Vier Jahre lang waren Ramona und Mia ein Liebespaar. Aus zwei Mädchen, die sich erst nicht ausstehen konnten, entwickelte sich eine Freundschaft und später eine innige Partnerschaft. Doch als Mias Schwester ein Kind bekam, wollte Mia etwas anderes von ihrem Leben.
Sie wollte einen Mann, eine Familie und trennte sich von Ramona, die diese Trennung nicht verkraften sollte. Als klar war, dass Ramona Mia für immer verloren hatte, tötete sie sie auf brutalste Weise. Sie würgte sie, trat sie, schlug ihr die Zähne aus und stach 49-mal auf ihre vermeintlich große Liebe ein.
Ramonas schwere Kindheit
Ramona und Mia, dessen Namen für diesen Text beide aus Pietät geändert wurden, hätten ungleicher nicht sein können. Ramona stammte aus keinem guten Elternhaus. Sie, ihre zwei Schwestern und ihr Bruder lebten bei Eltern, die sich kaum um ihre Kinder kümmerten. Wertschätzung haben diese nie erfahren, genauso wenig wie Sicherheit oder Fürsorge. Wie die Richter später im Prozess sagten, handelte es sich um ein „hochproblematisches Erziehungsverhalten“.
Mit 10 trennten sich ihre Eltern. Ramona blieb erst bei ihrer Mama, zog dann aber zum Vater. Dieser war allerdings durchgehend gewalttätig. Ein dauerhafter Aufenthalt war nicht denkbar. Es blieb ihr irgendwann nur, in ein Heim zu gehen. Doch das sollte sich als etwas sehr Positives herausstellen. Über ein Jahr ging es ihr besser und besser, aber am Ende zog es sie aus nicht geklärten Gründen zurück zum Vater. Vielleicht in der Hoffnung, dass sich etwas gebessert hat. Doch es hat sich nichts gebessert.
Der Vater prügelte seine neue Frau, und trennte sich irgendwann von ihr. Ramona ließ er zurück, ganz zum Missfallen von Ramonas Stiefmutter, die sie unter der Bedingung, dass sie den Haushalt schmeißt, bei ihr wohnen ließ. Doch auch dies galt nur kurzzeitig, denn diese Konstellation hielt nicht lange. Ramona wurde aus dem Haus geschmissen. Sie landete bei ihrer Schwester in Dortmund. Dort lebte sie bis zu ihrer Festnahme im Jahr 2015.
Ein ungleiches Paar
Mia war hingegen das genaue Gegenteil. Anders als Ramona, die neben allem, was ihr zu Hause widerfuhr, auch noch wegen ihres Übergewichtes in der Schule gemobbt wurde, war Mia beliebt, galt als hübsch und klug. Erwartungsgemäß konnten beide sich demnach gar nicht ausstehen, als sie sich im Alter von 12 und 13 in der Hauptschule kennenlernten. Doch sollte sich das ändern.
Es begann als Mitleid und wurde zu Sympathie: Mia wollte sich irgendwann mit Ramona anfreunden. Die beiden Mädchen machten immer mehr zusammen, bis sie irgendwann merkten, dass da mehr zwischen den beiden ist. Es begann eine vierjährige Beziehung. Eine, die Mias Eltern aber gar nicht gutheißen wollten.
Mia vergötterte Ramona, das sollte später vor Gericht geschildert werden. Doch ihre Eltern mochten sie von Anfang an nicht sonderlich. Das lag nicht etwa daran, dass ihre Tochter mit ihr eine gleichgeschlechtliche Beziehung führte. Viel mehr störte sie Ramonas Art. Die Eltern beschrieben sie als dominant und beobachteten, dass Mia im Verlauf der Beziehung immer unglücklicher zu werden schien. Sie und Ramona stritten viel, letztere wurde dabei immer öfter handgreiflich. Doch die Eltern konnten nicht viel dagegen machen, Mia leugnete all dies, obwohl sie teils mit blauen Flecken oder Kratzspuren auftauchte.
Das Ende einer Beziehung
Doch irgendwann kam ein Zeitpunkt der Zäsur für Mia. Ihre Schwester bekam ein Kind. Und Mia merkte, dass sie das auch gern hätte. Sie wollte nicht mehr in einer Beziehung mit Ramona sein, sie wollte irgendwann einen Mann und eine Familie mit Kindern gründen. Mia machte Schluss; am Valentinstag 2015. Für Ramona brach eine Welt zusammen. Mia aber hatte einmal mehr Mitleid und brach nach der Trennung den Kontakt zu Ramona nicht ab.
Serie „Dortmunder Verbrechen“
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Und so trafen sich die Mädchen weiter. Und mit jedem Treffen wurde Ramona trauriger. Die Nähe zu dem Mädchen, das sie immer noch liebte, tat ihr nicht gut. Sie wurde trauriger und irgendwann immer wütender. Mehrfach, so wurde später belegt, hat Ramona angedeutet, Mia umbringen zu wollen. Einer Bekannten soll sie geschrieben haben: „Ich bin so psycho wegen der. Ich bringe sie um und fertig“. Und irgendwann kam es zu einer verhängnisvollen Party.
Mias letzte Party
Als Mia an einem Tag mit einer Freundin in Dortmund shoppen war, dachten sich die beiden, dass es eine super Idee wäre, den Tag mit einer Party zu beenden. Sie riefen Freundinnen an, fragten, ob sie auch Lust hätten zu feiern. Doch niemand wollte. Zögerlich wurde auch Ramona angerufen, die jedoch ebenfalls zuerst ablehnte. Sie hatte einen schlechten Tag.
Doch der Bus, in dem Mia mit ihrer Freundin fuhr, hielt bei Ramona vor der Tür. Also probierten sie es noch einmal persönlich – und überredeten sie. Und so ging es für alle drei nach Münster, wo auch Mia wohnte, zu ihrer Freundin in ihre Einzimmerwohnung.
Sie kauften eine Menge Alkohol und machten sich einen schönen Abend. Zumindest sollte er schön werden. Es dauerte nicht lange, bis sich Ramona bei Mias Freundin eine gewaltige Menge des Alkohols einverleibte. Sekt, Bier, Schnaps. Das muss dazu geführt haben, dass sie sich immer schlimmer verhielt. Irgendwann wollte Mias Freundin Ramona herausschmeißen, doch sowohl Ramona als auch Mia wollten das nicht.
Eine tödliche Aussprache
Und so blieben beide über Nacht. Um sechs Uhr am folgenden Tag wollte Ramona Mia nach Hause bringen. Ihr Wohnhaus war fußläufig erreichbar. Die Freundin hatte ein schlechtes Gefühl, doch Mia beschwichtigte sie. Ramona soll gesagt haben: „Ich tue ihr schon nichts.“ In diesem Moment hatte Ramona aber bereits ein Keramikmesser aus der Küche mitgenommen – die spätere Tatwaffe.
Auf dem Heimweg schlug Ramona vor, dass Mia und sie sich einmal aussprechen. Mia war bereit dazu, und so setzten sie sich auf eine Wiese neben einem Mehrfamilienhaus. Im Verlauf des Gespräches wurde es laut, es wurde geweint, ein Mädchen sagte „nun hör doch auf“. So geht es aus den Aussagen der Hausbewohner hervor, die die Mädchen gehört haben.
Mia machte klar, zwischen ihr und Ramona ist es endgültig aus. Ramona, die sich bis zuletzt wohl Hoffnung gemacht hatte, muss daraufhin ausgerastet sein. Und was dann geschehen ist, ist so brutal, dass es später nicht möglich war, die Geschehnisse chronologisch zu rekonstruieren, geschweige denn die genaue Todesursache von Mia festzustellen. [Achtung: Es folgt eine explizite Beschreibung der Tat; Anm. d. Red]
Ramona hat Mia heftigst angegriffen. Sie hat eine herumliegende Zange geschnappt und ihr damit Zähne ausgeschlagen, sie hat Mia in den Bauch getreten bis die Leber Risse aufwies, sie hat sie minutenlang gewürgt und letztendlich das Messer gezückt und 49 Mal damit auf sie eingestochen – die meisten Stiche gingen ins Gesicht. Danach hat Ramona – wie um sie noch zu demütigen – Apfelsaft auf der Leiche ausgekippt und Einkäufe aus einer Einkaufstüte über ihr verstreut.
Haftstrafe plus Psychiatrie
Nach der Tat hat sich Ramona selbst gestellt. Blutverschmiert ging sie zu einer Bushaltestelle, sprach einen Mann an, und bat um sein Handy. Sie rief die Polizei und gestand alles. Diese hielt es erst für einen Scherz, den der Mann, der der blutverschmierten 18-Jährigen gegenüberstand, aufklären musste.
Ramona wurde festgenommen und als im April 2016 der Prozess am Landgericht Münster begann, war die Sache schnell klar. Ramona war offen und geständig. Sie wurde vor Gericht als ruhig bezeichnet, als wolle sie das schnell hinter sich bringen. Sie beschrieb die Tat, ihre Aussage deckte sich aber nicht genau mit den Spuren. Bis zuletzt war unklar, ob Ramona zuerst zugestochen, zuerst getreten oder zuerst gewürgt hat. Auch die Todesursache wurde am Ende als Kombination aus Verbluten und Ersticken angegeben.
Doch trotz dieser Brutalität werteten die Richter Ramonas Tat nicht als Mord. Ein Mordmerkmal, wie Heimtücke oder Arglist, sahen sie nicht. Zudem wurde Ramona von einem Psychiater wegen einer Borderline-Erkrankung als vermindert schuldfähig eingeschätzt. Das alles führte zu einem Urteil von sieben Jahren Haft mit anschließender Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. Und obwohl das Urteil von einigen als nicht ausreichend eingeschätzt wurde, stellten die Ärzte klar: Ramona wird lange in Behandlung bleiben. Und zwar deutlich länger als nur diese sieben Jahre.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 15. September 2024.