
© Andreas Schröter (Selfie)
Ly Hirsch (86) wünscht sich mehr Anerkennung für das Ehrenamt
Serie „Auf ein Eis mit ...“
In unserer Serie „Auf ein Eis mit ...“ erklärt Ly Hirsch ihren ungewöhnlichen Vornamen, berichtet über einen Streit mit Erna David und spricht über Unterschiede zwischen Husen und Asseln.
Bei einem Termin in der Awo-Begegnungsstätte Husen haben wir die Leiterin Ly Hirsch (86) getroffen – und uns sofort auf ein Eis verabredet.
Hallo Frau Hirsch, wie kommen Sie zu Ihrem ungewöhnlichen Vornamen?
Ach, das ist eine längere Geschichte. Eigentlich heiße ich Elisabeth-Gertrud, wurde als Kind jedoch Ilse genannt. Aber weil ich eine Cousine namens Else habe, wurde mein Namen in Lieschen geändert. Das fand ich doof und änderte es in Lie. Mein Mann hat dann schließlich das „ie“ durch ein „y“ ersetzt.
Auweia, klingt kompliziert. Und wie lange machen Sie schon bei der Awo mit?
Ich werde demnächst für 55-jährige Mitgliedschaft geehrt. Als ich 1964 mit Mann und zwei Kindern aus Düsseldorf in die Funkturmsiedlung nach Neuasseln zog – und wir dort zu den ersten Bewohnern gehörten – war das eine Steinwüste und es gab kein gesellschaftliches Leben. „Wir müssen hier etwas machen“, haben wir gesagt. Und weil ich wegen der Kinder nicht gut abends rauskonnte, um vielleicht bei einer Partei mitzumachen, kam ich auf die Awo.
Erinnern Sie sich noch an Einzelheiten aus dieser Zeit?
Ja, wir haben mit Kindern eine Fahrt nach Nottuln gemacht, und ich war eine der jüngsten Betreuerinnen. Der Herbergsvater dort hatte festgelegt, dass alle um 10 Uhr morgens das Haus verlassen mussten und erst um 12 Uhr wiederkommen durften, Und das bei Regenwetter. Da hatte ich zum ersten Mal Streit mit denen. Später sind dann die Windpocken ausgebrochen und wir sollten das ganze Haus desinfizieren. Da habe ich mich strikt geweigert. Da hatte ich schon wieder eine Auseinandersetzung – diesmal mit „Schwester Erna“, die mit vollem Namen Erna David hieß und nach der heute ein Seniorenheim in Brünninghausen benannt ist.
Und irgendwann sind Sie nach Husen gewechselt.
Naja, zunächst habe ich als hauptamtliche Awo-Mitarbeiterin die Sozialstation in Hombruch aufgebaut und dort 13 Jahre gearbeitet. Dort musste ich aufhören, weil ich nach einem Unfall früh berufsunfähig wurde. Ich habe eine Titanplatte in der Halswirbelsäule. Als wir dann 1996 unser Haus in Asseln gebaut haben, habe ich dort bei der Awo mitgemacht. Und als 2008 die Leitungsstelle der Begegnungsstätte in Husen frei wurde, habe ich das gemacht.
Norbert Roggenbach, der Leiter der Awo Asseln/Husen/Kurl hat mir mal erzählt, dass es hier eher Angebote für hochbetagte Senioren gibt.
Ja, das stimmt, der Funke aus Asseln mit Angeboten für Jüngere wie Lauftreffs ist nie nach Husen übergesprungen.
Woran liegt das?
Ich glaube, die Bevölkerungsstruktur von Asseln und Husen ist unterschiedlich. Die Husener Senioren beschäftigen sich, glaub ich, eher selbst oder treffen sich im privaten Rahmen.
Trotzdem soll es nach dem Umbau des Komplexes am Kühlkamp durch den Immobilienbesitzer Alexander König ja weitergehen mit der Awo.
Ja, dann werden wir sicher auch modernere Räume haben. Obwohl: Unsere Klientel mag den etwas angestaubten Charme der jetzigen Begegnungsstätte. Ich denke, dass demnächst viele Senioren nach Husen ziehen werden, weil viele Seniorenwohnungen gebaut werden – vielleicht auch solche, die nicht mehr mobil sind. Und für die muss es dann etwas geben. 2020 sollen wir in die neuen Räume umziehen können.
Sind Sie dann auch noch am Start?
Ja, schon, aber ich versuche auch langsam, eine Nachfolgerin aufzubauen.
Was möchten Sie in diesem Interview noch loswerden?
Ich wünsche mir insgesamt mehr Anerkennung für das Ehrenamt. Es müsste einen Sockel dafür geben und auch mehr Platz und Räume, um die Angebote umsetzen zu können. Nach ihrem Berufsleben haben Senioren noch 30 oder 40 Jahre Zeit, sich in die Gesellschaft einzubringen. Das muss man besser nutzen.
Ich fahre täglich durch den Dortmunder Nordosten und besuche Menschen, die etwas Interessantes zu erzählen haben. Ich bin seit 1991 bei den RN. Vorher habe ich Publizistik, Germanistik und Politik studiert. Ich bin verheiratet und habe drei Töchter.
