
© Beate Dönnewald (Archiv)
Gastronomen zum Hotspot Dortmund: „Der blanke Tod im Corona-Winter“
Coronavirus
Der Corona-Winter nähert sich und stellt auch die Gastronomen im Dortmunder Westen vor große Herausforderungen. Weil Dortmund nun offiziell Risikogebiet ist, verschärft sich die Lage erheblich.
Sobald es das Wetter zulässt, boomt die Außengastronomie. Das war schon immer so und ist kein Phänomen der Corona-Krise.
Doch anders als früher wollen sich viele Restaurant- und Kneipen-Besucher wegen der aktuell wieder steigenden Infektionszahlen auch in der kalten Jahreszeit gerne draußen aufhalten.
Mittlerweile gilt Dortmund sogar als Corona-Risikogebiet. Am Donnerstag (15.10.) meldete das Robert-Koch-Institut einen Inzidenzwert von 50,7. Wie bereiten sich Gastronomen im Dortmunder Westen unter diesen schwierigen Bedingungen auf den Corona-Winter vor? Was bedeutet die Sperrstunde ab 23 Uhr für sie?
Im Bier-Restaurant „Hopfen und Salz“ in Lütgendortmund laufe der Biergarten-Betrieb ohnehin ganzjährig, sagt Inhaber Antonio Link. Heizpilze und Wolldecken gehörten bei ihm deshalb zur Standard-Ausstattung. „Die aktuelle Diskussion darüber, wie umweltschädlich diese Heizpilze sind, halte ich gerade nicht für angebracht“, meint er.

Antonio Link lässt den Biergarten von „Hopfen und Salz“ ganzjährig geöffnet, unabhängig von Corona. In eine Überdachung und Verglasung will er zurzeit nicht investieren. © Privat (Archiv)
Bereit, weitere Investitionen für einen winterlichen Biergarten-Betrieb zu tätigen, ist Antonio Link aufgrund der aktuellen Lage nicht. „Man kann momentan nur im Trüben fischen. Wir wissen nicht, ob noch ein zweiter Lockdown kommen wird“, so der Gastronom.
„Sperrstunde ist der falsche Weg“
Kurz habe er darüber nachgedacht, einen Teil des Biergartens zu überdachen und zu verglasen, „aber da ist man schnell im sechsstelligen Bereich.“ Nun sei es vor allem wichtig, liquide zu bleiben, denn aufgrund der neuen Regeln für private Feiern drohten erneute Umsatzeinbußen. Allein acht Hochzeitsfeiern seien bereits abgesagt worden. „Auch Betriebs- und Weihnachtsfeiern werden uns fehlen“, so Link.
Die Einführung der Sperrstunde hält er für den falschen Weg. „Was gibt es Besseres als betreutes Trinken inklusive der Möglichkeit der Nachverfolgung?“, fragt Antonio Link. Die Leute würden sich nicht vom Trinken abhalten lassen und sich irgendwo privat treffen, ist er sich sicher.
Der erste Lockdown und die neuen Einschränkungen für die Gastronomie seien eine „wirtschaftliche Ermordung auf Raten“. Warum es wieder seine Branche trifft, sei nicht nachvollziehbar. „Wir können Hygiene, sie ist Teil unserer Ausbildung.“
Andere Städte wie Borken würden Gastronomen finanziell unter die Arme greifen, sagt Link. Auch die Dortmunder Gastronomie brauche dringend Unterstützung. „Genau das habe ich dem zukünftigen Oberbürgermeister Thomas Westphal geschrieben. Geantwortet hat er mir bislang nicht.“
„Am Wochenende ist das für’n Arsch“
Nebenan im Stadtteil Kley hat „Dorfkrug“-Wirtin Jasmin Nickstat ein Zelt in ihrem kleinen Biergarten aufgebaut. Denn nach wie vor würden sich viele ihrer Gäste vor einer Ansteckung mit Covid 19 fürchten und ihr Bier deshalb lieber draußen trinken.

Im kleinen Biergarten des Dorfkrugs steht seit Montag ein Zelt, für alle Gäste, die lieber draußen als drinnen ihr Bierchen trinken wollen. © Beate Dönnewald
„Das Zelt steht seit Montag, mal schauen, wie es angenommen wird“, so die 46-Jährige. „Hier gibt es auf jeden Fall genügend Frischluft für meine Gäste.“
Die Nachricht über Dortmund als Corona-Hotspot hat die Wirtin umgehauen. „Ich weiß nicht, wie es weitergeht. In der Woche ist das nicht so schlimm, aber am Wochenende, sorry, dass ich das so sage, ist das für’n Arsch.“

Wirtin Bianca Tix fürchtet hohe Umsatzeinbußen durch die Sperrstunde. © Carolin West (Archiv)
Genauso empfindet es Bianca Tix, Inhaberin der Gaststätte „Zur Alten Post“ in Lütgendortmund. „Gerade am Wochenende werden wir beachtliche Einbußen haben.“ Sie geht von 30 bis 40 Prozent aus. Geld für den Ausbau einer wintergerechten Außengastronomie habe sie nicht. „Ich muss erstmal wieder die Einbußen des ersten Lockdowns reinholen.“
In den Augen von Niko Savidis, Chef der Sportklause in Nette, ist die Sperrstunde der „blanke Tod“, vor allem für Gastronomen mit einem reinen Kneipenbetrieb. Er selbst hoffe, dass ihn die Kegelclubs durch den Corona-Winter bringen werden.

Niko Savidis von der Sportlerklause schockt die Sperrstunde, er hofft, dass er sich mit den Kegelbahnen über Wasser halten kann. © Stephan Schuetze (Archiv)
„Wir Gastronomen kommen aus dem Tief einfach nicht heraus.“ Durch die neue Regel befürchtet er erneute Umsatzeinbußen von 30 bis 40 Prozent. Vor diesem Hintergrund sei es ihm nicht möglich, auch noch in Freisitze für den Winter zu investieren.
Deutlich entspannter ist Kay Fräder von „Friedchens Bahnhof“ in Huckarde. Die Einführung einer Sperrstunde sei für ihn nicht so schlimm. „Länger als bis 21.30 oder 22 Uhr bleiben die Leute ohnehin nicht bei uns.“ Einzig ein zweiter Lockdown wäre eine Katastrophe.

Kay Fräder (r.) von „Friedchens Bahnhof“ (hier mit Koch Joshua Meesters) will einen Teil des Biergartens überdachen, damit sich seine Gäste auch im Winter draußen aufhalten können. © Beate Dönnewald (Archiv)
Generell habe er keinen Grund zum Klagen: „Wir haben hier kein Problem mit Corona, wir sind immer voll“, sagt er. Der große Vorteil sei einfach, dass man über viel Platz verfüge. „Wir haben hier 300 Quadratmeter und können gut die erforderlichen Abstände einhalten.“ Ohnehin lege er größten Wert auf die Befolgung der Corona-Regeln.
Offener Wintergarten für die Frischluft-Fanatiker
Für seine Frischluft-Fanatiker beginne in drei Wochen ein Teil-Umbau des Biergartens: „Der wird überdacht, eine Art Wintergarten mit offenen Seiten Richtung Gleisen.“
Torsten Potyka, seit Juni 2020 neuer Chef des Restaurants „Fachwerk“ an der Schlossstraße in Bodelschwingh, konnte sich bislang nicht dazu durchringen, seinen Biergarten „winterfest“ zu machen. „Man weiß ja nicht, was noch alles kommt.“

Torsten Potyka ist seit Juni Chef des Restaurants "Fachwerk". Die aktuelle Corona-Lage macht ihm Sorgen. © Beate Dönnewald (Archiv)
Am 14. November wolle er ein Grünkohlessen anbieten und dafür ein Zelt aufbauen. Er könne sich vorstellen, dass seine Gäste das Zelt auch nach dem Event gerne nutzen werden. „Es ist warm, gleichzeitig können wir es regelmäßig lüften.“
Torsten Potyka geht davon aus, dass aufgrund der steigenden Infektionszahlen wieder viele seiner Gäste lieber im Biergarten sitzen möchten. Schon jetzt machten etliche vom Außer-Haus-Verkauf Gebrauch.
1968 geboren und seit über 20 Jahren Redakteurin bei Lensing Media. Zuständig für den Dortmunder Westen mit seinen Stadtbezirken Lütgendortmund, Mengede und Huckarde sowie für die Stadt Castrop-Rauxel.
