
Der Dortmunder CDU-Chef Sascha Mader kann sich eine Fortschreibung der Projektpartnerschaft mit den Grünen im Rat vorstellen. © Paul Schneider (A)
Geht Schwarz-Grün mit gemeinsamem OB-Kandidaten in die nächste Wahl?
Interview
Im Land führt Schwarz-Grün Koalitionsverhandlungen, doch bei der Projektpartnerschaft im Dortmunder Rat bröckelt die Einigkeit beim Thema Wohnbauflächen. CDU-Parteichef Sascha Mader äußert sich dazu.
Was aktuell in Düsseldorf für das Land NRW verhandelt wird, gibt es schon in der Light-Version in Dortmund. Seit anderthalb Jahren arbeiten Grüne und CDU im Rat zwar nicht in einer Koalition, aber im Rahmen einer Projektpartnerschaft zusammen.
Im März 2021 verabschiedeten beide Ratsfraktionen Leitlinien für die Zusammenarbeit bis 2025 in rund 220 kommunalpolitischen Punkten zu Klimaschutz, Mobilität, Solidarität und sozialer Gerechtigkeit, Digitalisierung und Bürgerbeteiligung. Allerdings hat die CDU zuletzt bei Abstimmungen zu zwei Neubaugebieten in Oespel und Menglinghausen gegen die Grünen und unter anderem mit der SPD gestimmt.
Zeigen sich hier erste Risse in der grün-schwarzen Projektarbeit im Dortmunder Rat? Dazu äußert sich der Dortmunder CDU-Chef Sascha Mader im Interview.
Herr Mader, in der Dortmunder SPD registriert man mit Interesse, dass sich CDU und Grüne trotz Projektpartnerschaft bei Abstimmungen zuletzt nicht immer einig waren.
Das Wichtigste bei einer Zusammenarbeit ist Vertrauen, und das ist gegeben. Bei allen kritischen Abstimmungen hat die Projektpartnerschaft gehalten. Wir haben sie sehr transparent gestaltet, und wer die darin aufgeführten Punkte liest – was wir den Sozialdemokraten empfehlen würden –, erkennt, welche Absprachen wir getroffen haben.
Die beiden strittigen Wohnbaugebiete, Steinsweg in Oespel und Am Lennhofe in Menglinghausen, gehören nicht dazu?
Nein, dazu gab es keine Absprache. Diese beiden Neubaugebiete sind Altfälle, und die Vorlagen dazu sind Verwaltungsvorlagen, keine Anträge. Dahingehend ändert das auch nichts an unserer Verabredung, Wohnungsbau machen zu wollen.
Wenn man mal prozentual auswerten würde, wie häufig wir mit der SPD gestimmt haben und mit den Grünen, ist ganz klar, dass wir zur Projektpartnerschaft stehen und uns bekennen. Auf der anderen Seite haben die Grünen auch nie überzogen, sondern waren immer im Sinne eines Kompromisses unterwegs.
Es sind aber nicht alle in Ihrer Partei glücklich damit, weil sie glauben, dass die CDU zu sehr in Richtung der Grünen abdriftet.
Also erstmal kann ich ganz selbstbewusst behaupten, dass ich dazu seit einem Jahr kein einziges Schreiben oder eine kritische Wortmeldung mehr in der Partei bekommen habe; denn man sieht den Erfolg.
Wo zum Beispiel?
Wir haben es in den letzten Jahren nie geschafft, alle Haushaltsanträge durchzubekommen. Aber in Abstimmung mit der Projektpartnerschaft ist uns das dieses Mal gelungen. Manchmal mithilfe der Linken, manchmal der FDP, manchmal der SPD, aber 100 Prozent unserer Haushaltsanträge sind durchgegangen.
Es gibt noch eine ganze Reihe von Knackpunkten wie den Flughafen, den Umbau des Straßenraums für die Verkehrswende und das Thema Sicherheit mit der Forderung nach mehr Videoüberwachung.
Da wird es darum gehen, Kompromisse auszuloten, und ich bin optimistisch, dass uns das gelingt; denn wir verfolgen keinen dogmatischen Ansatz, sondern einen, der für den größten Teil der Dortmunderinnen und Dortmunder positive Effekte erzielt.
Wo hat sich denn durch die Projektpartnerschaft schon etwas in Dortmund zum Positiven verändert?
Zum Beispiel das Primat der Politik. Es entscheidet hier nicht der Verwaltungsvorstand oder ein einzelner Dezernent, sondern derjenige oder die Fraktion, die die Mehrheit des Rates von einer Sache überzeugt.
Das gab es auch vorher schon.
Die Kompromissbereitschaft der Fraktionen insgesamt hat zugenommen, auch unserer. Weil es eben keine festgelegte Mehrheit gibt. Man muss Argumente haben, vielleicht auch dem dritten Partner ein Stück entgegenkommen. Das war in der vorangegangenen Wahlperiode nicht so. Wenn CDU und SPD sich einig waren, brauchten sie nicht noch groß Kompromisse zu schließen. Nein, das ist diesmal deutlich anders. Und ich empfinde die Diskussion auf diese Art auch belebender und gut für das Klima im Rat.
Auch die Diskussion zur Zukunft des Flughafens?
Zunächst hat die Verwaltung als Plan B, falls der Flughafen die schwarze Null bis Ende 2023 nicht erreicht, ein Konzeptpapier geliefert, das Nachfolgenutzungen für die Airportfläche aufzeigt. Das und nicht mehr haben wir in der Projektpartnerschaft verabredet. Eine weitergehende Entscheidung, was mit den Konzepten passiert, ist momentan nicht existent; denn es gibt aktuell keinen Druck. Auch wenn das noch nicht endgültig geklärt ist, haben wir jetzt eher die Tendenz, dass dem Flughafen mehr Zeit eingeräumt wird, die schwarze Null zu erreichen. Und schafft der Flughafen das, ist Plan B nicht notwendig. Allerdings fand ich die sehr frei durchdachten Konzepte, mit denen mich die Verwaltung überrascht hat, sehr interessant.
Das wären?
Zum Beispiel die Erkenntnis, dass Windräder am Flughafen keinen Sinn machen.
Trotzdem wird auch Dortmund mehr auf regenerative Energien setzen müssen.
Ja, da sehe ich auch Chancen drin. Nicht nur mit Blick auf den Klimaschutz, sondern auch – das hat uns der Ukraine-Krieg noch einmal gezeigt – mit Blick auf die Abhängigkeit von Diktatoren. Unter dem Aspekt der politischen Unsicherheit bei der Energieversorgung werden wir die Frage noch einmal völlig neu beleuchten. Dass es mehr regenerative Energien, vielleicht auch vor Ort geben muss, das würden heute viele Menschen in der Stadtgesellschaft unterschreiben.
Warum machen Sie bei so viel schwarz-grüner Einigkeit nicht auch in Dortmund aus der Projektpartnerschaft eine Koalition?
Im Moment sehe ich dafür keine Notwendigkeit, weil die Projektpartnerschaft ja beiden Partnern eine gewisse Beinfreiheit bietet. Was ich mir aber ohne Weiteres vorstellen kann, ist eine Projektpartnerschaft 2.0.
Was verstehen Sie darunter?
Wir haben ja schon relativ viele Punkte aus dem gemeinsamen Papier abgearbeitet und könnten uns schon neue Ziele setzen. Das ist etwas, was ich bei der Sozialdemokratie und beim Oberbürgermeister – abgesehen von der Diskussion über das neue Leitbild für die Stadt – vermisse. Wo will Dortmund denn in 2025 stehen? Dafür will ich Werbung machen. Das muss nicht unbedingt gleich in einer Koalition sein.
Wenn man zu einer Fortsetzung der Projektpartnerschaft kommt, wäre dann nicht der nächste logische Schritt, das gemeinsame Programm zur nächsten Wahlperiode mit einem gemeinsamen OB-Kandidaten oder einer gemeinsamen OB-Kandidatin umzusetzen?
Also, zumindest in der Union wird diese Frage diskutiert. Mehr möchte ich dazu aber nicht sagen.
Stellvertretende Leiterin der Dortmunder Stadtredaktion - Seit April 1983 Redakteurin in der Dortmunder Stadtredaktion der Ruhr Nachrichten. Dort zuständig unter anderem für Kommunalpolitik. 1981 Magisterabschluss an der Universität Bochum (Anglistik, Amerikanistik, Romanistik).
