Natürlich könne er nicht weit ins Detail gehen, „aber wenn Sie einige Produkte hören wollen, kann ich zum Beispiel ‚Leopard‘ und ‚Puma‘ nennen“, sagt Hans-Jörg Hübner. Der 75-Jährige ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Gerätebau; die Raubkatzen sind Kampf- bzw. Schützenpanzer. In beiden kommen Geräte von Hübners Unternehmen zum Einsatz.
Die GfG ist tief in der Dortmunder Industriegeschichte verwurzelt. Trotzdem ist der Weltmarktführer vergleichsweise unbekannt - ein Hidden Champion. Die GfG baut seit dem 20. Jahrhundert spezialisierte Gasmessgeräte. Zuerst für den Bergbau, seit vielen Jahren allerdings auch für die Rüstungsindustrie.
Das Gasmessgerät „Microtector II G460“ zum Beispiel. Es kann sowohl am Körper getragen werden als auch in eine dafür vorgesehene Halterung im „Leopard“ gesteckt werden und unabhängig vom System des Panzers betrieben werden. Letzteres sei ein ausdrücklicher Wunsch der Kunden gewesen.
Nötig sind die Gasmessgeräte, weil beim Abfeuern der Kanone von Panzerfahrzeugen unweigerlich auch schädliche Gase in den Innenraum austreten. Bei einer Übung werde in der Regel nicht so viel Munition verfeuert, dass das zum Problem werde. Im realen Einsatz könne das aber anders sein. Wird die Konzentration der Gase zu hoch, gefährden sie die Panzer-Besatzung. Davor soll das Gerät warnen - aber eben auch nicht früher, um notfalls sogar tagelange Einsätze zu ermöglichen.
„Beitrag leisten“
Gebaut werden „Leopard“ und „Puma“ von den deutschen Rüstungs-Riesen Rheinmetall und KNDS. Beide Unternehmen dürften unter den größten Profiteuren der geplanten Milliarden-Investitionen in die europäische Verteidigungsfähigkeit sein. Mittelbar könnte auch die GfG von dem Geld etwas abbekommen. „Das ist wie in die Kirche gehen, da kommt das Amen irgendwann“, drückt es Hans-Jörg Hübner aus. „Aber es ist auch nicht so, dass wir jetzt Purzelbäume schlagen.“
Der Grund: Verkäufe an Rüstungsunternehmen oder direkt z. B. an die Schweizer Armee machen nur rund ein Prozent des Umsatzes der GfG aus. Dennoch: Wie denkt der Unternehmer (und frühere CDU-Ratsherr) über diesen besonderen Geschäftsbereich?
„Wir müssen verteidigungsfähig werden“, fasst es Hübner zusammen. Die GfG leiste dazu einen Beitrag. Nicht jedes beliebige Gasmessgerät könne in Panzern eingesetzt werden. „Unsere Geräte warnen nur dann, wenn es wirklich real und gefährlich ist. Das ist in sensiblen Einsatzbereichen wichtig. Und meine Mitarbeiter wissen deshalb auch, dass sie nicht schludern dürfen“. Und noch etwas habe die Geschäftsbeziehung zum Verteidigungssektor für sich: „Das sind angenehme Kunden. Die haben Struktur“, sagt Hübner.
Die aktuelle Zulieferung ist zudem nicht das erste Mal, dass die GfG Produkte für den Verteidigungssektor herstellt. Vor etwa 20 Jahren habe sein Unternehmen schon einmal ABC-Schutzhauben (zum Schutz vor atomaren, biologischen und chemischen Gefahrenstoffen) für Menschen mit Kopfverletzungen hergestellt, erzählt Hans-Jörg Hübner.
Cyberangriffe
Die Fertigung der GfG befindet sich in der Nähe des Borsigplatzes in einem relativ unscheinbaren Gebäude. Im unteren Geschoss sitzen etwa ein Dutzend Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an Tischen und montieren oder prüfen die verschiedenen Gasmessgeräte des Unternehmens. In einem abgetrennten Raum steht eine Maschine, die automatisiert und mit minimalen Toleranzen Leiterplatten mit anderen elektronischen Bauteilen verbindet.

Armin Papperger, der Rheinmetall-Geschäftsführer, ist eine der am besten geschützten Personen Deutschlands. Bei Hans-Jörg Hübner halten sich die Sorgen darum, dass sein Unternehmen zum Ziel werden könnte, jedoch in Grenzen. Zu klein sei die Rolle der GfG in der Rüstungsbranche. „Wir haben zwar immer ein Auge auf Cyberangriffe. Dabei geht es aber eher um Technologiediebstahl als um Sabotage oder ähnliches.“
Dass es zu einem nicht bloß virtuellen Angriff Russlands auf einen NATO-Staat kommen könnte, hält Hübner für eher unwahrscheinlich. „Ich denke nicht, dass man dort so unvernünftig ist.“
Hoffnung auf andere Branche
Obwohl der Rüstungssektor in Deutschland wohl einen Boom erwarten darf und teils schon erlebt, richtet Hans-Jörg Hübner seine Zukunftshoffnungen auf eine andere Branche. Kurz vor unserem Gespräch war er in Taiwan unterwegs. Dort sitzt ein wichtiger Kunde der GfG, dem viele Staaten eine strategische Bedeutung zumessen.
Das Unternehmen TSMC (Taiwan Semiconductor Manufacturing Company) ist der weltweit größte Auftragsfertiger von Mikrochips, die in fast allen Hochtechnologie-Produkten verbaut werden. Zu den Kunden zählen Apple und Nvidia; zu den Zulieferer die Dortmunder Gesellschaft für Gerätebau. „Die Halbleiterindustrie wächst auch noch, wenn der letzte Panzer schon lange gebaut ist“, prognostiziert Hans-Jörg Hübner.

Für fortschrittliche Mikrochips müssen extrem kleine Strukturen auf Silikonplatten angelegt werden. Im Rahmen der komplexen Prozesse kommen auch ätzende Gase zum Einsatz, die um ein Vielfaches gefährlicher seien, als alles, was einem im Alltag begegnen könne, erklärt Hans-Jörg Hübner. In den Fabriken von TSMC warnen auch spezialisierte Geräte der GfG.
Ob die GfG nun tatsächlich auch mehr Gasmessgeräte im Zuge der geplanten Aufrüstung der Bundeswehr produzieren werde, sei indes noch nicht absehbar - aber wohl eine erwartbare Konsequenz der angekündigten Investitionen.