Dortmunder Fotografen besorgt wegen neuer Passbild-Regel „Wissen nicht, wie viel wegbricht“

Neue Passbild-Regel: Dortmunder Fotografin fürchtet sinkende Umsätze
Lesezeit

Wie wichtig das Geschäft mit den Passfotos für Karin Siekaup ist, bemerkt ein aufmerksamer Beobachter schnell, wenn er an einem regulären Freitagvormittag ihr Fotostudio in Hombruch besucht. Innerhalb von einer halben Stunde lassen drei Frauen Aufnahmen für Ausweisdokumente anfertigen.

Etwa die Hälfte ihres Umsatzes mache das Passfotogeschäft derzeit aus, sagt die Inhaberin des Fotostudios Brinkmann, das es seit 25 Jahren gibt. „Die Marge ist gut.“ Lange hatte sie die Angst, dass ihr diese Arbeit genommen werden könnte.

Hintergrund ist eine Passbild-Reform, die seit rund fünf Jahren vorbereitet wird und jetzt zum 1. Mai in Kraft tritt. Im Kampf gegen gefälschte Passfotos wird das digitale Lichtbild für Personalausweise, Reisepässe und Aufenthaltstitel eingeführt. Ausdrucke auf Papier sind nicht mehr zulässig.

Ursprünglich habe die Reform vorgesehen, dass Fotostudios das Geschäft mit den Passfotos einstellen müssen, erzählt Karin Siekaup. Doch als sich die Studios massiv wehrten, ruderte die Politik zurück.

Deshalb sagt die Fotografin jetzt: „Ich bin froh, dass ich weitermachen kann.“ Dennoch schwebt die Reform über der Branche wie ein Damoklesschwert.

Mehr Aufwand

Fotostudios, die den Fokus auf Passbilder legen, müssen befürchten, dass ihre Umsätze sinken. Auch Karin Siekaup äußert diese Sorge. Wie ihre Kollegen muss die Dortmunderin künftig Passfotos digital an das Amt übermitteln. Dafür ist eine spezielle Software entwickelt worden, mit der die Fotos in eine gesicherte Cloud hochgeladen werden müssen. Und: Jeder Upload kostet die Fotostudios Geld.

Im Fotostudio bekommen die Kunden künftig nur noch einen Zettel mit einem Code, den sie im Amt vorlegen. Der Sachbearbeiter scannt den Code und erhält so Zugriff auf das Foto.

Doch auch die Fotoautomaten in den Ämtern werden fit für die digitale Übermittlung der Fotos. Studio-Inhaberin Karin Siekaup fragt sich, wie viele ihrer Kunden dann überhaupt noch zu ihr kommen werden. Diese Unsicherheit treibt sie um. „Wir wissen nicht, wie viel wegbricht“, sagt Karin Siekaup. „Es kann sein, dass ich das Personal reduzieren muss.“ Momentan beschäftigt die Inhaberin zwei Vollzeitkräfte und eine Teilzeitkraft.

Hinzukommt, dass das neue Verfahren zusätzlichen Aufwand mit sich bringt. Will ein Studio Fotos digital übermitteln, muss sich der jeweilige Mitarbeiter mit seinem Ausweis im System verifizieren lassen. Das Fotostudio Brinkmann beschäftigt sich seit Anfang des Jahres intensiv mit den technischen Komponenten der Umstellung.

Doch die Software des Anbieters, für den sich Karin Siekaup entschieden hat, sei noch immer nicht verfügbar. Ihr werden nur wenige Tage bleiben, um das neue Verfahren in die tägliche Arbeit zu integrieren.

Karin Siekaup hat entschieden, dass sie im Übergang vom analogen zum digitalen Lichtbild zunächst beide Formen anbieten wird. Die Kunden sollen sowohl vier ausgedruckte Fotos als auch den Code für die digitale Übermittlung erhalten.

Klar ist für Karin Siekaup jetzt schon, dass sie die zusätzlichen Kosten nicht an die Kunden weitergeben wird. Zu groß ist ihre Sorge, dass sich die Kunden dann günstigeren Automaten zuwenden.

Probleme mit Technik

Andrian Chighelman betreibt das Studio Foto am Ostentor und hat noch ganz andere Probleme mit der Umstellung. Aktuell sei er nicht in der Lage, sich auf der Plattform zu registrieren, sagt er.

Die elektronische Identifizierung über seinen Ausweis sei gesperrt, weil er keinen Zugriff auf die Pin-Nummer habe. Andrian Chighelman muss nun auf ein neues Ausweisdokument warten. Erst dann kann er mit der digitalen Übermittlung der Passbilder starten.

Andrian Chighelman betreibt in Dortmund das Studio Foto am Ostentor.
Andrian Chighelman betreibt in Dortmund das Studio Foto am Ostentor. © Privat

Grundsätzlich kritisiert Andrian Chighelman die Umstellung als „unangenehm“, sagt aber auch: „Wir haben keine andere Wahl.“

Ihn stören mehrere Punkte. Zum einen hätte er sich eine Übergangsfrist gewünscht, in der die Ämter sowohl ausgedruckte Fotos als auch über die Software übermittelte Fotos annehmen.

Zwar gibt es eine Übergangsfrist bis zum 31. Juli für die ausgedruckten Fotos, doch diese ist an Bedingungen geknüpft, wie die Stadt Dortmund in einer Mitteilung erklärt. So gelte die Ausnahmeregelung unter anderem, wenn das Foto vor dem 1. Mai als Papierbild erstellt, aber noch nicht digital übermittelt wurde. Auch in Behörden mit Fotofix-Automaten, die noch nicht durch die neue Technik ersetzt wurden, können weiterhin Papierbilder genutzt werden.

Kritik an der Organisation

Andrian Chighelman findet es zudem nicht fair, dass die Fotostudios für die Uploads zur Kasse gebeten werden. Er rechnet mit 80 bis 90 Cent pro Upload. „Ich soll Geld bezahlen, um eine behördliche Vorgabe umzusetzen, und das Geld fließt in eine private Firma, die den Upload organisiert.“

Den Fotografen stört außerdem die kurze Zeit, die den Fotostudios bleibt, um die Vorgaben in der Praxis umzusetzen. Erst seit dem 17. April habe er Zugriff auf die Software. Bis zum 1. Mai müsse er unter anderem Mitarbeiter registrieren und schulen. „Das ist nicht optimal gelaufen“, sagt Andrian Chighelman.

Andrian Chighelmans Studio lebt nicht nur von Passfotos. Diese machten aber immerhin 10 bis 15 Prozent seines Umsatzes aus, rechnet er vor. Insofern sagt er über die Neuregelung: „Den Fotostudios tut das weh.“

Die Stadt Dortmund geht davon aus, dass nicht alle zehn Standorte der Bürgerdienste pünktlich zum 2. Mai mit der neuen Passfoto-Technik ausgerüstet sein werden. Dann greift die Ausnahmeregelungen. Alternativen zu den Geräten in den Ämtern bieten mehr als 20 Fotostudios in Dortmund sowie Filialen der Drogeriekette dm, teilt die Stadt mit.