Horst Müller beklagt Gefahr auf neuer Treppe mitten in der City Stadt sperrt Anlage ab

Horst Müller ärgert sich über neue Treppe in Dortmunds City: Stadt errichtet Absperrung
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Horst Müller war mit seiner Frau und einer Bekannten am Freitag (24.3.) in Dortmund, um eine Veranstaltung des Musikfestivals Klangvokal im Reinoldihaus zu besuchen. Das Trio hatte am Stadthaus geparkt und lief von dort durch die Stadt zur Reinoldistraße. Sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg machten Horst Müller und seine Begleiterinnen Bekanntschaft mit der neuen Treppe, die zwischen P&C und Reinoldikirche vom Westenhellweg auf die Kampstraße herunterführt.

„Ich habe mich richtig geärgert“, erzählt Horst Müller am Dienstag (28.3.). Der 74-Jährige lebt mit seiner Frau in Witten, gebürtig stammt er aus Dortmund. Für einen Ortstermin mit unserem Reporter an besagter Treppe ist er extra noch mal in die Stadt gekommen.

Beschwerde an die Verwaltung

„Die Treppe ist eine Zumutung“, findet Müller. Nicht nur, dass man von oben kommend gar nicht erahnen könne, dass eine Treppe folgt. Am meisten stört Horst Müller die Stufentiefe (im Fachjargon Auftrittsfläche genannt). Diese sei viel zu gering.

„Ich habe Schuhgröße 43 und mein Absatz ragte noch etwa dreieinhalb bis vier Zentimeter über die Stufentiefe hinaus“, sagt Müller. „Was ist, wenn da mal einer runterfällt?“ In dem Gespräch fordert er eine Absperrung, bis die Treppe fertiggestellt sei. Eine E-Mail mit den genannten Beschwerden und der Forderung hatte er zuvor schon an die Stadtverwaltung gesendet.

Die Schuhe (Größe 43) von Horst Müller ragen deutlich über die Stufentiefe hinaus.
Die Schuhe (Größe 43) von Horst Müller ragen deutlich über die Stufentiefe hinaus. © Tim Schulze

Bei dem Ortstermin an der Treppe dauert es nur einige Minuten, bis Müller und unser Reporter unaufgefordert von Passanten auf die geringe Stufentiefe der Anlage angesprochen werden. „Eine Katastrophe“, sagt ein älterer Mann. Ein Paar äußert sein Unverständnis über die Bauplanung.

Mehrere Senioren haben sichtlich Probleme, die Treppe herunterzulaufen. Sie gehen lieber halb seitlich, setzen den jeweiligen Fuß parallel zur Stufenkante auf. Müller: „Manche Menschen müssen ihren kompletten Fuß aufsetzen, um sicher eine Treppe zu gehen.“ Über die Treppe sagt er: „So schafft man keinerlei angenehme Erlebnisse - weder zum Einkaufen noch zum Ausgehen in einer Stadt.“

Stadt sperrt Treppe ab

Die Stadt reagiert: Sie sperrt die neu gebaute Treppe am Mittwoch (29.3.) ab. Horst Müller bekommt digitale Post aus dem Tiefbauamt der Verwaltung. Die E-Mail leitet er an unsere Redaktion weiter. Es habe sich gezeigt, dass „die neue Auftrittsfläche für einige Personen noch gewöhnungsbedürftig ist“, heißt es in dem Schreiben. Daher die vorübergehende Sperrung.

Auch unsere Redaktion hatte sich bei der Stadtverwaltung nach der Treppenkonstruktion erkundigt. Entspricht die Stufentiefe überhaupt den rechtlichen Vorgaben? Stadtsprecherin Alexandra Schürmann bejaht dies.

Die Maße der Treppe

Wir haben nachgemessen: Die Stufenhöhe (genannt Steigung) beträgt rund 14 Zentimeter. Die Stufentiefe (Auftrittsfläche) beläuft sich auf rund 25 Zentimeter. Die DIN 18065 für Gebäudetreppen schreibt vor, dass Treppen nach der sogenannten Schrittmaßregel geplant werden müssen.

Die Formel lautet: 2 x Steigung + Auftrittsfläche = 59 bis 65 Zentimeter (mittlere Schrittlänge). Klingt abstrakt? Dann machen wir es konkreter:

In dem Beispiel der Dortmunder Treppe kommt man mit der Formel auf ein Ergebnis von 53 Zentimetern - zu wenig. 63 Zentimeter würden in der Regel als angenehm empfunden, schreiben Fachportale im Netz übereinstimmend. Zum Vergleich: Die Auftrittsfläche der Treppe an der Petrikirche beträgt mehr als 30 Zentimeter.

Wir haben unterem anderem die Stufentiefe nachgemessen. Sie beträgt nur knapp 25 Zentimeter (kleiner als Schuhgröße 40).
Wir haben unterem anderem die Stufentiefe nachgemessen. Sie beträgt nur knapp 25 Zentimeter (kleiner als Schuhgröße 40). © Tim Schulze

Stadtsprecherin Alexandra Schürmann erklärt auf unsere Anfrage: „Die Stufen entsprechen der Norm. Bei Anlagen im Außenbereich sind nach DIN 18065 Steigungen zwischen 14 und 20 Zentimetern sowie bei Auftrittsflächen zwischen 23 und 37 Zentimetern zulässig.“ Diese Angaben finden sich in der DIN 18065 als „Grenzmaße für Wohngebäude mit bis zu zwei Wohnungen und innerhalb von Wohnungen“ für „baurechtlich notwendige Treppen“.

In der DIN 18065 steht allerdings auch, dass diese Norm für Treppen im Bauwesen gilt. Freitreppen im Gelände seien davon ausgenommen.

Die Stadt Dortmund hat die Treppe am Mittwoch (29.3.) abgesperrt. Das Foto wurde am Donnerstag (30.3.) aufgenommen.
Die Stadt Dortmund hat die Treppe am Mittwoch (29.3.) abgesperrt. Das Foto wurde am Donnerstag (30.3.) aufgenommen. © Schulze

Klar ist: Die neu gebaute Treppe ist nicht für die Ewigkeit. Diese sei lediglich eine Zwischenlösung bis zur Fertigstellung des Boulevard Kampstraße, so Schürmann. Die Treppe „erhält in den kommenden Tagen vier Handläufe, zusätzlich wird eine Stufenmarkierung aufgebracht.“ Dadurch solle die Sicherheit für Nutzer erhöht werden.

Perspektivisch soll das Provisorium durch eine „barrierefreie Treppen- und Rampenkombination (ähnlich wie an der Petrikirche)“ ersetzt werden. „Die provisorische Treppe wird im Laufe der nächsten Woche nach Einbau der Handläufe und Aufbringung der Markierung freigegeben. Für die Dauer dieser Arbeiten ist sie gesperrt“, erläutert die Stadtsprecherin auf unsere Nachfrage.

Ärger über fehlende Hinweise

Ein weiterer Aspekt, über den sich Horst Müller ärgert, sind fehlende Hinweisschilder, die auf die vorhandene Rampe hinter dem Backwerk aufmerksam machen. Man müsse schließlich auch an Rollstuhlfahrer denken, sagt der 74-Jährige.

Schürmann schreibt dazu: „Die Rampe existiert an dieser Stelle bereits seit vielen Jahren. Um den Menschen auch während der Bauphase den Weg zur Rampe zu weisen, hat das Tiefbauamt immer wieder mit Bodenmarkierungen (Kreidespray) und Bannern gearbeitet.“ An einer verbesserten Beschilderung arbeite man aktuell, versichert sie. Die Rampe soll im Zuge der Arbeiten zum Boulevard Kampstraße ebenfalls umgebaut werden.

Als Jahr der Vollendung des Boulevards Kampstraße hat die Stadt aktuell 2029 anvisiert.

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