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Hisbollah-Bezug bei Dortmunder Verein aufgedeckt - was sind die Folgen?
Bundesweite Ermittlungen
Ein Dortmunder Verein steht der Terror-Organisation Hisbollah nahe: Ende April 2020 gab es dort eine Hausdurchsuchung, bei der belastende Dinge gefunden worden. Welche Folgen hat das?
Das Bundesinnenministerium hat die schiitische Hisbollah (auch „Hizb Allah“, übersetzt „Partei Gottes“) als Terror-Organisation in Deutschland verboten. Die Tätigkeit laufe Strafgesetzen zuwider, die Organisation richte sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung, heißt es.
In diesem Zusammenhang sind am 30. April 2020 auch die Räume der „Gemeinschaft libanesischer Emigranten“ (GLE) in Dortmund-Lindenhorst durchsucht worden.
„Grund hierfür waren Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigen, der Verein sei aufgrund seiner finanziellen und propagandistischen Unterstützung Teil der Terror-Organisation“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums zunächst. Nähere Informationen sind aber lange nicht verraten worden.
Eineinhalb Jahre nach der Razzia wird nun auf Anfrage mitgeteilt: „In allen Durchsuchungsobjekten konnten Gegenstände beziehungsweise Unterlagen mit Hizb-Allah-Bezug festgestellt werden.“ Details könne man jedoch „aus ermittlungstaktischen Gründen“ weiterhin nicht nennen.
„Verein wurde nicht verboten“
Nur so viel: „Die durchsuchten Vereine selbst wurden nicht verboten.“ Das Innenministerium zählt bundesweit 1250 Personen, die als Anhänger der Hisbollah gelten, davon 250 in Nordrhein-Westfalen. Eine Aufschlüsselung speziell für Dortmund sei ebenfalls aus ermittlungstaktischen Gründen nicht möglich.
Vom NRW-Verfassungsschutz heißt es, dass sich Hisbollah-nahe Vereine schon vor dem bundesweiten Verbot auf diese Maßnahme vorbereitet hätten. „So organisierte die Gemeinschaft libanesischer Emigranten (GLE) in Dortmund bereits am 8. Februar 2020 einen Vortrag zu ‚aufkommenden Fragen in rechtlichen Angelegenheiten‘.“
Solche Veranstaltungen hätten den Zweck verfolgt, die Ausrichtung des Vereins zu „verschleiern“. Nach Erkenntnissen des Verfassungsschutzes sei im Verein beschlossen worden, Gespräche zur Hisbollah „nur noch in kleinen und absolut vertrauenswürdigen Kreisen“ stattfinden zu lassen.
Die Leitung solcher Kulturvereine müsse ab sofort ausschließlich in der Hand von jungen Menschen liegen, die in Deutschland geboren sind und die deutsche Staatsbürgerschaft haben: Dieser Personenkreis sei nicht so leicht angreifbar und könne von deutschen Behörden nicht unter Druck gesetzt werden, so der Verfassungsschutz.
„Extremistische Aktivitäten verborgen halten“
Die Behörde geht davon aus, dass Hisbollah-Anhänger „zukünftig deutlich konspirativer agieren werden und intensive Maßnahmen ergreifen werden, um ihre extremistischen Aktivitäten vor der Öffentlichkeit verborgen zu halten“.
Der NRW-Verfassungsschutz resümiert: „Das Betätigungsverbot der Hizb Allah und die daran anknüpfenden Ermittlungsmaßnahmen waren wichtige Schritte bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus.“ Bei der Hisbollah handele es sich um „eine internationale terroristische Vereinigung, die das Existenzrecht Israels infrage stellt und zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufruft“.
Vor Ort an der Lindenhorster Straße fällt auf, dass die Schilder, die am Tag der Durchsuchung an dem Haus auf den Verein hingewiesen haben, verschwunden sind. Die ganze Fassade ist renoviert.
Auf der Internetseite des Vereins (das letzte offensichtliche Update stammt aus April 2021) ist die Adresse aber weiterhin als Sitz angegeben. Auf telefonische Anfrage bei der GLE ist unserer Redaktion ein Rückruf angekündigt worden, der nie geschehen ist.
Kevin Kindel, geboren 1991 in Dortmund, seit 2009 als Journalist tätig, hat in Bremen und in Schweden Journalistik und Kommunikation studiert.
