Gullydeckel auf Autobahn in Dortmund geworfen Welche ähnlichen Fälle es gab - und was den Tätern droht

Gullydeckel auf Autobahn geworfen: Lange Haft für Mordversuch möglich
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Ein „Jungenstreich“ sei es gewesen, sagte ein 25-Jähriger vor Gericht über seine Taten. Die Staatsanwaltschaft nutzte einen anderen Begriff: Mordversuch. Immer wieder sorgen Brückenwerfer für extrem gefährliche Situationen, wenn sie schwere Gegenstände auf Autobahnen schmeißen.

Am späten Dienstagabend (18.7.) war das zuletzt im Dortmunder Westen der Fall. Bei Westerfilde haben Unbekannte gegen 22.30 Uhr einen Gullydeckel auf die A45 fallen lassen. Vier Autos fuhren über das massive Hindernis, die Wagen wurden schwer beschädigt und waren nicht mehr fahrbereit. Verletzt wurde aber niemand.

An genau derselben Brücke hatte es erst im Oktober gleich zwei ganz ähnliche Vorfälle gegeben. Der fast 30 Kilo schwere Betonfuß eines Baustellenschildes hatte ein fahrendes Auto gegen 23 Uhr an der Beifahrerseite getroffen. Eine Scheibe zersplitterte, der unverletzte Fahrer konnte seinen Wagen aber ohne weitere Gefahr anhalten.

Vier Tage danach wurde der Polizei nachts gegen 2 Uhr gemeldet, dass Verkehrsschilder auf der Fahrbahn der Autobahn lagen. An derselben Brücke, wo die Westerwikstraße zur Mosselde wird. Die Staatsanwaltschaft hat wegen versuchten Mordes ermittelt. Wegen der aktuellen Urlaubszeit kann die Behörde jedoch zunächst nicht mitteilen, was aus dem Fall geworden ist.

20 Unfälle wegen Langeweile

Die eingangs erwähnte Gerichtsszene spielte sich im Jahr 2015 in Münster ab. Zwei 25-Jährige hatten damals gestanden, reihenweise schwere Gegenstände auf die A1 geworfen zu haben. Betonplatten, Baustellenlampen oder Baumstämme, extra im Auto auf die Brücken geschafft. Sie hätten einfach nur Langeweile gehabt und nicht an mögliche Folgen gedacht, hieß es.

Zu rund 20 Unfällen ist es wegen dieser Langeweile gekommen, teilweise bei Tempo 150. Es wäre den Tätern völlig egal gewesen, wenn jemand ums Leben gekommen wäre, sagte der Richter.

Psychische Folgen

Niemand von ihnen wurde schwer verletzt, doch es gab psychische Folgen für die Fahrerinnen und Fahrer. „Sie haben ihre Unbekümmertheit verloren“, sagte der Richter beim Urteil. Mindestens einmal hätten die Angeklagten auch ganz gezielt versucht, Autofahrer mit 2,5 Kilo schweren Baustellenlampen zu treffen.

Das hätte ähnliche Folgen haben können wie der Holzklotzwurf von Oldenburg im Jahr 2008. Der Klotz schlug durch die Windschutzscheibe und tötete eine 33-jährige zweifache Mutter vor den Augen ihrer Familie. Der Täter ist wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Der Drogensüchtige habe aus Frust so gehandelt, hieß es.

Ein großer Ast liegt auf einem beschädigten Auto.
Ein wütender Fußgänger hat diesen schweren Ast von einer Dortmunder A45-Brücke auf den fahrenden Wagen von Cindy K. geworfen. © Repro Stephan Schütze

Um zu einer langen Haftstrafe verurteilt zu werden, muss man niemanden getötet haben, und man muss auch keine extrem lange Brückenwurf-Serie hinlegen. Im Jahr 2018 hatte ein Busfahrer einen jungen Mann in Dortmund-Rahm aus dem Bus geworfen, weil er Bier getrunken hatte. Auf seinem Fußweg sei er dann so wütend gewesen, dass er an der Rahmer Straße einen schweren Ast griff und auf die A45 schleuderte. 2,60 Meter lang und 10 Kilo schwer.

Senkrecht fiel der Ast auf ein fahrendes Auto. Die 32-jährige Fahrerin aus Castrop-Rauxel erlitt einen Schock und wurde leicht verletzt. Sie litt unter Angstzuständen. Im Prozess sagte sie aus, dass sie „jeden Tag unter dieser Scheißbrücke herfahren“ muss, die auf ihrem Arbeitsweg liegt.

Der Täter gab an, sich an nichts erinnern zu können und beteuerte seine Unschuld. An dem Ast wurden aber seine DNA-Spuren gefunden. Urteil: sieben Jahre Haft wegen versuchten Mordes.

Lebensgefahr bei Hildesheim

Wie kürzlich in Westerfilde war es im August 2022 auch ein Gullydeckel, der von einer Brücke auf die A7 bei Hildesheim geworfen wurde. Er durchschlug die Windschutzscheibe eines Autos, eine 43-jährige Insassin wurde lebensgefährlich verletzt. Zwei Verdächtige sitzen in Untersuchungshaft, das Verfahren läuft noch.

Wer am Dienstagabend (18.7.) verdächtige Personen an der Brücke Mosselde / Westerwikstraße beobachtet hat, möge sich bei der Polizei melden unter Tel. (0231) 1 32 48 21.

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