Angst vor Klage - Dortmunder Rektorin legt Homepage still „Möchte ruhig schlafen können“

Angst vor einer Klage – Kirchlinder Schulleiterin legt Homepage still
Lesezeit

Ein Urteil des Landgerichts München I sorgt mittlerweile auch in Dortmund für Unruhe. Denn in den vergangenen Wochen meldeten sich bei der Bezirksregierung Arnsberg vier Dortmunder Schulen, die Schreiben von Abmahn-Kanzleien erhalten haben. Das bestätigte auf Anfrage Pressesprecher Christoph Söbbeler. Die Namen der Schulen wollte er mit Hinweis auf Datenschutzgründe nicht nennen.

Das Thema ist kompliziert – deshalb hat die Schulleiterin der Hangeney-Grundschule in Dortmund-Kirchlinde aber sogar schon reagiert, ohne dass ihre Schule an der Hangeneystraße überhaupt ein Anwaltsschreiben erhalten hat. „Ich möchte auch weiterhin ruhig schlafen können und keine Angst vor einer Klage haben müssen“, sagte Almuth Grau im Gespräch mit unserer Redaktion. Deshalb habe sie die schuleigene Homepage stilllegen lassen und die Gestaltung einer neuen Domain in Auftrag gegeben.

Denn im Fokus der Abnahm-Kanzleien stehen Webesite-Betreiber, nachdem das Landgericht München I am 20. Januar 2022 in seinem Urteil (Az.: 3 O 17493/20) die Rechtswidrigkeit der Remote-Einbindung von Google Fonts festgestellt hat. „Mit den Abmahnschreiben werden Forderungen wegen der Einbindung von Google Fonts in schulische Internetseiten und der damit einhergehenden rechtswidrigen Übermittlung von personenbezogenen Daten der Mandanten an die Firma Google geltend gemacht“, schreibt Christoph Söbbeler. Unter anderem werde Schadenersatz wegen der Verletzung des Rechtes auf informationelle Selbstbestimmung der Mandanten verlangt.

Bei Google Fonts (früher Google Web Fonts) handelt es sich um ein interaktives Verzeichnis von Schriftarten, die von der Firma Google LLC lizenzfrei zur Verfügung gestellt wird, so der Sprecher der Bezirksregierung Arnsberg. „Hierbei kann der Betreiber einer Website die Schriften auf der eigenen Website nutzen, ohne diese auf den eigenen Server hochladen zu müssen.“

Fehlende Rechtsgrundlage

Beim Aufruf der Website durch einen Nutzer würden die Schriften über einen Google-Server nachgeladen. „Hierdurch wird jedoch bewirkt, dass personenbezogene Daten des Nutzers (IP-Adresse) an die Firma Google übertragen werden.“ Für diese Datenübermittlung fehle es an einer wirksamen Einwilligung des Nutzers und auch an einer sonstigen Rechtsgrundlage, so dass die Datenübermittlung rechtswidrig erfolge, erklärt Christoph Söbbler.

Genau diese rechtswidrige Datenübermittlung stelle nach dem oben genannten Urteil einen unzulässigen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Nutzers dar. Dies könne zu Unterlassungs- und Schadenersatzansprüchen des Nutzers führen.

„Sind keine IT-Experten“

„Wir sind Lehrer und keine IT-Experten, wir haben eine Homepage gebastelt wie es beispielsweise auch jeder Kindergarten macht. Wir können doch gar nicht feststellen, ob unsere Homepage auch diesen formalen Fehler hat“, so die Rektorin Grau. Deshalb sei für sie die Stilllegung der alten Website alternativlos gewesen. Auf der Suche nach der Kirchlinder Schule wird man derzeit auf die neutrale Startseite des Dortmunder Schulservers weitergeleitet.

Für großes Chaos an ihrer Schule sorge das bisher nicht. „Wir alle sind gut per E-Mail vernetzt, außerdem gibt es ja auch noch den klassischen Elternbrief“, so die Kirchlinder Rektorin. Schul-Termine könne man ganz einfach am Kühlschrank platzieren.

Auch sonst sieht Almuth Grau keine Nachteile für ihre Schule während der Übergangsphase ohne Internetauftritt. Schließlich habe man noch nie so viele Anmeldungen wie in diesem Jahr gehabt. „Wir hatten für das kommende Schuljahr 90 Anmeldungen und mussten 40 Kindern absagen.“ Almuth Grau rechnet damit, dass die neue Website in wenigen Wochen installiert wird.

Tipps aus Arnsberg

Christoph Söbbeler ist Pressereferent der Bezirksregierung Arnsberg.
Christoph Söbbeler, Pressereferent der Bezirksregierung Arnsberg, gibt Tipps, wie sich Schulen vor Schadenersatzforderungen in Sachen Google Fonts schützen können. © Bezirksregierung

Bezirksregierungs-Sprecher Christoph Söbbler gibt Tipps, wie sich Schulen bei der Nutzung von Google Fonts rechtlich absichern können: „Abhilfe kann dadurch geschaffen werden, das die benötigten Schriften (Fonts) lokal in den schulischen Internetauftritt eingebunden werden.“

Hierzu müssten die Google Fonts heruntergeladen und auf den eigenen Server hochgeladen werden. Dadurch werde die Verbindung zum Google-Server getrennt und es finde keine Informationsübertragung an die Google LLC mehr statt.

„Schulen sollten daher vorsichtshalber prüfen, ob, und wenn ja, in welcher Form Google Fonts in den schulischen Internetauftritt eingebunden sind. Sollten Google Fonts so eingebunden sein, dass eine Datenübermittlung stattfindet, sollte dies schnellstmöglich beendet werden.“

Und: Falls weitere Schulen im Zusammenhang mit Google Fonts ein Abmahn- und Forderungsschreiben erhalten haben, sollte dies der Bezirksregierung Arnsberg zugeleitet werden. Die bisher betroffenen vier Schulen werden laut Söbbeler über die Juristen der Bezirksregierung Arnsberg betreut, Forderungen der Abmahnanwälte würden zurückgewiesen.

Nach schlimmer Erhebung: Dortmunds Schule mit dem größten Lehrermangel hat Hilfe bekommen

Bahnhofs-Umbau in Dortmund dauert länger als geplant: Bauarbeiten bis ins kommende Jahr

Katja Oettel verkauft Adventspräsente: So kam ihr die Idee zum Selbstbedienungsschrank