Wie schlimm steht es wirklich ums Klinikum Dortmund? Geschäftsführer erklärt nach Westphals Hilferuf die Sachlage

Nach Hilferuf: So steht es um Dortmunds Klinikum
Lesezeit

Der Hilferuf lässt aufhorchen. Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal hat gemeinsam mit 18 Rathauschefs deutscher Großstädte einen alarmierenden Brief an die Gesundheitsminister von Bund und Ländern geschickt. Sie fürchten um die Existenz ihrer Kliniken der Maximalversorgung, zu denen auch das Klinikum Dortmund gehört.

Wie steht das größte Krankenhaus der Stadt aktuell da? 2021 habe das Klinikum Dortmund schwarze Zahlen geschrieben, erläutert Marcus Polle, seit 2022 neuer Vorsitzender der Geschäftsführung. Ein Konzern-Plus von rund 1,25 Millionen Euro – mit Blick auf die zurückliegende Pandemie eine Seltenheit in der deutschen Kliniklandschaft.

Aller Voraussicht nach werde das Krankenhaus auch für 2022 mit einem leichten Plus abschließen, so Polle. Doch für 2023 sehe es „viel schlechter aus. Aktuell ist von einem Verlust von 19 Millionen Euro auszugehen, da unklar ist, was der Gesetzgeber in Berlin noch für die Krankenhäuser zusätzlich zur Verfügung stellen wird.“

Kosten liegen höher

Die für die Refinanzierung der Betriebsmittel wichtige Veränderungsrate wird jeweils Mitte September auf Bundesebene festgelegt und für 2023 bei rund vier Prozent liegen, erklärt der Geschäftsführer. Die Kosten für die zu erwartenden Tarifsteigerungen und die Entwicklung der Sachkosten aufgrund der Inflation lägen aber deutlich höher.

„Das hat der Gesetzgeber bei der Veränderungsrate nicht berücksichtigt“, sagt Polle und betont, dass dies kein individuelles Dortmunder Problem sei.

Für die Finanzierung der Investitionen seien die Länder verantwortlich. Doch seit 40 Jahren sei in NRW zu wenig Geld in den Töpfen für die Krankenhäuser, kritisiert der Chef des Klinikums. Weil das Land seine Verantwortung nicht vollumfänglich wahrnehme, müssten einige der baulichen und technischen Investitionen aus Eigenmitteln der Kliniken finanziert werden, was aber zu zusätzlichen Belastungen des Klinikums führt.

Zuletzt hat die Stadt im November 2022 den für die Daseinsvorsorge der Dortmunderinnen und Dortmunder wichtigen Neubau der Kinderklinik mit einem Investitionszuschuss in Höhe von 30 Millionen Euro unterstützt und damit den Start überhaupt erst ermöglicht.

Lauterbachs Krankenhausreform

Sollten nicht bald grundlegend veränderte Rahmenbedingungen beschlossen werden, steht für die 19 Oberbürgermeister der Bestand ihrer kommunalen Krankenhäuser der Maximalversorgung auf dem Spiel. Zumal Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für eine Krankenhausreform die Situation weiter zu verschärfen drohen.

Die Oberbürgermeister fürchten, dass die kommunalen Kliniken im Vergleich zu den Uni-Kliniken benachteiligt werden könnten. Sie fordern deshalb eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung ihrer Krankenhäuser.

Die von der „Regierungskommission Krankenhaus“ vorgelegten Pläne sehen vor, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren - von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.

Höchstes medizinisches Niveau

Nach Lauterbachs Gedankenspielen werde bei den Versorgungsstufen noch mal zwischen Maximalversorgern und Universitätskliniken unterschieden, erklärt Marcus Polle: „Wir Maximalversorger erbringen aber die gleichen Leistungen wie die Universitätskliniken.“

Der Unterschied liegt in der Finanzierung. Das Geld für die Investitionen in die Unikliniken komme aus dem Wissenschaftsbereich. „Das ist ein ganz anderer und größerer Topf“, so der Klinikum-Leiter, „das ist der Nachteil für uns.“

Neue Kinderklinik mit Landeplatz für Hubschrauber: Klappt die Finanzierung, Herr Polle?

Dortmunds OB Westphal sieht Zukunft des Klinikums gefährdet: Bundesweiter Hilferuf von Großstädten

Blutspende-Notstand in Dortmund: „Die Lage ist wirklich ernst“