Der Hebesatz - ein erst einmal abstrakter Wert, und doch regelt er, wie hoch die Grundsteuern für Hauseigentümer sind. Deshalb steht in den nächsten Monaten eine Entscheidung an, die Auswirkungen hat für viele Tausende Gebäudebesitzer in Dortmund. Und indirekt auch für Mieter.
Doch von Anfang an: Die Dortmunder Finanzämter haben kürzlich die fiktiven Grundsteuer-Hebesätze für 2025 veröffentlicht - so wie alle Ämter in den Nachbarstädten. Die Finanzämter haben berechnet, wie hoch die Hebesätze sein müssten, damit die Städte so viel Geld einnehmen würden wie im Jahr 2024.
Entscheidung fällt in Dortmund
Diese sogenannte „Aufkommensneutralität“ war ein Versprechen von Olaf Scholz, noch aus der Zeit, als der heutige Bundeskanzler Minister für Finanzen war. Die Entscheidung, ob das so kommt, trifft aber nicht der Bund, auch nicht das Land über seine Finanzämter. Darüber entscheiden in Dortmund wie in allen anderen Städten auch die Politiker im Stadtrat.
Innerhalb der Dortmunder Politik wird das Thema kontrovers diskutiert. Dabei haben die Parteien unterschiedliche Gruppen im Blick. Betroffen von einer möglichen Hebesatzerhöhung sind alle Grundstücksbesitzer, auf denen Wohngebäude und Nicht-Wohngebäude stehen. Das betrifft auch Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern.
Was sagen die Dortmunder Politiker?
„Die Kommunen haben Aufkommensneutralität versprochen, also keine Mehreinnahmen durch den Modellwechsel der Berechnungsmethode erzielen zu wollen.“ Diese „Grundsteuer-Bremse“ ruft Nils Mehrer direkt in Erinnerung, der Vorsitzende der FDP in Dortmund. Auch die SPD „möchte die Einnahmenbasis aus der Grundsteuer B stabil halten“, wie Fabian Erstfeld unterstreicht, der finanzpolitische Sprecher seiner Fraktion.
Ähnlich sieht es Linken-Fraktionschef Utz Kowalewski: „Es darf keine weitere Belastung der Mieten und Wohnkosten in Dortmund geben.“ Aber auch: „Es dürfen keine weiteren Löcher in den Stadthaushalt gerissen werden, die dann zu Kürzungen etwa beim städtischen Personal oder bei der Daseinsfürsorge für die Dortmunderinnen und Dortmunder führen könnten.“
Man sei gespannt auf den Vorschlag der Stadtverwaltung, sagt Jendrik Suck, Fraktionsvorsitzender der CDU. „Die Rahmenbedingungen sind ja noch nicht bekannt.“ Letzten Endes müsse der Kämmerer ausführen, was für den Haushalt 2025/2026 umsetzbar sei. Mehrere Varianten seien denkbar, aber man benötige solides Zahlenmaterial. Aus dem Rathaus hatte es zunächst geheißen, man wolle sich noch vor den Sommerferien mit dem Thema beschäftigen. Doch am Dienstag (2.7.) war zu erfahren, dass man die Beratungen erst im Spätsommer oder Herbst wirklich intensivieren könne. Man habe die Modellrechnung vom Land ja erst jetzt bekommen.

Wie funktioniert die Grundsteuer überhaupt?
Dabei handelt es sich um ein kompliziertes Verfahren. Die Finanzämter in Dortmund haben verschiedene Grundsteuerhebesätze berechnet. Wenn die Stadt nicht zwischen Wohn- und Nicht-Wohngebäuden unterscheidet, handelt es sich um einen einheitlichen Hebesatz. Dieser könnte bei 785 Prozent liegen.
Die NRW-Landesregierung aus CDU und Grünen plant allerdings derzeit eine Hebesatzdifferenzierung. Damit würde zwischen der Grundsteuer bei Wohngebäuden und Nicht-Wohngebäuden unterschieden. Der Hebesatz für Wohngebäude wäre laut Berechnungen des Finanzamts aufkommensneutral bei 615 Prozent. Für Nicht-Wohngebäude läge er dann bei 1231 Prozent. Sollte das Gesetz kommen, müssen die Kommunen entscheiden, ob sie dies anwenden.
„Der Städtetag kritisiert zu Recht, dass der nun vorliegende Vorschlag differenzierender Hebesätze zu möglichen Rechtsunsicherheiten führt“, sagt SPD-Politiker Erstfeld: „Wir möchten in diesem Szenario den Hebesatz der Grundsteuer B für Wohngrundstücke gerne bei den schon bisher geltenden 610 Prozentpunkten belassen.“ Ansonsten würden Eigentümer und Mieter ja „über Gebühr belastet“.
Wie wird die Grundsteuer berechnet?
Der Grundsteuer-Hebesatz dient als Faktor, um die Höhe der Grundsteuer zu ermitteln. In den Grundsteuerbescheiden finden Hauseigentümer sowohl den Grundsteuerwert als auch die Grundsteuermesszahl. Diese werden miteinander multipliziert und ergeben den Grundsteuermessbetrag. Dieser wird mit dem Hebesatz multipliziert und ergibt die Grundsteuer.
Beträgt der Hebesatz also 615 Prozent, wird der Grundsteuermessbetrag mit 6,15 multipliziert, um die Grundsteuer zu berechnen. Wäre der Grundsteuermessbetrag bei 150 Euro und der Hebesatz bei 615 Prozent, rechnet man 150 Euro mal 6,15. Die zu zahlende Grundsteuer würde dann 922,50 Euro im Jahr betragen.
Was bedeutet das für Mieter in Dortmund?
Auch für Mieter ist die Grundsteuer ein sensibles Thema, denn die Hauseigentümer bzw. Vermieter dürfen die Grundsteuer in voller Höhe auf die Mieter umlegen. Sollte also der Grundsteuerhebesatz steigen und damit die Grundsteuer, müssen Mieter in Dortmund mit einer Nebenkostenerhöhung durch ihren Vermieter rechnen.
Deshalb setzen Dortmunds Politiker auch hier argumentativ an - von den Linken bis zur FDP: „Die Menschen stehen jetzt häufig schon mit dem Rücken zur Wand was die Wohnkosten angeht“, sagt Linken-Fraktionschef Kowalewski. FDP-Vorsitzender Mehrer formuliert es ähnlich: „Die Grundsteuer trifft Mieter ebenso wie Wohneigentümer und Gewerbetreibende, also alle fleißigen Menschen, die ihre Wohnung oder Geschäftsräume nicht vom Staat kostenfrei überlassen bekommen.“

Was sagen die Hauseigentümer?
Der Hauptgeschäftsführer von Haus und Grund Dortmund warnt bereits davor, dass Hausbesitzer sich auf höhere Steuern einstellen müssen: „Bei Wohngrundstücken ist eine Mehrbelastung zu erwarten, vor allem bei Grundstücken, die sehr groß sind“, sagt Thomas Bach. Vom Dortmunder Stadtrat erwartet er, dass sie sich an die Berechnungen des Finanzamts halten. Bach spricht sich auch für eine Differenzierung der Hebesätze zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden aus.
Was sagen die Dortmunder Finanzämter?
Marc Armbruster, Dienststellenleiter des Finanzamt Dortmund-West, erklärte kürzlich in einer Pressemitteilung: „Wenn der Hebesatz höher ist als bislang, heißt das nicht automatisch, dass alle Bürgerinnen und Bürger auch mehr Grundsteuer zahlen.“
Als Grund dafür gibt er an, dass aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts die Bewertungsgrundlagen für die Grundsteuer bundesweit geändert werden. Armbruster meint: „Bei der Frage, wie viel Grundsteuer im Einzelfall zu zahlen ist, kommt es neben dem Hebesatz und der Steuermesszahl auch auf den Grundstückswert an.“
Wann fällt eine Entscheidung?
Erst Anfang bis Mitte Dezember stimmen die Politiker über den Doppel-Haushalt 2025/26 ab. Bis dahin müssen also alle Zahlen und Argumente auf dem Tisch liegen. So erklärt sich auch, warum es von den Grünen bisher nur heißt, die internen Diskussionen liefen bereits, aber noch warte man auf den Vorschlag aus dem Rathaus - als Grundlage für Zustimmung, Ablehnung, weitere Argumente.
All das nehme man mit in die Haushaltsberatungen, stellt CDU-Fraktionschef Suck klar. Denn natürlich wolle man die Hauseigentümer nicht weiter belasten. FDP-Chef Mehrer wünscht sich dennoch eine schnelle Lösung und findet: „Vorläufige Abschläge, die später im Jahr 2025 noch geändert werden, sorgen nicht für Planungssicherheit.“