
© PM-AM Apartments
Besonderes Start-up schließt nach Jahrzehnten hässliche Baulücke am Wall
Mit Video
Wo jahrzehntelang eine Baulücke war, ist durch die Corona-Krise unbeirrt am Hohen Wall ein Neubau entstanden. Übernachten soll dort eine ganz bestimmte Zielgruppe.
Plötzlich ist eine langjährige hässliche Baulücke am Hohen Wall verschwunden. Stattdessen erblickt man zwischen den Hausnummern 15 und 21 jetzt ein modern-urbanes Gebäude mit schwarz gefärbtem Stein und viel Glas.
PM-AM Apartments steht am Eingang des Neubaus. Dass man hier nicht einfach so hineinspazieren und auch nicht mal eben schellen kann, zeigt an, dass es sich nicht um ein Hotel mit Lobby und Rezeption handelt. „Wir haben seit gut zwei Wochen geöffnet und unser Produkt der Serviced Apartments ist in dieser Art neu in Dortmund“, sagt Falk Haase, der das Haus gemeinsam mit seiner Frau Christine betreibt.
Es gibt einen komplett digitalen Check-in und den Türschlüssel aufs Handy. „Wir haben“, sagt Christine Haase, „im ganzen Haus eine Online-Schließanlage. Wir selbst können von zu Hause alle Schlösser online bedienen.“
Möblierte Zwei-Raum-Apartments mit 50 Quadratmetern
Mit den 33 Einheiten vom Studio mit 30 Quadratmetern bis zum Zwei-Raum-Apartment mit 50 Quadratmetern stehen für die Unternehmensgründer vor allem Geschäftsreisende im Fokus, die für einen langfristigen Aufenthalt bis zu einem halben Jahr ein voll möbliertes Apartment mit Küche und alltäglichen Utensilien suchen. Auch Berufspendler und Studierende soll das Angebot ansprechen. Touristen sind ebenfalls willkommen, sie bleiben allerdings in der Regel nur wenige Tage.

Falk Haase betreibt die PM-AM Apartments am Wall. Mit seiner Frau Christine hat der 43-jährige Betriebswirt das Unternehmen gegründet und sich auch von der Corona-Krise nicht beirren lassen. „Die Nachfrage von Langzeit-Gästen wird da sein“, ist er überzeugt. © Peter Wulle
„Wir merken, dass die Nachfrage jetzt langsam anzieht. Ende Juli war bei uns erst eine Buchung eingegangen, aber jetzt haben wir Ende August eine Auslastung von 70 Prozent“, sagt Falk Haase. Und die Erleichterung ist ihm anzumerken. Schließlich ist das Ganze sein „Baby“.
Als Betriebswirt mit dem Schwerpunkt Hotellerie hat Falk Haase seit 2010 in der sehr jungen Serviced-Apartment-Branche gearbeitet und dieses „Segment bis heute mitgeprägt“, wie ein Fachmagazin schreibt. Als es mit Ausbruch der Corona-Pandemie die ersten Entlassungen gab, bekam auch der 43-Jährige bei dem Erlanger Projektentwickler GBI im Frühjahr 2020 die Kündigung.
Corona-Krise genutzt um Selbstständigkeit vorzubereiten
„Das hat mir die Möglichkeit gegeben, mein eigenes Unternehmen vorzubereiten. Mithilfe von Branchenpartnern sind wir auf die Projektentwicklung am Hohen Wall aufmerksam geworden“, sagt Falk Haase, der selbst aus Iserlohn kommt, aber in Dortmund studiert hat, die Stadt gut kennt - und auch ihren vermeintlichen Bedarf an möblierten Apartments für Langzeitaufenthalte.

Ein Blick in eines der Apartments. Weiche Töne schaffen ein angenehmes Wohnambiente. Die kleinsten Studios sind 30 Quadratmeter groß und derzeit am gefragtesten. © PM-AM/Petra Coddington
Ein Glücksfall war es dann sicher, dass trotz Corona-Krise die Bauunternehmer-Familie Derwald für ein Umplanung gewonnen werden konnte. „Die Familie Derwald hat von Beginn an an uns geglaubt und uns früh eingebunden. So ist nun unser erstes Objekt genauso geworden, wie auch die eventuell noch folgenden PM-AM Apartments sein sollen“, so Falk Haase.
PM-AM, das ist die von ihm ins Leben gerufene und auf ihn eingetragene Marke. Sie verweist auf die US-amerikanische Zwölf-Stunden-Teilung des Tages in „vor Mittag“ und „nach Mittag“. Für Falk Haase steht es für „Langzeitwohnen in einer Dauerschleife.“
990 Euro Monatsrate inklusive wöchentlicher Reinigung
Der Preis für einen Aufenthalt in dem mit Dreifach-Verglasung schallgeschützten Neubau in der City richtet sich nach der Größe des Apartments und der Dauer des Aufenthalts. Das günstigste der Selbstversorger-Apartments kostet 33 Euro pro Nacht. „Im Durchschnitt“, so gibt Falk Haase an, „kostet eine Übernachtung 59 Euro, eine Monatsrate liegt bei etwa 990 Euro inklusive wöchentlicher Reinigung.“
Viele Apartments haben zum Innenhof einen Balkon. Alle sind mit Klimaanlagen ausgestattet. Eine Gästemappe mit allen Infos zur Unterkunft und zur Stadt gibt es nur virtuell und kann auf dem Fernseher abgerufen werden. Die mittleren Apartments mit 35 Quadratmeter verfügen über einen begehbaren Kleiderschrank, die 50-Quadratmeter-Unterkünfte bieten einen großen Wohnbereich und einen Backofen. Waschmaschinen und Trockner gibt es in einem Raum im ersten Obergeschoss.

Die dezenten Farben des Mobiliars bestimmen auch das Bild des Wohnbereichs in den großen Apartments mit 50 Quadratmetern. Die Gäste, die hier auf Zeit einziehen und sich selbst versorgen, sollen sich wohlfühlen. © PM-AM/Petra Coddington
Neben dem Unternehmergeist von Falk und Christine Haase steckt in dem Haus auch das Herzblut des Derwald-Architekten Thomas Pape. Mitten in der geschlossenen Randbebauung des Walls hat er eine erkennbare Marke gesetzt. „Um einen Anker für das Auge des Betrachters im fließenden Verkehr zu ermöglichen“, wie er sagt.
Fassade mit leichten und verspringenden Glaselementen
In der Häuserzeile zwischen dem Gebäude mit einer Zahnarztpraxis und dem mit einem Tattoo-Studio im Erdgeschoss ist ein Ruhepol mit einem großzügigen und eigenständigen Charakter entstanden. „Dafür haben wir jeweils zwei Etagen in der Fassade übergreifend gestaltet. Durch die schwarze Oberfläche und geometrische Form des Natursteins geben wir der Fassade eine entsprechende Stärke im Kontrast zu den leichten, luftigen und verspringenden Glaselementen“, so Thomas Pape.
Dass das Projekt nicht nur architektonisch, sondern auch für Gäste attraktiv ist, davon ist Falk Haase überzeugt. „Dortmund“, sagt er, „hat sich von der Industriestadt zu einem Dienstleistungsstandort gewandelt. Und mit dem Ausbau zur Messestadt ist es zu den vielen Hotel-Investitionen gekommen, die es eben gibt. Das heißt, auch wenn Manches nach Corona anders sein wird, wird der Bedarf da sein.“
Obwohl Firmen Reisekosten einsparen und virtuelle Konferenzen Standard geworden sind, glaubt er an sein Geschäftsmodell: „Klar, für einen Termin fährt niemand mehr raus nach Dortmund. Aber bei Termin-Bündelungen und Messen, die sich an mehreren Tagen in kleine Veranstaltungen aufteilen, bietet unser Konzept des gewerblichen, preisgünstigen, möblierten Dauerwohnens genau das richtige Angebot.“
Nach mehreren Stationen in Redaktionen rund um Dortmund bin ich seit dem 1. Juni 2015 in der Stadtredaktion Dortmund tätig. Als gebürtigem Dortmunder liegt mir die Stadt am Herzen. Hier interessieren mich nicht nur der Fußball, sondern auch die Kultur und die Wirtschaft. Seit dem 1. April 2020 arbeite ich in der Stadtredaktion als Wirtschaftsredakteur. In meiner Freizeit treibe ich gern Sport: Laufen, Mountainbike-Fahren, Tischtennis, Badminton. Außerdem bin ich Jazz-Fan, höre aber gerne auch Rockmusik (Springsteen, Clapton, Santana etc.).
