Seit vielen Jahrzehnten bewirtschaftet die Familie von Heinrich Coesfeld ein Stück Grabeland: 463 Quadratmeter am Rande der Bolmke irgendwo zwischen den drei benachbarten Kleingärten sowie Stockumer- und Pulverstraße. Elf Parzellen sind es insgesamt. Die neuen Grundsteuerbescheide verwandeln die Gartennachbarn jetzt in eine Zweiklassengesellschaft: Die einen zahlen demnach 34 Euro im Jahr, die anderen das 22-fache, rund 700 Euro. Darunter die Familie Coesfeld: 764,06 Euro werden hier fällig.
Offenbar entscheidend für die Zuteilung war ein vielleicht zwei Meter breiter Grünstreifen: Wer auf der einen Seite Richtung Kleingartenanlage mit seiner Parzelle liegt, hat Glück gehabt, die anderen sieben, die in Richtung der Häuser an der Pulverstraße liegen, trifft die Erhöhung. Und manche möglicherweise derart, dass Thomas Coesfeld sich sorgt: „Was wäre, wenn einem unserer Nachbarn – oder auch uns – die Steuerbelastung zu viel wird und man das Stück Grabeland verkaufen möchte?“ Wer, so fragt sich Coesfeld, würde sich denn dafür interessieren, wenn nebenan ein Schrebergarten für weniger Geld, dafür aber mit Wasser und Stromanschluss zur Verfügung steht? Und er fügt mit einer Portion Sarkasmus hinzu: „Der Bodenrichtwert liegt jetzt bei 390 Euro pro Quadratmeter. Sollte also jemand Interesse haben, 180.000 Euro dafür zu bezahlen, bitte melden.“

Die Coesfelds haben Widerspruch eingelegt. Es handele sich nach wie vor um eine Nutzung als Acker- und Grünland und zähle als Land- und Forstwirtschaft und folglich sei eine Zuordnung zur Grundsteuer A statt B richtig, schreiben Sie dem Finanzamt. Auf dem Grundstück gebe es keinerlei Infrastruktur, keine Versorgungs- und Entsorgungsleitungen, so Thomas und Heinrich Coesfeld weiter. Hinzu komme, dass unter dem Grundstück eine Gasversorgungsleistung verlaufe, die eine Bebauung ohnehin ausschließe.
Die Leitung sei, berichtet Heinrich Coesfeld, während des Zweiten Weltkriegs von russischen Zwangsarbeitern gebaut worden. „Sichtbar“ ist die Leitung im Garten der Coesfelds durch den ein oder anderen Schachtdeckel im Boden und durch entsprechende Hinweisschilder auf dem Grünstreifen, der die Gartenparzellen in zwei Hälften trennt.
Die Coesfelds vermuten, dass man bei der Bewertung des Grundstücks in der Finanzverwaltung davon ausgegangen ist, dass die fraglichen Grabeland-Parzellen eine Anbindung an die Grundstücke und Gärten der Häuser an der Pulverstraße haben. „Haben Sie aber nicht“, betonen Heinrich und Thomas Coesfeld, „eine solche Anbindung existiert nicht“. Eine Entscheidung über den Widerspruch steht aus; zahlen wird die Familie Coesfeld aber trotzdem müssen – und dann, wie ihre sechs Nachbarn auf der einen Seite des Grünstreifens auch, weiter hoffen.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien erstmals am 14. Februar 2025.
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