Schule kämpft gegen Kündigung ihrer guten Seele „Jetzt, wo ich was koste, muss ich weg“

Gerhart-Hauptmann-Grundschule kämpft um Mitarbeiterin
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Im Flur vor dem Saal im ersten Stock des Aplerbecker Amtshauses war das große Plakat nicht zu übersehen. In großen bunten Buchstaben stand darauf: „Frau Pietsch muss bleiben“. Schülerinnen und Schüler der Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Schüren hatten es selbst gemalt und wollten gemeinsam mit Eltern in der Sitzung der Bezirksvertretung Aplerbeck am Dienstag (8.10.) ihrem Ärger Luft machen.

Schüler der Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Dortmund halten ein Plakat mit der Aufschrift "Frau Pietsch muss bleiben!!!".
Schülerinnen und Schüler im Aplerbecker Amtshaus. Das Plakat hielten sie in der Sitzung der Bezirksvertretung hoch. © Jörg Bauerfeld

„Wir wollen alles versuchen, damit Frau Pietsch an unserer Schule bleibt“, sagt Alina Murat, Elternpflegschaftsvorsitzende der Grundschule Schüren, und überreichte Bezirksbürgermeister Jan Gravert mehrere hundert Unterschriften, die die Weiterbeschäftigung von Iris Pietsch fordern.

„Frau Pietsch ist die gute Seele unserer Schule. Sie kümmert sich um alles, ist immer da, wo man sie braucht. Wir wollen nicht, dass sie geht“, sagt Alina Murat.

Auch Schulleiterin Katja Burghardt ist niedergeschlagen. „Sekretärinnen an Grundschulen sind manchmal nur an zwei oder drei Tagen für ein paar Stunden da“, sagt sie. „Als Frau Pietsch zu uns kam, waren wir froh, dass wieder jemand da war. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was wir ohne sie machen würden.“

Die Kinder in Dortmund-Aplerbeck überreichen eine Unterschriftenliste
Bezirksbürgermeister Jan Gravert übernimmt die Unterschriftenliste, die Eltern und Schülerinnen und Schüler mit in die Bezirksvertretung gebracht hatten. © Jörg Bauerfeld

Die Stadt habe sie gebeten, ein Zeugnis und eine Stellungnahme zu schreiben. „Das habe ich alles gemacht und klar geschrieben, dass wir sie gerne behalten würden, wenn es eine Möglichkeit gibt. Aber bis heute habe ich keine Reaktion bekommen“, sagt Katja Burghardt. Doch was ist eigentlich los an der Grundschule in Schüren?

Angefangen hat Iris Pietsch vor fast fünf Jahren. Als sogenannte 16-i-Kraft, eine Beschäftigungsmaßnahme der Bundesagentur für Arbeit. „Für Menschen, die schon länger arbeitssuchend sind“, sagt die 57-Jährige. Als zusätzliche Kraft im Sekretariat war Iris Pietsch dann irgendwie für alles zuständig. Neben der Sekretariatstätigkeit auch für das Aufkleben von Pflastern auf kleine Wunden oder auch mal für das Trösten des einen oder anderen Schulanfängers. Im Gegensatz zur Schulsekretärin, die lediglich ein paar Stunden in der Grundschule ist, war Iris Pietsch täglich vor Ort.

Blick auf die Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Dortmund-Schüren.
Die Gerhart-Hauptmann-Grundschule in Schüren. Hier wird Iris Pietsch dringend gebraucht. © Jörg Bauerfeld

„Zunächst hatte ich einen Vertrag für zwei Jahre“, sagt Pietsch. Dann habe die Stadt wegen der guten Arbeit eine Verlängerung auf fünf Jahre gewährt. Bis zum 31. Oktober 2024.

„Das Ganze war eine Kooperation zwischen der Arge, der Stadt Dortmund und dem Sozialamt. Es ging einfach darum, dass ich von der Straße wegkomme.“ Es ging aber auch darum, dass bei guter Arbeit die Chance besteht, nach den fünf Jahren übernommen zu werden.

„Das war der Sinn der Maßnahme.“ Und gute Arbeit, die bescheinigen Iris Pietsch alle an der Gerhart Hauptmann Grundschule. Aber die Belohnung wird wohl ausbleiben. Der Knackpunkt ist offenbar das liebe Geld. Denn weil es sich um eine geförderte Maßnahme handelt, musste die Stadt Dortmund bisher nur 30 Prozent des Gehalts von Iris Pietsch übernehmen. Wenn die 57-Jährige jetzt eine Festanstellung bekommt, sind es plötzlich 100 Prozent.

Iris Pietsch ist enttäuscht und verärgert. „Jetzt reißt man mir wieder die Füße weg. Jetzt, wo ich Geld koste, muss ich weg. Aber ich will nicht weg.“ Eine ganze Schule hofft nun, dass es vielleicht doch noch ein Happy End gibt. „Frau Pietsch muss bleiben“, heißt es jetzt in der kleinen Grundschule in Schüren.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 10. Oktober 2024.