Katja Kortmann (39) ist im Hotel aufgewachsen „Ich hab schon als Kind die Zimmer mit geputzt“

Katja Kortmann führt das Hotel Esplanade und ist eine Weltreisende
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Wenn Katja Kortmann im Hotel Esplanade am Burgwall vom Empfang in den fünften Stock fährt, fühlt sich die Hoteldirektorin wie ein Bergmann beim Ausfahren: Der kleine Fahrstuhl ist wie ein Zechenaufzug gestaltet und lässt die Gäste in die Bergbaugeschichte der Stadt eintauchen. Auch das Design des Loungebereichs und der Hotelzimmer ist eine Hommage an den Kohlenpott. „Wir setzen mit unserer Einrichtung ein Zeichen für das Ruhrgebiet und seine Geschichte“, sagt Katja Kortmann. „Denn“, so ergänzt die 39-Jährige, „die Stadt Dortmund und der Bergbau haben uns geprägt und als Familienunternehmen erfolgreich gemacht.“

Jawohl, das Hotel Esplanade ist ein Familienunternehmen und gehört nicht zu einer großen Hotelkette. Katja Kortmann führt mit dem Esplanade eines von nur zwei großen Hotels, die in Dortmund noch in Familienhand sind. Das zweite ist das Hotel Drees der Familie Riepe an der Hohen Straße.

Die Verbundenheit der Familie Kortmann, die seit 125 Jahren in der Dortmunder Innenstadt unternehmerisch tätig ist, mit der Region gibt dem Hotel einen ganz persönlichen Charme. Der passt allerdings so gar nicht zum universellen Namen. Esplanade-Hotels gibt es auf der ganzen Welt. „Ja“, sagt Katja Kortmann, „aber dahinter steckt eine rührende Geschichte, die ich auch erst seit wenigen Jahren kenne. Freunde von meinem Opa haben erzählt, dass mein Opa immer mal mit meiner Oma nach Köln gefahren ist, sie dort spazieren gegangen sind und regelmäßig am Hotel Esplanade vorbeigegangen sind, das meiner Oma so gut gefiel. Wir hatten eigentlich immer ein Möbelgeschäft am Burgwall. Aber wir hatten dort auch eine Baulücke und mein Opa hat ihr das Kölner Hotel Esplanade nachgebaut.“

Schon als Kind Zimmer geputzt

Zunächst als Hotel Garni geführt, wurde das Esplanade mit der sich wandelnden Möbelbranche, die immer größere Ausstellungsflächen in Gewerbegebieten auf der grünen Wiese hervorbrachte, Mitte der 80er-Jahre zum neuen Standbein der Familie. „Ich bin damit aufgewachsen und hab schon als Kind die Zimmer mit geputzt - für ein Meerschweinchenbuch“, erzählt Katja Kortmann.

Katja Kortmann vor dem Hotel Esplanade. Mit einem großen Umbau entstanden 2020 noch 14 weitere Zimmer und die moderne, gerundete Fassade mit den Panoramafenstern wurde am Burgwall in Dortmund stadtbildprägend.
Katja Kortmann vor dem Hotel Esplanade. Mit einem großen Umbau entstanden 2020 noch 14 weitere Zimmer und die moderne, gerundete Fassade mit den Panoramafenstern wurde am Burgwall stadtbildprägend. © Oliver Schaper

Dass sie mal ihrem Vater nachfolgen und Hotelchefin werden würde, war damit aber längst nicht ausgemacht. Dafür hätte auch ihr Bruder infrage kommen können. Aber der entschied sich beruflich für einen ganz anderen Weg.

Und fast hätte auch Katja Kortmann die Familientradition nicht fortgesetzt. Nach dem Abi am St. Christophorus-Gymnasium in Werne zog es sie während des Betriebswirtschaftsstudiums nach Australien. „2010 und 2011 war ich in Brisbane. Das war eine superschöne Zeit, auch wenn ich die Jahrhundertflut dort miterlebt habe. Die Uni stand unter Wasser und es wurde vor Haien in der Stadt gewarnt. Das war krass“, erzählt sie.

Jahrgangsbeste in Australien

1000 Dollar pro Semester waren als Studiengebühr fällig und wollten erstmal verdient sein. „Dafür hab ich gekellnert. Das war kein Ding, ich hab schon seit meinem 15. Lebensjahr gekellnert und hatte immer Spaß daran“, sagt sie. Als jahrgangsbeste Studentin bekam sie schließlich ein Stipendium angeboten und hätte nicht mehr so viel kellnern müssen. „Aber dann wäre ich wohl dauerhaft in Australien geblieben. Ich bin doch lieber zurück nach Deutschland gekommen“, so Katja Kortmann. Die Heimatverbundenheit war stärker als ihr umtriebiges Wesen, als ihr Du-musst-die-Welt-kennenlernen-Gen.

Katja Kortmann steckt viel Herzblut in das Hotel Esplanade am Burgwall in Dortmund. In vielen Zimmern zeigen Fotomotive vom Bergbau die Verbundenheit ihrer Familie mit dem Kohlenpott.
Katja Kortmann steckt viel Herzblut in das Hotel Esplanade am Burgwall. In vielen Zimmern zeigen Fotomotive vom Bergbau die Verbundenheit ihrer Familie mit dem Kohlenpott. © Oliver Schaper

Die Heimatliebe war wohl genauso stark wie die Bodenständigkeit der Familie Kortmann. „Trotz Studiums gab es für mich keinen Bonus. Meine Eltern sagten, für die Hotelleitung müsse ich erstmal die Ausbildung zur Hotelfachfrau nachholen. Ich hab also Zimmer geputzt, das Bankett gemacht und die Rezeption. Ich musste mich wirklich hoch arbeiten. Aber das prägt und ist wichtig für die Empathie“, sagt Katja Kortmann.

Als Auto musste ihr ein Peugeot 106 reichen. Und auch das Geld für den Führerschein musste sie sich selbst verdienen. „Leider war ich eine schlechte Fahrschülerin. Ich musste also sehr viel kellnern“, sagt sie mit dem für sie so typischen Lächeln.

Sofort der Corona-Schock

Katja Kortmann strahlt fast immer. Man merkt ihr den Spaß an ihrer Arbeit in dem 4-Sterne-Hotel mit knapp 200 Betten und 45 Beschäftigten an. Dabei hätte ihr der Spaß an ihrer Rolle als Hoteldirektorin auch schon nach wenigen Tagen vergehen können. „Am 13. Februar 2020 haben wir mit meinem Vater die symbolische Schlüsselübergabe gemacht. Ich war total happy. Der Umbau war beendet, das Gerüst war weg und man hat endlich die neue, moderne, gerundete Fassade gesehen. Zudem war 2019 ein Superjahr für die Hotellerie insgesamt und ich war voller Elan. Zwei Wochen später fing dann Corona an“, erzählt Katja Kortmann.

Vom Möbelhaus zum Hotel: Zum 125-jährigen Bestehen des Familienunternehmens erhielten Katja Kortmann und ihr Vater Karl-Ulrich Kortmann eine Ehrenurkunde der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund.
Vom Möbelhaus zum Hotel: Zum 125-jährigen Bestehen des Familienunternehmens erhielten Katja Kortmann und ihr Vater Karl-Ulrich Kortmann eine Ehrenurkunde der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund. © Oliver Schaper

Innerhalb weniger Tage wurden sämtliche Buchungen storniert und der ganze Umsatz brach weg. „Da stand ich dann da in einer nie dagewesenen Situation. Wenn Sie sehen, dass nichts mehr in den Büchern steht, ist das katastrophal“, sagt sie. Das Hotel Esplanade schloss dann als eines der ersten in Dortmund. „Angesichts der Fixkosten lohnte es sich einfach nicht mehr“, so Katja Kortmann. Damals ging sie davon aus, dass sie das Hotel zu den Osterferien wieder würde öffnen können. Aber Pustekuchen. Erst im September kehrten die ersten Gäste zurück.

„Irgendwie hab ich - auch dank Kurzarbeit - alle Beschäftigten weiter mitgezogen. Wir hatten immer eine Whatsapp-Gruppe. Die Zeit hat uns als Team stark gemacht. Wir leben hier Diversität, mit Menschen ganz verschiedener Herkunft und auch mit Handicaps. Das bringt sehr viel Freude und Spaß“, sagt Katja Kortmann.

Manche schlaflose Nacht

Ihre Feuertaufe während der Corona-Pandemie hat sie bestanden. Einfacher geworden ist ihr Dasein als Chefin in der Hotellerie aber längst nicht. „Der Wettbewerb ist sehr hart geworden. Es gibt heute in Dortmund 42 Prozent mehr Hotelzimmer als 2019 und der Kostendruck ist groß. Energie, Personal, Lebensmittel - alles ist teurer geworden“, sagt sie und erzählt, dass seit 2022 allein der Preis für Fernwärme um circa 60 Prozent gestiegen sei. Noch dazu käme die Bettensteuer. Das wirke sich natürlich auf die Zimmerpreise aus. „Ich bin ja nicht die Caritas“, sagt Katja Kortmann.

Katja Kortmann, Hotelchefin aus Dortmund, mit Labrador-Hündin Flora beim Wandern in der Nähe von Kaprun.
Die Labrador-Hündin Flora ist immer dabei. Hier beim Wandern in der Nähe von Kaprun in den Tiroler Alpen. © privat

Zimmer gibt es im Esplanade ab 80 Euro, eine Panoramasuite ab 200 Euro. Sparen will Katja Kortmann auf keinen Fall beim Service für die Gäste oder auf Kosten ihrer Beschäftigten. „Wir haben kein outgesourctes House-Keeping und es gibt immer direkte Ansprechpartner. Wir haben keine Hotline“, sagt sie.

Mit dem Rucksack unterwegs

Es ist, daraus macht sie keinen Hehl, Monat für Monat eine Herausforderung für eine gute Auslastung des Hotels zu sorgen und zu gucken, dass die Zahlen stimmen. „Wir tragen als Familie die Verantwortung allein. Wir haben keine Geldgeber, keinen Konzern im Rücken. Das führt schon manchmal zu schlaflosen Nächten“, so Katja Kortmann.

Der Spaß an ihrem Job, ihr Herzblut und ihr sonniges Gemüt helfen ihr ein Stück weit. „Auch mein wunderbares Team trägt mich“, sagt Katja Kortmann, „aber ich musste lernen, mit Stress und Druck umzugehen und auch mal abzuschalten. Dafür ich hab ich ein Coaching in Anspruch genommen. Als Chefin neigt man dazu, doppelt so hart zu arbeiten. Aber wichtig ist: Ich muss mich glücklich machen.“ Dabei helfen ihr ihr Lebenspartner, mit dem sie im Kreuzviertel wohnt, Hundedame Flora, die „der Star im Hotel“ ist, sowie Freundinnen und Freunde und regelmäßige Yoga-Kurse. Abwechslung ist unerlässlich. „Man muss auf sich achten. Ich habe schließlich einen 24-Stunden-Betrieb und kein Wochenende.“

Von ihrem Vater Karl-Ulrich Kortmann übernahm Katja Kortmann am 13. Februar 2020 symbolisch die Schlüssel für das Hotel Esplanade. Wenige Tage später musste sie das Hotel wegen der Corona-Pandemie schließen.
Von ihrem Vater Karl-Ulrich Kortmann übernahm Katja Kortmann am 13. Februar 2020 symbolisch die Schlüssel für das Hotel Esplanade. Wenige Tage später musste sie das Hotel wegen der Corona-Pandemie schließen. © (A) Schaper

Auch wenn sie nicht in Australien hängen geblieben ist: unterwegs ist Katja Kortmann nach wie vor gerne. Sie liebt das Reisen - und braucht dafür keine Hotels. Als Backpackerin, also als Rucksack-Touristin, war sie unter anderem in Chile und Madagaskar. Sehr gerne wandert sie auch in den Alpen. Genauso gern kommt sie aber immer wieder auch zurück in ihr Hotel am Burgwall, steigt in den Fahrstuhl und fühlt sich wie ein Bergmann beim Ausfahren.