Dass sie mal ein riesiges Handelsunternehmen für Automobile mit 900 Beschäftgten führen würden, haben sie sich als Kinder nicht träumen lassen. „Wir haben zwar beide damals schon viel mit Autos und nicht nur mit Puppen gespielt, aber dass uns mal Hülpert gehören würde, war natürlich überhaupt kein Gedanke“, sagen Eva Kreutzberg (55) und Katrin Hüpler (56). Die beiden Frauen sind Cousinen und mit jeweils 50-prozentigem Anteil die gleichberechtigten Eigentümerinnen der Hülpert Gruppe.

„Im Jahr 2009 haben meine Mutter Ingrid Knoche und ihr Bruder Wilhelm Hülpert uns beiden, also ihren jeweiligen Töchtern, das Unternehmen übertragen“, berichtet Eva Kreutzberg. Ihr Opa Wilhelm Hülpert war es, der 1914 - also in der Anfangszeit des Automobils - einen kleinen Autohandel in Essen gründete. „Mit dem kam man Ende der 20er-Jahre nach Dortmund“, erklärt Katrin Hüpler.
Die beiden Cousinen, die in dritter Generation das Familienunternehmen führen, sind seit Kindheitstagen durchaus auch gute Freundinnen. „Als Jugendliche sind wir oft gemeinsam unterwegs gewesen, waren beispielsweise gemeinsam Schlittschuhlaufen. Auch Urlaube haben wir zusammen verbracht“, sagt Eva Kreutzberg.
Führerschein mit 18
Nach der Schule trennten sich die Wege etwas. Eva Kreutzberg studierte in Dortmund Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Management, lebte dann in München und Stuttgart. Katrin Hüpler studierte ebenfalls in Dortmund Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Zudem wurden beide Mütter und haben heute erwachsene Kinder, die 27 und 24 beziehungsweise 22 und 20 Jahre alt sind. „Durch Studium, Beruf und Kinder hat man sich etwas aus den Augen verloren, aber wir haben regelmäßig telefoniert und uns natürlich bei Familientreffen immer gesehen“, sagt Katrin Hüpler.
Der Name Hülpert stand in Dortmund und Umgebung über Jahrzehnte vor allem für VW. 1938 erhielt das Unternehmen den ersten Volkswagen-Händlervertrag. Der Käfer war das große Erfolgsmodell - und ist es auch nach dem Krieg geblieben. Bis Anfang der 1950er-Jahre lieferte Hülpert bereits 10.000 Fahrzeuge aus. 1950 entschied sich der Sportwagenhersteller Porsche für Hülpert als ersten Vertriebspartner in Westfalen. Ab 1964 kam auch die Marke Audi hinzu.
„Der Führerschein mit 18 war für uns gesetzt. Mein erstes Auto war im Jahr 1987 ein Golf mit 75 PS“, sagt Eva Kreutzberg. „Meines war 1986 ein schwarzer Golf“, so Katrin Hüpler. Beide sagen aber: „Wir durften immer auch die Autos unserer Eltern fahren.“ Das waren Modelle von Volkswagen, Audi und Porsche. Mit diesen Marken war Hülpert in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren im Stadtbild an mehreren Standorten vertreten. 2013 dann ergänzte die Hülpert Unternehmensgruppe das Produktportfolio um die Marke Škoda. Die neuesten Marken sind seit 2017 Seat und seit 2018 Cupra. „Škoda ist inzwischen sehr erfolgreich. Und auch die Marke Cupra mit ihren sportlichen Modellen ist ein Erfolgsgarant“, sagt Eva Kreutzberg.
Porsche-Erlebniswelt
Wie ihre Cousine auch kennt sie sich mit Autos aus. „Klar, wir sind damit aufgewachsen. Autos waren bei uns zu Hause immer ein Thema. Wir waren beide schon sehr früh dabei, wenn eines unserer Autohäuser eingeweiht wurde. Wir identifizieren uns damit total“, berichtet Katrin Hüpler.

Da heute an den meisten der insgesamt 13 Autohäuser der Hülpert Gruppe nicht Hülpert dran steht, sieht man nicht, wie umfangreich das Unternehmen in den vergangenen Jahren gewachsen ist und investiert hat. Nehmen wir etwa das Porsche-Zentrum Dortmund am Flughafen. Dort wurde 2020 für 20 Millionen Euro ein Auto-Tempel geschaffen, eine Porsche-Erlebniswelt, in der man vom Café aus in die Werkstatt gucken kann. Insgesamt gehören drei Porsche-Zentren zur Hülpert Gruppe.
Oder nehmen wir den größten Hülpert-Standort in Dortmund, das 2016 eröffnete Audi-Zentrum an der B1. Über 15 Millionen Euro wurden auch dort in repräsentative Gebäude und exklusive Ausstellungsräume gesteckt.
„VW braucht uns mehr denn je“
Riesige Investitionen wurden also getätigt, als es der Autobranche noch sehr gut ging. Jetzt häufen sich die Nachrichten über Absatzprobleme und drohende Werkschließungen - gerade bei VW. Der Autohersteller steckt in einer Krise. Können die beiden Chefinnen nachts noch ruhig schlafen? „Absolut“, sagen sie, „der Hersteller braucht uns mehr denn je. Wir überzeugen und gewinnen die Kundinnen und Kunden vor Ort. Außerdem ist das Unternehmen kerngesund. Wir haben in den vergangenen vier Jahren den Umsatz von 480 auf 640 Millionen Euro gesteigert und eine wirklich solide Eigenkapitalquote aufgebaut.“
17.000 Autos verkaufte das Unternehmen im vergangenen Jahr. Davon waren 10.000 Gebraucht- und 7.000 Neuwagen. „Wir sind organisch gewachsen - und aus eigener Kraft gewachsen, nicht ausschließlich durch Aufkäufe anderer Autohäuser. Unsere Größe sichert uns unseren Erfolg, weil wir damit im Markt eine sehr solide Stellung gegenüber allen Stakeholdern wie Lieferanten, Mitarbeitenden und natürlich dem Wettbewerb gegenüber besitzen“, sagt Eva Kreutzberg.

Die wirtschaftlichen Rahmendaten kennen die beiden Gesellschafterinnen genau, für das operative Geschäft aber sind sechs Geschäftsführer zuständig. „Wir wirken bei der strategischen Entwicklung mit und tragen auch die Verantwortung, ansonsten aber verlassen wir uns auf unser Top-Management und einen Verwaltungsrat“, sagt Katrin Hüpler.
Weibliche Führungskräfte
Dass mehr Frauen ins Unternehmen kommen, ist für die beiden Gesellschafterinnen eine Herzensangelegenheit. „Für Autos“, so Eva Kreutzberg, „begeistern sich Frauen längst genauso wie Männer. Der Frauenanteil ist bei uns in den vergangenen Jahren auf fast 25 Prozent gewachsen. Und auch unter unseren 65 Führungskräften steigt der weibliche Anteil stetig.“ Dafür sorgen die beiden Eigentümerinnen, indem sie die Perspektive berufstätiger Mütter einnehmen und auf größtmögliche Arbeitszeitflexibilität pochen. „Wir halten uns zwar aus dem operativen Geschäft raus“, sagt Katrin Hüpler, „aber wir geben Inspirationen. Dabei stellen wir fest: Frauen inspirieren anders.“ Zum Beispiel bringe man auch Emotionen mit in die Unternehmenskultur. Damit meint sie vor allem eine von Vertrauen geprägte, familiäre Atmosphäre.
Dies bestätigt auch Michael Webels, Sprecher der Geschäftsführung: „Es freut mich sehr, dass zwei Damen Eigentümer der Gesellschaft sind. Das gesamte Management Team genießt das volle Vertrauen, das von gegenseitiger Wertschätzung auf Augenhöhe geprägt ist. Mit zwei Damen an der Spitze wird mehr Wert auf Persönlichkeit und Sozialkompetenz im Unternehmen gelegt. Davon profitieren alle.“

Erfreut stellen die beiden Chefinnen fest, „dass immer mehr Frauen ihr Auto selbst kaufen.“ Und auch, wenn Männer ein Auto kaufen, liege die Kaufentscheidung oft bei der Frau, die bei der Wagenfarbe, dem Polster und der Ausstattung maßgeblich mit bestimme. Weil Frauen jenseits von PS und Hubraum andere Befürfnisse haben und besonderen Wert auf Komfort und beispielsweise eine gute Rundumsicht legen, möchten viele Kundinnen auch von Frau zu Frau über ein Auto sprechen. „Darauf stellen wir uns ein und haben bei uns bereits einige Verkäuferinnen“, sagt Eva Kreutzberg.

Um die Zukunft des Autos ist ihnen nicht bange - und damit auch nicht um die Zukunft von Hülpert. „Natürlich wird das Jahr 2025 herausfordernd. Aber es wird eine Modelloffensive bei Audi kommen, es wird ein günstiger Einstiegs-Elektro-VW kommen. Insgesamt sehen wir gute Chancen für den deutschen Autohandel“, so Katrin Hüpler.
Wichtig wird es sein, dass die beiden Frauen an der Spitze weiter zusammen arbeiten und an einem Strang ziehen. Tatsächlich, so versichern sie, haben sie sich noch nie gestritten. „Das wird auch so bleiben. Wir zwei müssen uns immer einig sein“, betont Eva Kreutzberg. „Und wenn wir es mal nicht sind“, fügt Katrin Hüpler umgehend an, „dann finden wir einen Weg.“
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 19. Januar 2025.
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