Als sie aus ihrem blauen Körbchen zurück in die Voliere kommt, schaut „Toffee“ ein wenig verlegen in die Runde. Ist da etwa eine Spur schlechtes Gewissen zu erkennen? Oder ein leichtes Schwanken? Doch Toffee hat sich im Griff – und begrüßt freudig ihre fünf gefiederten Kolleginnen.
Eine dramatische Geschichte hat ein gutes Ende gefunden: Toffee ist wieder da. Das Schul-Huhn der Aplerbecker Grundschule war tagelang verschwunden – Kinder und Lehrkräfte hatten sich große Sorgen gemacht. Toffees Konterfei hing an vielen Laternenmasten. Hatte der Fuchs sie geholt? Wer hatte sie gestohlen?
Jetzt ist die Freude groß – das Huhn ist am Mittwoch (25.10.) zurückgekehrt, wie Schulleiterin Birgit Dördelmann-Wulff auf Anfrage erzählt. Offenbar hat Toffee, obwohl sie ja eigentlich nur eine Grundschülerin ist, einen alkoholisierten Ausflug in die große Stadt unternommen.
Feuchtfröhliche Feier
Wie kam es dazu? Jugendliche hatten das Schul-Huhn am Samstagnachmittag (21.10.) entwendet. „Neben unserer Schule ist ein kleiner Platz, der Christianplatz. Da treffen sich öfter Jugendliche. Wir finden dann manchmal Pizzakartons oder Dönerpapier auf unserem Gelände“, erzählt die Schulleiterin.
An diesem Samstag interessierten sich die Jugendlichen offenbar sehr für die Hühner, die im Schulgarten in einer Voliere untergebracht sind. Eine oder einer von ihnen kletterte über den Zaun und nahm Toffee einfach mit.
In der Gruppe ging Toffee, die als Küken im Lehrerzimmer großgezogen worden war, in eine harte Schule: Jugendliche und Huhn machten sich auf den Weg in die Dortmunder Innenstadt – genauer gesagt in den Westpark. „Dort wurde unsere Toffee dann höchstwahrscheinlich Teil einer feuchtfröhlichen Feier“, sagt die Schulleiterin.

„Hier, nimm es!“
Bis es einem Kioskbesitzer, der das Huhn in der Mitte des Gelages gesehen hatte, zu bunt wurde. „Um 16.50 Uhr ist ein Anruf bei unserer Tiernotrettung eingegangen“, erzählt Matthias Kleinhans von der Dortmunder Feuerwehr. Um 17 Uhr traf man die angetrunkene Gruppe mit Huhn dann im Westpark an.
Woher sie das Huhn hatten, mochten die Jugendlichen den Feuerwehrleuten nicht sagen. Einer von ihnen habe gesagt: „Hier, nimm es!“, drückte einem Feuerwehrmann Toffee in die Hand – und die Gruppe ging schnell weg. „Die Jugendlichen waren nicht gerade kommunikativ und weigerten sich, ihre Personalien anzugeben – bei dem Hintergrund wundert mich das jetzt auch nicht“, sagt der Feuerwehrsprecher. Er wundert sich allerdings darüber, wie sie mit dem Huhn in die Stadtmitte gekommen sind. „Haben sie es mit in die U-Bahn genommen?“
Das weiß nur Toffee selbst. Doch sie sagt nichts. Die kurze Tour in die große Welt bezahlte sie mit drei Tagen in einer „Ausnüchterungszelle“ – die Feuerwehrleute brachten sie ins Tierheim Dorstfeld. Dort fand Schulleiterin Birgit Dördelmann-Wulff das verrückte Huhn schließlich. Sie hatte bei der Tierrettung angerufen. „Man erinnerte sich dunkel an ein Huhn“, sagt sie und lacht. Lehrerin Monika Stöcker-Haag, die sich um die Hühner und den Schulgarten kümmert, fuhr mit einer weiteren Kollegin sofort ins Tierheim.

Als Monika Stöcker-Haag ihre kleine Ausreißerin aus der blauen Transportbox wieder in die Voliere entlassen kann, sind alle überglücklich. Toffee bekommt ein Stück Gurke vor den Schnabel gelegt. Sofort haut sie rein – Wasser und Elektrolyte sollen bei einem leichten Kater ja bekanntlich helfen. Und schwupps, sitzt sie auch wieder auf der Stange. Keinerlei Gleichgewichtsprobleme also.
Zum Schutz vor weiteren unfreiwilligen Ausflügen wird der Hühnerstall ab sofort mit einem Vorhängeschloss gesichert. „Außerdem wollen wir demnächst einen Winterstall für die Tiere errichten“, sagt Birgit Dördelmann-Wulff. Dort schlürft Toffee dann möglicherweise bald ihren ersten Glühwein.
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