Der Dortmunder Hafen ist seit Samstag, (15. Juni) vom Schiffsverkehr komplett abgeschnitten. Die Sperrung der Henrichenburger Schleuse bereitet den Betrieben am Hafen massive Probleme.

Dortmund

, 17.06.2019, 18:03 Uhr / Lesedauer: 2 min

Bautechniker Thomas Hoersch (50) hatte sie 2018 entdeckt, diese Risse im mächtigen Untertor der Henrichenburger Schleuse. „Richtig fiese Risse waren das“, sagt er. So „fies“, dass das Tor nicht mehr standsicher gewesen sei und jederzeit vor einem Totalausfall gestanden hätte. Also haben die Arbeiter Prioritäten gesetzt: Sie haben erst einmal die Risse geschweißt. Den geplanten Korrosionsschutz haben sie auf 2019 verschoben. Im anderen Fall hätten sie die Schleuse weitaus länger sperren müssen als jene drei Wochen im September 2018. Vermutlich für mehrere Monate.

Seit Samstag, 16. Juni, ist die Schleuse also erneut gesperrt. Das wird bis zum 31. Juli so bleiben. Während dieser Zeit kann kein Schiff den Dortmunder Hafen anfahren, umgekehrt kommt auch keines raus. Die Schleuse ist das Nadelöhr. Und eine Wundertüte. Niemand kann sagen, ob der Zeitplan diesmal aufgeht, den das Wasserstraßen und Schifffahrtsamt (WSV) und die Fachstelle für Maschinenwesen in Datteln bis ins Detail abgestimmt haben. Korrosionsschutz, Einbau neuer Schleusentechnik, neue Hydraulikaggregate, und, und, und.

„Da ist keinerlei Zeitpuffer mehr drin“, ließ Marcel Mülle vom Dattelner Wasserstraßen-Neubauamt die rund 50 Besucher aus Dortmund am Montag (17. 6.) wissen. Lokalpolitiker, Vertreter der Dortmunder Hafen AG und der ansässigen Betriebe – sie alle waren zur Schleuse gefahren, um sich über die Arbeiten zu informieren.

Recycling-Betrieb rechnet mit Mehrkosten von 400.000 Euro

Jede Sperrung hat zur Folge, dass Transporte auf die Straße und die Schiene verlegt werden und die Kosten steigen. Die Umweltbelastung gar nicht mitberechnet. Lars H. Nehrling, Regionalleiter des Schrottverwerters TSR Recycling, kann ein Lied davon singen.

Pro Monat gingen sechs Schiffe raus, vollbeladen mit Schrott für Stahlwerke. Jetzt sei der Auftrag an DB Cargo und die Dortmunder Eisenbahn vergeben. Mehrkosten: rund 400.000 Euro. „2018 mussten wir sogar auf Lkw umswitchen, weil die Bahn keine Kapazitäten hatte“, sagte Nehrling. Zum Vergleich: Ein Schiff ersetzt 500 Lkw-Fahrten.

Die Schleusenkammer auf dem Trockendock: 2018 mussten plötzlich entdeckte Risse im Untertor geschweißt werden. Das hat alle weiteren Arbeiten verzögert.

Die Schleusenkammer auf dem Trockendock: 2018 mussten plötzlich entdeckte Risse im Untertor geschweißt werden. Das hat alle weiteren Arbeiten verzögert. © Beushausen

Nach dem 31. Juli geht die Schleuse bis Oktober in einen „Notbetrieb“ über. Tagsüber wird gearbeitet, abends und nachts 7,5 Stunden geschleust. Jede Schleusung dauert rund eine Stunde. Weil die Fernsteuerung während dieser Zeit ausfällt, schlagen sich zwei Mitarbeiter und ein Schichtleiter des WSV die Nächte um die Ohren. Für einen Zwei-Schichtbetrieb fehlt es an Personal. Karl-Heinz Keisewitt, Vorsitzender des Vereins der Dortmunder Hafenanlieger, beschrieb die Stimmung so: „Wir haben Bauchschmerzen, weil der Hafen an einer einzigen Ader hängt.“

Neue Schleuse kostet "50 bis 80 Millionen Euro"

Hafen-Vorstand Uwe Büscher ahnt, dass jederzeit neue Überraschungen auftauchen können. Deshalb bracht er einmal mehr den Bau einer zweiten Schleuse ins Gespräch - eine Idee, die inzwischen auch von Teilen der Politik und von Hafenanliegern aufgegriffen wird. Die derzeitigen Reparaturen beziffert Volker Schlüter vom WSV auf „acht bis neun Millionen Euro“. Für einen Neubau würden „50 bis 80 Millionen Euro“ fällig. „Das ist eine politische Frage“, so Schlüter. Hafen-Chef Büscher bat, „sich von der Summe nicht abschrecken zu lassen.“ Es gehe darum, die Wirtschaftlichkeit des Hafens langfristig zu sichern, die Versorgung mit Gütern zu gewährleisten und Planungssicherheit für die Betriebe schaffen. Im Übrigen sei es das erklärte Ziel der Politik, so viel Transporte wie möglich von der Straße zu bekommen.

Apropos Planungssicherheit: 2020 werden die Arbeiten fortgesetzt – und die Schleuse erneut gesperrt. Bislang war dafür der Zeitraum von Mai bis Mitte Juni vorgesehen. Jetzt hat das Schifffahrtsamt umdisponiert und die Sperrung auf die Zeit vom 15.8.2020 bis 28.9.2020 verlegt. Davor steht allerdings das Wort „voraussichtlich.“ Das Schifffahrtsamt kann aktuell nicht sagen, ob die Baufirmen über freie Kapazitäten verfügen. . .

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