahmen bei der Infektionsvermeidung noch nötig sind. Dazu beobachte er die Regeländerungen in anderen deutschen Bundesländern wie etwa Bayern, wo Isolations- und Maskenpflicht (in Bus und Bahn) kürzlich gestrichen worden sind.

Zur ganz frisch abgelegten Maskenpflicht könne man noch keine Aussagen treffen, aber seit dem Ende der dortigen Isolationspflicht von Mitte November seien jedenfalls keine stark hochgeschnellten Ansteckungszahlen aufgefallen.

Geringe Inzidenz in Bayern

Die 7-Tage-Inzidenz liegt in Dortmund am 15.12. bei einem Wert von 264. Der bundesweite Schnitt liegt bei 240, der für Nordrhein-Westfalen bei 300. Für Bayern nennt das Robert-Koch-Institut nur 120 Infektionen pro 100.000 Einwohner binnen 7 Tagen.

Laut Stadt Dortmund müssen 3 Corona-Patienten hier beatmet werden (Stand ebenfalls 15.12.). Seit August hat es nie mehr als 4 Betroffene gleichzeitig gegeben. Zum Höhepunkt, als im Mai 2021 die nächtliche Ausgangssperre verhängt war, waren es 39.

„Es ist kein Schnupfen“

Jedoch meldet das Gesundheitsamt weiterhin immer wieder Menschen, die ursächlich an der Corona-Infektion gestorben sind. Carsten Watzl betont, dass das Virus weiterhin nicht zu verharmlosen sei, auch etwa mit Blick auf Long Covid: „Es ist kein Schnupfen, vielleicht aber bald vergleichbar mit der Grippe, idealerweise mit Impfung.“

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Wenn sich die aktuelle Entwicklung in den kommenden Wochen bestätige, könne man aus Watzls Sicht dazu übergehen, Schutzmaßnahmen vollständig zur persönlichen statt zur gesamtgesellschaftlichen Aufgabe zu erklären. Feste Regeln, die für alle vorgeschrieben sind, wären dann also nicht mehr nötig.

Das Restrisiko, schwer an Covid-19 zu erkranken, könne sich womöglich einreihen in zahlreiche (kleinere) Risiken, die jeder Mensch im Alltag eingeht, etwa bei Autofahrten. Vorsichtig formuliert der Immunologe: „Wenn wir gut durch den Winter kommen, können wir im Frühjahr vielleicht die Endemie ausrufen.“

Carsten Watzl ist Professor an der Technischen Universität in Dortmund. Am Leibniz-Institut für Arbeitsforschung ist er Leiter des Forschungsbereichs Immunologie. Als RN-Experte beurteilt und kommentiert er für uns aktuelle Entwicklungen rund um die Themen Coronavirus und Grippe.

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