Gastronom soll zu Mord angestiftet haben Wie ein „Auftragsmord“ in der Realität aussieht

Gastronom soll Mord angestiftet haben: Wie der „Auftragsmord“ in der Realität aussieht
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Auftragsmord: Das klingt nach Jean Reno („Léon - Der Profi“) oder nach Keanu Reeves („John Wick“). Vor dem inneren Auge steigt ein dunkel gekleideter Mann mit ausdruckslosem Gesicht und Sonnenbrille auf irgendein Dach, holt ein Gewehr aus einem Aktenkoffer, zielt, drückt ab und verschwindet. Ein anonymer Hintermann überweist eine hohe Geldsumme. Mit der Realität eines aktuellen Falls mit Dortmund-Bezug hat diese Vorstellung allerdings ungefähr gar nichts zu tun.

Einem in Dortmund aktiven Gastronomen wird zur Last gelegt, Anstifter des Mordes an dem damals 34-jährigen Thomas A. zu sein. Der Ahlener war Ende 2020 beim Aussteigen aus dem Auto vor seinem Haus mit einem Kopfschuss getötet worden. Die Rekonstruktion des Tathergangs lässt ein gezieltes Vorgehen vermuten.

Der Tatort in Ahlen (Archiv)
Der Tatort in Ahlen (Archiv) © DPA

Zunächst stockten die Ermittlungen. Auch in der Fernsehsendung „Aktenzeichen XY“ wurde der Fall dargestellt. Am Dienstag (4.7.) dann hat die Polizei mehrere Gebäude unter anderem am Phoenix-See durchsucht und einen Mann festgenommen - jedoch nicht die Person, die womöglich den tödlichen Schuss abgefeuert hat. Der festgenommene Gastronom soll vielmehr einen anderen, noch unbekannten Haupttäter davon überzeugt haben, für ihn den Mord zu begehen. Einen Auftragsmord.

Kein Profi-Killer

Doch rechtlich gesehen gibt es so etwa gar nicht. „Auftragsmord ist kein juristischer Begriff“, erklärt Oberstaatsanwalt Carsten Dombert. „Das, was man sich darunter vielleicht vorstellt, ist eine Anstiftung zum Mord.“

Eine solche Anstiftung kann viele verschiedene Formen annehmen. Das Szenario aus dem Action-Film kommt dabei wohl ausgesprochen selten vor. Die Realität zeigt ein Fall aus Herne besser: Im Oktober 2022 hat ein damals 14-jähriges Mädchen mit einer Machete auf einem 54-jährigen Mann eingeschlagen und ihn schwer verletzt - vermutlich in der Absicht, den Mann zu töten.

Hinter der Tat sollen die Söhne und die Ex-Frau des gewalttätigen 54-Jährigen gestanden haben. Sie sollen die 14-jährige Schulfreundin eines der Söhne sozusagen angeworben haben, die Tat zu begehen. Auch Geld sollen sie geboten haben. Vom „Profi“ aus dem Hollywood-Film ist das weit entfernt.

Unterschiedliche Hintergründe

„Bei den Auftragnehmern kann es sich, nicht abschließend, um persönliche Bekannte, Verwandte oder zu diesem Zweck gedungene Personen handeln“, teilt das Landeskriminalamt (LKA) NRW auf Anfrage mit.

Auch die Hintergründe seien ganz unterschiedlich. „Als Motive für einen Auftragsmord kommen beispielsweise sowohl persönliche Konflikte als auch eine mittelbare oder unmittelbare Bereicherungsabsicht in Frage.“

Eine seltene Straftat

Eine Zahl von Fällen der Anstiftung zum Mord weist die Kriminalstatistik der Dortmunder Polizei nicht aus. Klar ist aber: Alle Tötungsdelikte machen eine absolute Minderheit aller Straftaten aus. Auch Carsten Dombert betont, dass die Anstiftung zum Mord, ein Delikt sei, das selten vorkommt.

Oberstaatsanwalt Carsten Dombert
Oberstaatsanwalt Carsten Dombert © Kevin Kindel

Der Oberstaatsanwalt erinnert sich auch an keinen Fall, bei dem jemand für einen Mord bezahlt wurde und zu dem er Ermittlungen geführt hätte. „Für Geld gemordet wird auf andere Weise allerdings häufig.“ Gemeint sind Fälle, bei denen der Täter selbst aus Habgier handelt.

Auch aktuelle und ehemalige Angehörige des Dortmunder Schwurgerichts, das über einen Auftragsmord entscheiden müsste, erinnern sich an keinen Profi-Killer, heißt es vom Landgericht.

Wie kommt man an einen Killer?

Einen Auftragsmörder findet man auch nicht einfach in, sagen wir mal, einem bekannten Dortmunder Park. „Es gibt glücklicherweise wesentlich weniger Auftragsmörder als Dealer“, so Oberstaatsanwalt Carsten Dombert. Das LKA betont, dass individuelle Kontakte des Anstifters eine wichtige Rolle spielen.

Die Filmszene zeigt Jean Reno als Auftragsmörder im Film „Léon - Der Profi“.
Die Filmszene zeigt Jean Reno als Auftragsmörder im Film „Léon - Der Profi“. © DPA

Etwaige Kosten eines Auftragsmordes seien fallspezifisch und nicht pauschal zu beziffern, so das LKA weiter. Auch in der Forschung gibt es wenige belastbare Studien dazu, welche Summen für Auftragsmorde gezahlt werden.

Eine Untersuchung von Fällen aus den Jahren 1973 bis 2013 im Vereinigte Königreich nennt Preise von 200 bis 100.000 Pfund für einen Mord. Eine niederländische Forscherin hat Summen von 3000 bis 5000 Euro ermittelt. Im Darknet, dem anonymen Teil des Internets, werden laut dem Schweizer Beratungsunternehmen Scip für einen Auftragsmord in Deutschland etwa 50.000 Dollar fällig. Alle diese Zahlen sind mit Vorsicht zu lesen.

Lebenslange Haftstrafe

Die Ermittlungen zu einem Auftragsmord unterscheiden sich nicht grundsätzlich von den Ermittlungen zu anderen Tötungsdelikten, erklärt das LKA. Dass der Anstifter in solchen Fällen schwerer zu ermitteln sei, weil der eigentliche Täter beispielsweise keine persönliche Beziehung oder andere Motive, als der Anstifter hat, sei so pauschal nicht zu sagen. „Zumal der Anstifter seine Absichten vor der Tat zwangsläufig mit mindestens einer weiteren Person geteilt hat“, so das LKA.

Auch die Polizei Dortmund sagt, dass Ermittlungen bei Tötungsdelikten ganz unterschiedliche Schwierigkeiten haben. Dass diese im Falle von Anstiftungen zum Mord generell schwieriger seien, lasse sich nicht sagen.

Klar ist jedoch die Strafe, die droht. Im Strafgesetzbuch heißt es: „Als Anstifter wird gleich einem Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt hat.“ Und im Falle eines Mordes ist das immer die lebenslange Freiheitsstrafe.

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