Bürger sollen nicht mehr für jeden Vorgang, den sie mit einer Behörde regeln müssen, Briefmarken oder gar den persönlichen Termin im Rathaus benötigen. Im besten Fall sogar für fast gar keinen mehr, abgesehen vielleicht von der Hochzeit mit dem Standesbeamten. Der PC oder das Smartphone soll reichen.
Den Weg dahin ebnet das „Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen“ (OZG). Es soll die Interaktion zwischen Bürgern und Unternehmen mit der Verwaltung schneller, effizienter und nutzerfreundlicher machen.
Die Stadt Dortmund bietet mittlerweile 189 Dienstleistungen an, die die Bürgerinnen und Bürger online auf „dortmund.de“ wahrnehmen können. „So viel bietet kaum eine andere Kommune“, sagte der Organisationsdezernent Christian Uhr.
Digitalisierungsschub
Das sind tatsächlich schon viele. Aber im Online-Zugangs-Gesetz wurden 2017 über 580 einzelne Verwaltungsleistungen identifiziert. Es ist also noch nicht einmal ein Drittel erreicht. Warum ist das noch nicht mehr? Und wie soll der Rest umgesetzt werden?
Das eine gibt das andere: Die Nachfrage der Bürger nach online zu erledigenden Dienstleistungen der Stadtverwaltung wird immer größer und dementsprechend investiert die Stadt Dortmund von Jahr zu Jahr mehr in ihre Digitalisierung. „Wir haben jetzt 60 Millionen Euro zur Verfügung, um die Digitalisierung voranzubringen“, sagt Personaldezernent Uhr.
2019 war das Budget nur knapp halb so groß. Es wuchs vor allem infolge der Corona-Pandemie, die ja generell einen Digitalisierungsschub in Deutschland auslöste, von 2021 auf 2022 sprunghaft an - von rund 42 Millionen Euro auf das heutige Niveau von knapp 60 Millionen Euro.
Zugriffe verdreifacht
Die Zugriffe auf das Serviceportal der Stadt Dortmund haben sich in den vergangenen fünf Jahren verdreifacht. Wurden 2019 noch knapp eine Million Zugriffe auf den städtischen Produktkatalog gezählt, so waren es 2022 fast 2,2 Millionen. „Seit 2018 haben wir hier jedes Jahr einen großen Sprung erlebt“, sagt Stefan Klebs, der stellvertretende Leiter des Dortmunder Systemhauses, dem IT-Dienstleister der Verwaltung.
Die bislang 189 digitalen Dienstleistungen der Stadtverwaltung Dortmund seien ein Riesenangebot, so Uhr: „Wir müssen es aber noch bekannter machen - was mit dem Slogan ‚Mein Amt ist 24/7 erreichbar“ auch schon passiert ist“. Die Palette reicht von der Kita-Anmeldung bis zur Wohnsitzabmeldung. „Am häufigsten genutzt werden die Kennzeichen-Reservierung, die Fahrzeug-Anmeldung und die Anmeldung von Hunden“, sagt Christian Uhr.

Für viele Services reicht nicht nur ein Klick auf die Homepage der Stadt, sondern man muss im Serviceportal ein Benutzerkonto einrichten. „Wenn es um Genehmigungen, Bescheide oder Gebührenerhebung geht, müssen wir ja wissen, wem wir das zusenden sollen“, so Christian Uhr. 45.802 Bürgerinnen und Bürger hatten bis Ende 2022 ein solches Benutzerkonto eingerichtet. „Auch diese Anzahl steigt stetig an. Und wir schneiden damit im Vergleich zu anderen Städten recht gut ab“, so Christian Uhr.
Bremse eingebaut
Im OZG ging es zwar vor allem darum, Anträge für den Endnutzer, also den Bürger, digital bereitzustellen. Aber immer schwang auch mit, ganze Behördenvorgänge zu digitalisieren. Es geht auf keinen Fall, ein PDF bereit zu stellen, das der Bürger ausfüllt, ausdruckt und abschickt.
Aber wünschenswert ist auch nicht, dass der Bürger alles eintippt und auf „Senden“ klickt, im Rathaus dann aber Drucker heiß laufen, Akten zu anderen Behörden gefaxt und als Akten in Hängeordner geheftet werden. Auch wenn das gegenüber dem Eintippen von per Post eingereichten Formularen schon ein Fortschritt wäre...
Bei all dem Verlangen nach Schnelligkeit hat man schon 2017 ins OZG eine Bremse eingebaut, die eigentlich die Effizienz hoch halten soll: Es gilt das Efa-Prinzip. Das steht für „einer für alle“ und bedeutet: Nicht in jedem Rathaus, auch nicht in jedem Bundesland soll jeder Vorgang auf eigene Faust entwickelt werden. Die Zuständigkeiten wurden verteilt. Städte und Landkreise teilen sich in Projektgruppen auf Themenbereiche auf.
Schulen gut ausgestattet
So bearbeitete man in Bremen das Kinderkriegen: Geburtsurkunde, Elterngeld, Kindergeld, Namensänderung – alles in einem Antragspaket namens Elfe (Einfach Leistungen für Kinder) verpackt. Aktueller Status in NRW: Noch wird die Übertragbarkeit geprüft. Soll heißen: Eltern müssen nach wie vor das Standesamt Dortmund und die Agentur für Arbeit kontaktieren, um die Anträge auf den alten Weg zu bringen.
Auf der anderen Seite wurde an den Dortmunder Schulen die Digitalisierung immens vorangetrieben: „Wir haben alles ausgeschöpft, was an Fördermitteln verfügbar war und haben keinen Euro liegengelassen“, betont Organisationsdezernent Uhr. „Heute können wir sagen, dass wir fast eine 1:1-Ausstattung haben.“ Ab der dritten Klasse habe jeder Schüler und jede Schülerin ein iPad.
So sehr sich der Stadtrat darüber freut, so besorgt blickt er bei diesem Thema in die Zukunft. „Nach fünf Jahren“, sagt Christian Uhr, „sind die Geräte abgeschrieben. 2025 fangen wir also an auszutauschen. Es ist aber noch unklar, wie das finanziert wird. Da werden wir eine Anschluss-Lösung brauchen und gucken gespannt nach Düsseldorf und Berlin.“
Die nächste Folge: Wo wird bei der Stadt Dortmund noch gefaxt?
Wie digital sind Dortmunds Behörden? Diese Frage stellen wir in den kommenden Wochen immer wieder und checken, was schon geht und was nicht. Sie, liebe Leser und Leserinnen, könnten Teil der Serie werden. Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit in einer E-Mail an dortmund@ruhrnachrichten.de. Wir freuen uns über Ihren Input.
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