Herta Gontz ist mit 107 Jahren die älteste Dortmunderin
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Kein Sport, aber immer zu Fuß unterwegs, wenn auch heute mit Rollator: Herta Gontz ist Dortmunds älteste Bürgerin – mit 107 Jahren. Für ihr hohes Alter kennt sie nur einen Grund.
„Der Oberbürgermeister kommt zu deinem Geburtstag“, kündigte Tochter Ursula ihrer Mutter schon ein paar Tage vor dem großen Fest an. „Wer hat den denn bestellt?“, fragte Herta Gontz, „hast du den bestellt?“

Herta Gontz früher und heute: Am 6.10. hat sie ihren 107. Geburtstag gefeiert. © Kolle
Bei so einem Anlass wie dem Geburtstag von Herta Gontz muss man Thomas Westphal nicht bestellen. Da kommt er von ganz allein, um persönlich und im Namen der Stadt zu gratulieren – mit Blumenstrauß und Briefumschlag; denn Herta Gontz feierte am Mittwoch (6.10.) ihren 107. Geburtstag und ist damit die älteste Bürgerin der Stadt. „Das glaube ich nicht“, sagte sie zu Westphal.
In ihrem Zimmer im zweiten Stock des Comunita-Seniorenhauses in Huckarde erzählt sie mit Unterstützung von Tochter und Enkelin ein wenig aus ihrem Leben. Die gebürtige Lütgendortmunderin lebt erst seit zwei Jahren im Seniorenheim, führte bis dahin selbstständig ihren Haushalt.
„Wieder Unterhosen waschen... ?“
Zwei Töchter hat sie geboren. Nur noch Ursula lebt, sie wird in Kürze 80 Jahre. Auch ihren Mann hat Herta Gontz schon früh verloren. Er starb mit nur 42 Jahren am Herzinfarkt. Einen neuen Mann wollte sie nicht. „Wieder Unterhosen waschen...?“, meinte sie dann immer.
Dass sie selbst so alt ist, dafür nennt sie nur einen Grund: „Der liebe Gott wollte mich nicht haben.“ Inzwischen hört sie schlecht. Ein Hörgerät nimmt sie nicht. Die habe ihre Mutter alle entsorgt, berichtet Tochter Ursula.
Aber mit dem Rollator ist Herta Gontz noch gut unterwegs. Sport hat sie nie gemacht - aber alles zu Fuß erledigt. Geraucht hat sie in Gesellschaft ab und an mal bis zum Tod ihres Ehemanns. Und bis zum Einzug ins Seniorenheim hat sie täglich zwei Likörchen getrunken, am liebsten Eierlikör und Baileys. Für Naschereien sei sie immer noch zu haben, Weingummi und Lakritz, berichtet die Familie. Fleisch isst sie nicht mehr, liebt aber Aal und Reibeplätzchen.
Abgeschnittene Fingerkuppe
Bis auf einen leichten Schlaganfall im Jahr 2009 hatte Herta Gontz keine ernsthaften Erkrankungen. Auch keine schweren Verletzungen bis auf einen Rippenbruch nach einem Sturz und eine abgeschnittene Fingerkuppe. Das war die Brotmaschine.

Auch Oberbürgermeister Thomas Westphal kam vorbei, um Herta Gontz zu gratulieren. Rechts neben ihr Tochter Ursula. © Kolle
Auch wenn sie, vom lieben Gott abgesehen, nicht weiß, was sie hat so alt werden lassen – ihre Verwandten haben da eine Idee. „Sie hat immer gesagt, man muss zufrieden sein, mit dem, was man hat.“ Und: „Keinen Streit“ habe sie immer gesagt.
Herta Gontz ist und war schon immer sehr genügsam. Einen Beruf hat sie nicht gelernt, aber als junge Frau als Erntehelferin gearbeitet und Steckrüben ausgemacht. Einmal hat sie sich gewehrt. Als der Bauer sie betuppen wollte, protestierte sie: „Ich habe zwei kleine Kinder zu Hause.“ Heute hat sie vier Enkel, drei Urenkel und vier Ururenkel.
Einmal pro Woche zum Bingo bei der AWO
Zweimal im Jahr ist sie immer zu Verwandten nach Oberhambach gefahren und ist jahrelang einmal wöchentlich zur AWO in Lütgendortmund gegangen, um Bingo zu spielen. Das war ihr Ding. Für die Kinder und Enkelkinder hat sie viel genäht und gestrickt, bis im Alter von Mitte 90 die Arthrose sie im Arm plagte.
Noch immer schaut sie gern Quizsendungen im Fernsehen, spielt mit der Hausdame „Mensch, ärgere dich nicht“ und löst Kreuzworträtsel.
Schon die Mutter wurde fast 100
Auf dem Tisch in ihrem Zimmer liegen ein paar alte Fotos. „Wo hast du das denn rausgekramt?“, fragt Herta Gontz ihre Tochter. Die Bilder zeigen sie bei ihrer Konfirmation und als junge Frau. Auch ein Bild von der Diamantenen Hochzeit ihrer Eltern ist dabei, Heinrich und Auguste Wagehals. Gontz‘ Mutter ist mit fast 100 Jahren gestorben.
Über den Besuch von Oberbürgermeister Westphal hat Herta Gontz sich sichtlich gefreut. „107 Jahre zufrieden zu sein, ist schon eine Kunst“, sagte der OB.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
