Großbrand in Essen: Ist so etwas auch an Häusern in Dortmund möglich?

© dpa/Ruhr Nachrichten/Montage: Althoff

Großbrand in Essen: Ist so etwas auch an Häusern in Dortmund möglich?

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Wie kam es zum verheerenden Brand in Essen? Das verfolgt auch die Stadt Dortmund gespannt. Der Feuerwehr-Chef sagt: Manches mag rechtlich erlaubt sein, aber auch brandgefährlich.

Dortmund

, 26.02.2022, 11:15 Uhr / Lesedauer: 2 min

Auf das Papier von 2017 hatte er direkt hingewiesen. Dirk Aschenbrenner ist nicht nur Leiter der Dortmunder Feuerwehr, sondern auch Präsident der Vereinigung zur Förderung des deutschen Brandschutzes. Und somit Fachmann dafür, was in den Fassaden der Häuser stecken kann, was dort alles entzündlich ist.

Wenige Stunden nach dem Großbrand in Essen, bei dem 128 Bewohner eines Vivawest-Gebäudekomplexes ihr Zuhause verloren, wies Aschenbrenner auf das Papier hin. Um „Polystyrolschaum als Dämmstoff“ geht es da, also um einen Stoff, durch den sich ein Brand in Windeseile fressen kann. Also kein Einzelfall, was da in Essen passiert ist?

Schwer entflammbarer Putz, darunter brennbares Material

Aschenbrenner sagt nein. „Nicht alles, was das deutsche Baurecht erlaubt, muss auch zwingend ungefährlich sein“, unterstreicht er. Es dürfe brennbares Material als Dämmstoff verbaut werden – nur müsse es eben isoliert sein, sodass kein Funke daran kommen könnte. Und das klappt?

Nun ja, mahnt Aschenbrenner und entwirft ein Beispiel: Oft sei das brennbare Material durch schwer entflammbaren Putz abgedeckt. Wenn jetzt ein Mülltonnengriff immer wieder dagegen schlage, bröckele der Putz. „Und wenn dann jemand eine Zigarette hineinwerfen will und nicht trifft, kann das theoretisch schon ausreichen.“

Kurz nach Grennfell wurde der Hannibal geräumt

Anderes Beispiel: Vögel picken etwas ab. Auch das habe es in Dortmund zuletzt ja gegeben. „Wir wissen, gerade bei älteren Gebäuden leidet der Putz unter der Witterung.“ Das müsse dann ausgebessert werden. War es so auch in Essen?

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Dazu will sich Aschenbrenner nicht äußern. Es gebe noch sehr viele Fragestellungen, der Gebäudekomplex sei von 2015, die Ermittlungen seien ja noch lange nicht abgeschlossen. Aber der Dortmunder Feuerwehr-Chef sieht Parallelen zum Londoner Grennfell-Hochhaus 2017.

Nach der dortigen Brandkatastrophe landete Vieles auf dem Prüfstand. Kurz darauf war der Hannibal in Dorstfeld geräumt. Hinter dem Fall Essen, sagt Aschenbrenner, „steckt schon eine gewisse Sprengkraft für das deutsche Baurecht.“

Kurz nach Mitternacht von Sonntag auf Montag war das Feuer ausgebrochen. Schnell stand das ganze Gebäude im Essener Westviertel in Flammen.

Kurz nach Mitternacht von Sonntag auf Montag war das Feuer ausgebrochen. Schnell stand das ganze Gebäude im Essener Westviertel in Flammen. © picture alliance/dpa

Verrauchtes Treppenhaus? Balkone sind Fluchtwege

Als Präsident der Brandschutz-Vereinigung hatte Aschenbrenner schon 2017 gefordert: mehr Feuer-Barrieren zwischen den Etagen, zudem nicht-brennbare Verkleidungen für die Balkone und Außenwege zu Wohnungen. Es gibt Hinweise, dass das in Essen nicht so gewesen sein könnte.

Selbst wenn alles Baurecht-konform gewesen sei, „bei der Feuerwehr sehen Sie im Zweifelsfall dann, dass es doch ein Problem ist“. Zumal: Balkone sind Fluchtwege, wenn Treppenhäuser verraucht sind. Über die Leiter könne man Menschen retten – wenn es dort nicht auch brenne.

Dirk Aschenbrenner ist Chef der Dortmunder Feuerwehr.

Dirk Aschenbrenner ist Chef der Dortmunder Feuerwehr. © Ruhr Nachrichten

„Stadt wird das anschauen und für sich bewerten“

Auf die Ergebnisse aus Essen ist auch die Stadt Dortmund sehr gespannt: Sobald die Brandursache klar und das Gutachten öffentlich sei, „werden sich sicher sämtliche Gebäudeeigentümer dafür interessieren“, erklärt Stadtsprecher Christian Schön. Und fügt hinzu: „Auch die Stadt wird sich das sicher anschauen und für sich bewerten.“

Die Wohnungsgesellschaft Vivawest, die auch in Dortmund viele Mieter hat, verweist auf Anfrage darauf, dass man sich an die Brandschutzauflagen gehalten habe und dass die Ermittlungen noch liefen. „So lange die Brandursache nicht geklärt ist, lassen sich auch keine Rückschlüsse auf andere Gebäude im Bestand von Vivawest ziehen“, so ein Sprecher. Man lege „höchste Maßstäbe bezüglich der Sicherheit der Mieter an“.

Aschenbrenner sagt – ganz unabhängig von der Ursachenforschung: Immerhin sei es Winter gewesen. „Im Sommer sind die Fenster vielleicht auf oder die Menschen sind draußen auf den Balkonen. Wenn dann die Flammen so raufzüngeln, kann das ganz konkret Menschenleben kosten.“

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