Als Kämpfer mit Herz ist Helmut Feldmann vielen Marlern in Erinnerung. Auch in Dortmund wirkte er viele Jahre. Über eine lange Zeit begleitete unsere Redaktion seinen Einsatz für das Recht auf ein selbstbestimmtes Sterben in Würde. Er klagte es ein - und als das Bundesverfassungsgericht am 26. Februar 2020 entschied, dass dieses Recht jedem Menschen zusteht, war Helmut Feldmann plötzlich ein gefragter Interviewpartner in den Medien. Er wollte unbedingt noch miterleben, wie der Bundestag das viel beachtete Urteil in ein Gesetz gießt. Doch das haben die Parlamentarier bis heute, mehr als vier Jahre später, nicht geschafft.
Im Juli 2023, einen Monat bevor Helmut Feldmann starb, sah es noch so aus, als ob der Bundestag ein neues Betäubungsmittelgesetz beschließt. Zwei Gesetzentwürfe standen zur Abstimmung. Aber in der Abstimmung scheiterten beide. „Das ist eine Schande“, kritisierte Helmut Feldmann kurz vor seinem Tod.

Wann wird das Recht auf würdevolles Sterben endlich in ein Gesetz gegossen? Zwei Parlamentarier-Gruppen wollen Differenzen überwinden und einen gemeinsamen Entwurf erarbeiten, berichtet der Marler Bundestagsabgeordnete Brian Nickholz. In Gesprächsrunden werden die Grundsatzfragen geklärt: Wie intensiv muss eine psychologische Beratung sein? Was soll Ärzten abverlangt werden? Wie klärt man, ob dem Wunsch der Patienten tatsächlich entsprochen wird?
Noch vor dem Ende dieser Legislaturperiode - also bis September 2025 - soll die Entscheidung fallen. Bisher haben beide Gruppen noch keine gemeinsame Lösung gefunden. Damit ist auch nicht in den nächsten Wochen zu rechnen, meint Brian Nickholz.
Es geht um unheilbar Kranke
Er hatte wie Helmut Feldmann einen Vorschlag unterstützt, dem sich auch die Minister Karl Lauterbach und Christian Lindner angeschlossen hatten: Danach sollten Ärzte den Sterbewilligen nach Aufklärung ein tödlich wirkendes Medikament verschreiben dürfen. Voraussetzung ist die Beratung durch eine staatliche anerkannte Stelle. Solche Anhörungen mit ärztlicher und psychologischer Begleitung lagen Helmut Feldmann am Herzen. Er meinte, dass sich alle Bürger mit dem Sterben auseinandersetzen sollten. Als wichtig sah er auch die Arbeit von Hospizen und Palliativmedizinern an.
Menschen mit Demenz und Depressionen, „gesunde Lebensmüde“, sollten von der Suizidhilfe ausgeschlossen sein, meinte Helmut Feldmann: „Psychische Schmerzen können durch Psychotherapie geheilt werden. Mir geht es um unheilbar Kranke, die schwere Schmerzen ertragen müssen und denen nicht mehr geholfen werden kann.“ Ihnen sollte Sterbehilfe geleistet werden dürfen.
Wer entscheidet, was andere ertragen müssen?
Auch er selbst nahm sie in Anspruch. Helmut Feldmann litt an der Lungenkrankheit COPD. Er wollte nicht qualvoll ersticken, nachts im Bett keine Luft mehr bekommen. Andere sollten nicht entscheiden, was er ertragen muss.
Nach vier Lungenentzündungen, einer schweren OP und mehreren Stürzen verbrachte er mit seiner Tochter einen letzten Urlaub an der Ostsee. Noch kurz vor seinem Tod regelte er alles, ließ sich vom deutsch-schweizerischen Verein Sterbehilfe, in dem er Mitglied war, das Betäubungsmittel Pentobarbital bringen. Zum Abschied zog er den besten Anzug und das schönste Hemd an und nahm seine Lieben in den Arm. Dann, so berichtet die Familie, habe er an einem Rädchen gedreht, damit das Narkotikum in seinen Körper gelangte.
Vor einem Jahr ist Helmut Feldmann verstorben. Andere hat er nie vergessen. Wohl auch deshalb ist er vielen Marlern in Erinnerung geblieben.