Bei der Party Zirkus Elektronikus wird das das Daddy Blatzheim zum Party-Zirkus. © Muto

Dortmunds Disko-Legenden

Im Daddy Blatzheim an der Buschmühle wird mitten im Westfalenpark gefeiert

Im Westfalenpark treffen sich nicht nur Spaziergänger, sondern auch Nachtschwärmer: Seit 2011 gibt‘s dort den Club Daddy Blatzheim. Einmal wäre beim Feiern fast die Decke durchgebrochen.

Dortmund

, 24.11.2018 / Lesedauer: 8 min

Wer in Dortmund einen idyllischen Ort sucht, finde ihn an der Buschmühle im Süden des Westfalenparks. Wer den Eingang zum Park hinter sich gelassen hat, den erwartet – vor allem im Sommer – das perfekte Panorama im Grünen. Auf dem langgezogenen Buschmühlenteich haben es sich Enten bequem gemacht, drumherum ist alles Grün. Auf der Wiese spielen Kinder, während sich die Eltern im Schatten auf Decken ausruhen. Spaziergänger und Sportler laufen über die Wege.

Und trotz aller Idylle floriert hier das Leben – vor allem abends. Im Seepavillon und im Treibhaus werden Hochzeiten und Geburtstage gefeiert, am Spaten-Garten wird gegrillt und in dem 50er-Jahre-Bau gegenüber dem Teich gibt‘s unten Essen und oben Party. Seit 2011 ist dort, im ersten Stock, der Club Daddy Blatzheim zu Hause. Betrieben wird er von zwei Dortmundern, die sich im Nachtleben bestens auskennen, an einem Ort, der schon im 19. Jahrhundert ein Besuchermagnet war.

Das Daddy Blatzheim.

Die Geschichte der Buschmühle

Die Buschmühle liegt direkt an der Emscher. Schon im 14. Jahrhundert ist dort eine Mühle errichtet worden, die Bezeichnung „Busch-Mühle“ findet sich erstmals in Unterlagen aus dem Jahr 1691. 1894 eröffnete die Adels-Familie Romberg dort ein Ausflugslokal.

Das Buschmühlenareal mit dem ersten Restaurant, das die Familie Romberg Ende des 19. Jahrhunderts bauen ließ. © Sammlung Jünger

Das Restaurant mit verglaster Veranda hatte einen Festsaal mit Platz für 300 Gäste und wurde als „Etablissement ersten Ranges“ gepriesen. 50 Jahre später, im Mai 1944, wurde es bei einem Bombenangriff während des Zweiten Weltkriegs komplett.

Der Neubau im Bauhaus-Stil

Und erst 1959, mit der Eröffnung des Westfalenparks, wurde an der Buschmühle wieder ein Lokal aufgebaut. Es war ein Gebäude im Bauhaus-Stil, das bundesweit Beachtung fand. Ein kubischer, zweistöckiger Bau mit Flachdach und Glasfassade. Eine doppelläufige Treppe führte vom Obergeschoss auf eine vorgelagerte Freiluft-Tanzinsel auf dem See. Getanzt wurde also auch 1959 schon an der Buschmühle.

So sah das Buschmühlen-Gebäude ursprünglich aus. Gebaut im Bauhausstil mit einer doppelläufigen Treppe, die auf eine Tanzinsel auf dem See führte. © Stadtarchiv

Die einstige Pracht des Bauwerks ist heute nur noch teilweise zu erkennen. Vor allem zu den Bundesgartenschauen 1969 und 1991 wurde das Gebäude umgebaut und damit auch verbaut. Die doppelstöckige Treppe verschwand ebenso wie ein Großteil der Glasfronten, auf die Tanzinsel kam der Seepavillon. Ins obere Stockwerk zog das Deutsche Kochbuchmuseum ein, unten gab es weiterhin ein Restaurant, das aber nicht allzu stark frequentiert war. Die Buschmühle geriet über die Jahre mehr und mehr in Vergessenheit.

Die Idee zur Neugestaltung des Buschmühlenareals

Es war 2010, als sich Jan Möller und Philip Winterkamp das Areal einmal genauer ansahen. Die beiden hatten in den 2000er-Jahren die Muto-Heimatgastronomie gegründet und sich im Nachtleben und der Gastroszene mit einigen Projekten einen Namen in Dortmund gemacht. Sie waren die Macher des Stranddecks auf dem Kaufhof-Parkhaus, sie hatten für ein halbes Jahr den erfolgreichen Club Bosch Bobby im ehemaligen Bosch-Haus an der B1 betrieben und hatten zu der Zeit mit dem Clubraum 74 im Signal-Iduna-Park ein weiteres vielversprechendes Projekt laufen, das allerdings wenig später scheiterte.

So sah das Obergeschoss an der Buschmühle aus, als dort noch das Kochbuchmuseum zu Hause war. © Muto

Von dem Buschmühlenareal und vor allem dem Gebäude im 50er-Jahre-Stil waren die beiden Gastronomen sehr angetan. Sie entwickelten eine Idee, wie man das Gelände wieder beleben könnte und bewarben sich mit ihrem Initiativkonzept bei der Stadt. Dieses Konzept beinhaltete fünf Punkte: Der Seepavillon sollte ein Raum für Feiern bleiben, aus dem Spaten-Garten, bis dahin nur ein Grillplatz, sollte ein Biergarten werden.

Das Restaurant würde mit neuem, modernen Konzept fortgesetzt, im oberen Geschoss sollte ein Club entstehen. Und die Seebühne sollte zu einem Strand für Open-Air-Partys werden, wie damals beim Stranddeck. Bis auf letztere Idee, die an Bauauflagen scheiterte, durften Jan Möller und Philip Winterkamp alle Ideen umsetzen.

Die Eröffnung des Daddy Blatzheim

Im März 2011 eröffnete das Restaurant Schürmanns im Park, mit dem Tanz in den Mai folgte wenige Wochen später die Eröffnung des neuen Clubs Daddy Blatzheim. „Bei der Eröffnung war damals gar nichts los“, erinnert sich Jan Möller. Doch nur zwei Wochen später konnten zumindest die Mitarbeiter von Borussia Dortmund ein erstes Mal erahnen, was für ein Partypotenzial das Gelände hatte: Zur gewonnenen Meisterschaft 2011 ließ der BVB an der Buschmühle eine rauschende Party für seine Mitarbeiter ausrichten (die Fußball-Profis feierten im View im U-Turm).

Das Buschmühlen-Areal bei Nacht: oben das Daddy Blatzheim, unten das Restaurant Schürmanns im Park. © Muto

Danach dauerte es noch einige Wochen, bis sich der neue Club auch unter den übrigen Nachtschwärmern herumgesprochen hatte. Heute, sieben Jahre später, ist das Daddy Blatzheim ein fester und wichtiger Bestandteil des Dortmunder Nachtlebens und ein beliebter Ort für Partyveranstalter.

Den langgezogenen Raum im Obergeschoss ließen die neuen Betreiber optisch so gut wie unberührt. Der edle Holzboden, der schon 1959 eingebaut worden war, blieb drin. Passend dazu ließen sie eine langgezogene Theke mit Holzelementen einbauen. „Und das erste, was wir damals gemacht haben, war, ein Loch in den Boden zu bohren, um eine Bierleitung von unten nach oben legen zu können“, sagt Jan Möller.

Unter der LED-Leuchtdecke tanzen seit 2011 die Nachtschwärmer im Daddy Blatzheim. © Muto

Zudem musste der Raum für den Clubbetrieb technisch aufgerüstet werden. An der Decke über der Tanzfläche ließen Jan Möller und Philip Winterkamp statt Discokugel eine LED-Decke installieren, die dem Club eine besondere Atmosphäre gibt. „Die ist ein absoluter Hingucker“, sagt Gast Martin Zaczkowski. Besonders cool finde er, dass sich die LED-Decke farblich jeder Party und Musikrichtung anpassen. Von der großen Terrasse im Club haben die Gäste den perfekten Blick auf See und Park.

„Unser Alleinstellungsmerkmal ist sicher die Lage“, sagt Jan Möller. Klar, Laufkundschaft habe das Daddy Blatzheim da unten im Park nicht. „Aber es hat auch viele Vorteile. Es ist doch etwas anderes, in einem Park zu feiern als in der City“, sagt Möller. Die Gäste kämen ganz gezielt und blieben meistens die ganze Nacht. Disco-Hopper kämen selten. Das erspare auch viel Stress. „Die Leute nehmen den Weg auf sich und werden mit der schönen Atmosphäre belohnt.“

Alles ist zentral: Terrasse, Bar, Tanzfläche

So sieht es auch Martin Zaczkowski. Als er das erste Mal im Daddy Blatzheim feiern ging, habe er es sich noch gefragt, wie er da hinkommen soll. „Aber von der Bahnhaltestelle (Westfalenhallen Anm. d. Red.) ist der Weg gar nicht so lang“, sagt er. Dass der Club außerhalb liege, habe gerade den Vorteil, „dass es keinen stört, wenn es mal lauter ist und für wenig Geld ist man schnell in der Stadt und kann mit dem Nachtexpress nach Hause.“

Er liebe, sagt Martin Zaczkowski, Clubs wie das Daddy Blatzheim, „weil alles so zentral ist: eine rauchen, zur Bar, dann ab zur Tanzfläche.“ Selbst wenn man sich mal durchquetschen müsse, störe das nicht. „Und doch findet man immer eine ruhige Ecke, wo man mal quatschen und sich hinsetzen kann.“

Die Terrasse des Daddy Blatzheims. © Muto

Ein Clubkonzept ohne feste Musikrichtung

Inhaltlich entscheiden sich Jan Möller und Philip Winterkamp für ein Konzept, das es heute in Discos immer häufiger gibt. Anders als ihre vorherigen Clubs Bosch Bobby und Clubraum 74 war und ist das Daddy Blatzheim eher ein Veranstaltungsort. Es gibt keine festen DJs, die jedes Wochenende auflegen. Und es gibt auch keine feste Musikrichtung, für die das Daddy Blatzheim steht.

Von Anfang an finden hier etliche Musikgenres und Partyformate ihren Platz. Mal Rock, mal Hip-Hop, mal Elektro. „Man hat so nicht immer die gleichen Gäste im Club“, sagt Jan Möller. Und dennoch gebe es eine Schnittmenge. „Es ist ein Publikum, dem diese Location einfach gefällt.“

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Über die Jahre sind so einige Partyformate gekommen und gegangen. Oft war und ist das Daddy Blatzheim dabei Vorreiter. „Wir versuchen immer wieder neue Veranstaltungsformate zu etablieren und up to date zu sein“, sagt Betriebsleiter Leif Brodherr. „Wir verfolgen da sehr genau den Nerv der Partygänger und deren Vorlieben in Sachen Musik.“ Das wissen die Gäste zu schätzen. „Ich finde es toll, dass die Veranstaltungen wechseln und immer wieder für jeden Musikgeschmack etwas dabei ist“, sagt etwa Martin Zaczkowski.

Eine der erfolgreichsten Partys etwa war die „Yum Yum“ mit Mash-Ups und Mixes. Ein in Dortmund neues Konzept war damals auch die aus Köln kommende Blitzbanger-Party. Die lief ein paar Jahre lang immer donnerstags, von 21 bis 23 Uhr. „Die Leute kamen, zwei Stunden gab es die totale Eskalation und um elf gingen alle wieder nach Hause“, erzählt Jan Möller. Legendär seien vor allem die Abende gewesen, die ein Motto hatten. „Einmal gab‘s eine Kissenschlacht. Da flogen wirklich durch den ganzen Laden die Federn.“

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Ungewöhnlich, vor allem optisch, ist die Elektro-Party Zirkus Elektronikus. Da wird aus dem Daddy Blatzheim ein Zirkus – mit auf Einrädern fahrenden Affen, Feuerspuckern, Clowns und Jongleuren, die die Gäste am Eingang begrüßen und sich unter das Partyvolk mischen. Mittlerweile läuft die Party allerdings nur noch einmal im Jahr, am ersten Weihnachtsfeiertag.

„Die Atmosphäre ist wunderschön“

Veranstalter dieser Party und einiger anderer Formate – aktuell zum Beispiel Yeah 2000, Vibe und Me & My Gurlz – ist die Dortmunder Agentur Et Voila. Schon seit Beginn des Daddy Blatzheims arbeitet die Muto GmbH mit Et Voila zusammen. „Der Standort ist sehr attraktiv. Die Atmosphäre ist wunderschön, die Location hat Flair“, sagt Bruno Hirschmann von Et Voila über das Daddy Blatzheim.

„Wir haben hier schon viele gute Partys gefeiert.“ Hirschmann erinnert sich vor allem an eine „Sommernacht am Teich“ vor zwei oder drei Jahren, als das ganze Buschmühlenareal bei allerschönstem Wetter zum Partygelände wurde. „Das war wie ein großes Sommerfest.“

Playlist: Hören Sie in den Soundtrack der „Bring it Back“-Party im Daddy Blatzheim hinein

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In den vergangenen sieben Jahren standen immer wieder ganz besondere Gäste an den Plattentellern. Im Sommer 2011 etwa gab sich Grandmaster Flash, der US-amerikanische DJ-Pionier des Hip-Hops, die Ehre im Westfalenpark. „Die Bude war voll bis unters Dach“, erinnert sich Jan Möller. „Alle waren außer sich.“ Da hätte es am Ende auch niemanden gestört, dass der Grandmaster ständig „Come on Düsseldorf“ ins Mikro gebrüllt habe.

Der US-amerikanische DJ Grandmaster Flash legte 2011 im Daddy Blatzheim auf. © RN-Archiv

Im vergangenen Jahr kamen, nach ihrem Open-Air-Konzert im Park, Denyo und DJ Mad von den Beginnern ins Daddy Blatzheim und gaben eine Zusatzshow. Auch Björn Beton von Fettes Brot und Die Boys von Deichkind waren schon da.

2015 gab der Rapper Casper in verschiedenen Städten Geheimkonzerte, in Dortmund suchte er sich das Daddy Blatzheim aus – das mit seiner Abgelegenheit perfekt passte. Und Casper und seine Fans gaben so viel Gas, das gleich dreimal der Strom ausfiel und Jan Möller Angst bekam, dass der Boden durchbricht. „Ich saß damals unten im Restaurant. Und sah, wie die Decke über mir immer stärker bebte. Als Casper dann sagte: ,Jetzt mal alle hüpfen‘, da hüpfte es auch hier unten.“

Rapper Casper brachte das Daddy Blatzheim 2015 wortwörtlich zum Beben. © Rüdiger Barz

Mit Kritik, sagt Betriebsleiter Leif Brodherr, gingen sie im Daddy Blatzheim sehr offen um. Der Gast solle immer ein gutes Gefühl haben und sich aufgehoben fühlen. Kritik gibt es – allerdings weniger von Partygästen – immer mal wieder an der Namenswahl für den Club.

Warum der Club nach Romy Schneiders Stiefvater benannt ist

Benannt ist er nach dem ersten Pächter des Gebäudes, Hans Herbert Blatzheim. Der war aber nicht nur als Großgastronom bekannt, sondern vor allem deshalb, weil er der Stiefvater von Romy Schneider war. Die Schauspielerin nannte ihn Daddy Blatzheim. Das Verhältnis der beiden galt als schwierig, Blatzheim soll seine Stieftochter mißbraucht haben. Deshalb gebe es immer mal wieder Kritik an dem Club-Namen, sagt Jan Möller.

Die Entscheidung für diesen Namen habe aber nichts mit dem Menschen Blatzheim zu tun, sagt Möller. „Für uns steht der Name für die Blütezeit dieses Gebäudes.“ Er soll das Gefühl jener Zeit widerspiegeln, als das Gebäude gebaut wurde.

Die Zukunft des Clubs ist unsicher

Trotz allen Erfolgs: Wie lange es das Daddy Blatzheim noch geben wird, ist im Moment unsicher. Der Pachtvertrag der Muto-Heimatgastronomie mit der Stadt Dortmund läuft nur noch bis zum 31. Dezember 2019. „Die Zukunft der Gastronomie an der Buschmühle ist daher zurzeit noch offen“, sagt Jan Möller.

Das fast 60 Jahre alte Gebäude, in dem das Daddy Blatzheim und das Schürrmanns untergebracht sind, muss dringend saniert werden – energetisch, technisch, infrastrukturell. „Ein längeres Engagement in der derzeitigen Gebäudestruktur ist aus unserer Sicht nicht denkbar“, sagt Jan Möller. „Wir können uns aber auch durchaus vorstellen, selbst in einen Neubau zu investieren, um eine langfristige Perspektive für den Standort Buschmühle zu schaffen.“

Zurzeit gebe es deshalb intensive Gespräche mit der Stadt darüber, wie eine Lösung aussehen könnte. Denn aufgeben wollen Jan Möller und Philip Winterkamp den Club und die Gastronomien am Buschmühlenareal nur ungern.

Das wäre auch im Sinne der Nachtschwärmer. „Das Daddy Blatzheim“, sagt Martin Zaczkowski, „ist für das Dortmunder Nachtleben eine wahre Erweiterung.“

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