Ich träume davon, alleine alt zu werden Marie Ahlers (31) über Zukunftspläne ohne Männer

Ich träume davon, alleine alt zu werden: Marie Ahlers (31) über Lebenspläne ohne Männer
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Mit meinen Freundinnen hab ich neulich darüber geredet, wie wir uns unser Leben in ein paar Jahrzehnten vorstellen. Mal angenommen, die Klimakrise ermöglicht uns dann noch ein gutes Leben, träumten wir gemeinsam von einem Leben, wie es die Gruppen von Frauen über 50 führen, die im Restaurant oder Zug negativ auffallen, weil sie ein bisschen lauter sind, als es sich die Gesellschaft gemeinhin von Frauen wünscht.

Eine Freundin möchte gerne eine exzentrische Stadtteil-Persönlichkeit werden, die immer auf zu vielen Hochzeiten tanzt und mit ihrem bunten Kleidungsstil stets ein kleines bisschen daneben liegt. Ihre Haare sind knallrot gefärbt, die Brille schrill. Die andere Freundin träumt von regelmäßigen Tupperpartys, Städtetrips mit ihrer Mädelsgruppe, bei denen sie für die Fahrt im ICE den Sekt mitbringt und man abends zu „Magic Mike“ geht. Unter der Woche geht sie in den Rückenfit-Kurs vom Sportverein im Dorf, zu dem sie mit ihrem bunten Cabrio fährt.

Ein Backsteinhaus nur für mich

Ich hingegen sehe mich in 20 oder 30 Jahren in einem kleinen Backsteinhaus, das ich selbst renoviert und ganz nach meinem Geschmack eingerichtet habe. Ein Wohnzimmer mit kleinem Kamin, ein großer Esstisch, an dem alle meine Freunde Platz haben und vor allem ein großes Hobbyzimmer, das ich zum Basteln, Malen, Werken, Gestalten nutzen kann. Die mal mehr, mal weniger schönen Ergebnisse dieser kreativen Ausbrüche verschenke ich dann an Freunde und Familienmitglieder, die sich darüber zu freuen haben, oder stelle sie im örtlichen Kunstverein aus, nachdem ich monatelang bei den Verantwortlichen darum gebettelt habe.

Ich bekomme viel Besuch, reise regelmäßig (beispielsweise im Rahmen von Städtetrips mit Sekt im ICE) und freue mich jedes Mal danach, in die Ruhe meiner eigenen vier Wände zurückzukehren, die nur mir gehören.

Es wird Ihnen vielleicht aufgefallen sein: Weder in den Zukunftsplänen meiner Freundinnen noch in meinen kommen Kinder oder ein Ehemann vor. Das heißt nicht, dass wir sie kategorisch ausschließen. Gerne teile ich mein Leben im Backsteinhaus mit einem Mann, der zu mir passt. Vielleicht darf er sogar hin und wieder meinen Hobbyraum nutzen. Sicherlich wäre in dem Backsteinhaus auch Platz für ein Kinderzimmer, wenn es sich denn ergibt.

Mann und Kinder müssen zu meinem Leben passen

Ich bin dem Familienleben nicht abgeneigt, ebenso wenig der Vorstellung, mit einem Mann alt zu werden. Aber ich plane nicht damit. Ich habe meine eigenen Träume, Wünsche und Pläne für die Zukunft, zu denen eine Familie und eine Beziehung passen müssen – nicht umgekehrt.

Dass diese Träume wahr werden können, dafür haben Generationen von Frauen vor mir gekämpft und ich bin dankbar dafür. Zwar wird kinderlosen, unverheirateten Frauen immer noch häufig unterstellt, unglücklich, einsam und verbittert zu sein. Das ultimative Ziel einer jeden Frau sei, eines Tages für einen Mann und Kinder zu sorgen. Doch von sozialen Zwängen abgesehen, haben wir zumindest aus rechtlicher und wirtschaftlicher Sicht die Wahl, unser Leben so zu gestalten, wie wir es wollen.

In meinem Traum wohnen übrigens all meine Freundinnen um die Ecke von meinem Backsteinhaus, sodass wir uns selbst mit 90 noch mit dem Rollator besuchen kommen können. Vor Einsamkeit im Alter habe ich keine Angst – selbst ohne Mann und Kinder.

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